Der neuartige Operationsroboter, der für den Einsatz innerhalb eines Magnetresonanztomographie-Geräts (MRT) konzipiert ist, kann bildgeführt das chirurgische Werkzeug hochgenau an einer Stelle des Tumors positionieren. Das Resultat sind bessere Ergebnisse beim Eingriff und damit ein höherer Behandlungserfolg und Patientennutzen. Die Entwicklung stellte das Team des Worcester Polytechnic Institute (WPI) um Professor Greg Fischer allerdings vor beachtliche Herausforderungen. In der Chirurgie müssen die Werkzeuge präzise, reproduzierbar und mit hoher Auflösung positioniert werden, um exakte Ergebnisse zu erzielen. Sie dürfen keine elektrischen Störgrößen produzieren, müssen sehr zuverlässig sein und – im Fall des MRT-Roboters – obendrein auch noch in mehreren Tesla starken Magnetfeldern funktionieren. Kombinationen aus elektromagnetischen Motoren und Getrieben kamen deshalb nicht infrage; die Wahl fiel stattdessen auf ein piezobasiertes Positioniersystem, denn Piezoantriebe lassen sich nicht von starken Magnetfeldern in ihrer Funktion beeinträchtigen und werden selbst auch nicht zur Störquelle.
Positionierung in starken Magnetfeldern
Piezoelektrische Aktoren basieren auf einem piezoelektrischen Keramikmaterial, das sich bei Anlegen einer elektrischen Spannung ausdehnt. Allerdings beträgt die durch diesen Piezoeffekt hervorgerufene Auslenkung nur den Bruchteil eines Prozents der Bauteilgröße. Beim MRT-Roboter war jedoch ein linearer Verfahrweg bis zu 100mm und eine kontinuierliche Drehung um 360° erforderlich. Die Lösung fand das WPI-Team in den Piezolegs-Motoren des Faulhaber-Tochterunternehmens PiezoMotor. Sie wurden für Move-and-hold-Anwendungen entwickelt, bei denen Präzision, wenig Bauraum und Energieverbrauch sowie einfaches technisches Design wichtige Faktoren sind (Bild 2a und b). Durch ihre Funktionsweise ist der Stellweg theoretisch unbegrenzt: Aus piezoelektrischen Biegewandlern aufgebaut, reagieren sie beim Anlegen einer Spannung unsymmetrisch mit Ausdehnen oder Zusammenziehen. Sie werden als abwechselnde Paare angeordnet und entsprechend angesteuert können sie dann eine Antriebsstange in Nanometerschritten mit Geschwindigkeiten von bis zu 15mm/s bewegen, also diese quasi immer weiter durchreichen. Bei Rotationsbewegungen wird auf die gleiche Weise eine Scheibe in eine entsprechend schnelle Drehung versetzt. Dabei sind die Aktoren selbsthemmend, verbrauchen im ausgeschalteten Zustand keine Energie, erwärmen sich nicht und halten die Position mechanisch stabil.
Translatorische und rotatorische Bewegungen
Zum Erzeugen der linearen Bewegung für den Einstich ins Gewebe verwendet das WPI-Team eine Kombination aus Piezolegs-Linearmotoren in einem Direktantrieb. Als Antrieb für die Aluminiumspindeln sind Piezolegs-Drehmotoren im Einsatz. Die Drehbewegung wird dabei über Riemenscheiben übertragen, die im 3D-Druck hergestellt werden. Für die Piezoantriebe ist es kein Problem, die durch die eingesetzten Materialien entstehende Reibung zu überwinden. \“Wir kommen mit einem Piezomotor in einem Direktantrieb oder mit einer Riemenscheibe mit einer niedrigen Untersetzung zurecht und brauchen keine Untersetzungsverhältnisse in der Größenordnung von 100:1, wie es bei einem kleinen DC-Motor erforderlich wäre\“, erklärt Fischer. Die piezoelektrischen Aktoren benötigen nur sehr kleine leitfähige Elektroden, die in der MRT-Umgebung nichtmagnetisch und eisenfrei sein müssen. Für diese Anwendung genügte das allerdings nicht. Auch alle elektrischen Störgrößen, die durch die Stromversorgung oder die Antriebselektronik verursacht werden, bedeuten hier ein Risiko. \“Häufig entstehen Artefakte wie bei statischen Entladungen, die das Bild verfälschen\“, erklärt Fischer. \“Objekte erscheinen dann nicht dort, wo man sie eigentlich erwarten würde. Das ist ein sehr großes Problem, wenn man versucht, einen Eingriff anhand der Bildgebung durchzuführen.\“
Individuelle Ansteuerung der Piezoantriebe
Daher entwickelte das Team ein individuelles Steuerungspaket für den Betrieb von piezoelektrischen Motoren im MRT-Scanner. Es basiert auf einem FPGA (feldprogrammierbares Gate-Array), schnellen Digital/Analog-Wandlern und breitbandigen Hochspannungs-Linearverstärkern. Externe Filter unterdrücken eventuelle Störungen, und eine Encoder-Rückführung ermöglicht eine Positions- oder Geschwindigkeitsregelung mit einem Single-Board-Mikrocontroller, auf dem eine Echtzeitregelungs-Software läuft. Die modulare Backplane, die bis zu acht dieser Boards aufnehmen kann, ist in einem einzigen abgeschirmten Gehäuse untergebracht, das sich im MRT-Scanner-Raum mit dem Roboter befindet. Ein anwendungsspezifischer Kabelbaum verbindet den Controller mit dem Roboter, bei dem dann bis zu acht Achsen angesteuert werden können. Etwas einfacher wurde dieses komplexe Projekt dadurch, dass die linearen und rotatorischen Piezomotoren als Stand-alone-Komponente erhältlich waren. \“So konnten sich die Studenten voll auf die Entwicklung der Mechanik und des Controllers konzentrieren\“, sagt Fischer. Für die Zukunft hat das WPI-Team allerdings noch einiges vor: Der Professor verfolgt das Ziel einer Toolbox, mit der sich MRT-kompatible Roboter entwickeln lassen, die mit den entsprechenden Sensoren, Aktoren, Controllern und Verstärkern ausgestattet sind und über Kommunikationsprotokolle gesteuert werden können. \“In der Industrie braucht man nur eine SPS oder einen Motor bzw. einen Encoder, wie sie im Handel erhältlich sind, miteinander zu kombinieren, und schon hat man ein funktionsfähiges System\“, meint Fischer. \“So etwas gibt es für medizintechnische Geräte nicht, und erst recht nicht für MRT-Anwendungen.\“ Um den Lösungsansatz zu veranschaulichen, arbeitet das Team an Varianten des MRT-Roboters für verschiedene Anwendungen. Dazu zählen unter anderem die Präzisions-Thermoablation bei Gehirntumoren, die Positionierung von Elektroden für die tiefe Hirnstimulation zur Behandlung der Parkinsonkrankheit, ferner die gezielte, MRT-geführte Biopsie bei Prostatakrebs sowie die lokale Therapieabgabe. \“Wir streben sehr kompakte und sehr anwendungsspezifische Lösungen an, die alle auf diesen Motoren basieren, denn die haben sich für uns als sehr effektiv erwiesen\“, so Fischer abschließend.