Schlanke Systemlösungen mit SPE-Switches

Sensoren in die Cloud

Bei Digitalisierungskonzepten wie Industrie 4.0 oder Industrial IoT kommt der Integration von Sensoren eine Schlüsselrolle zu. Über diese Geräte werden die notwendigen Daten und Prozessinformationen gewonnen, welche die Basis für die richtigen Entscheidungen in der Betriebsführung sowie die erfolgreiche Optimierung von Prozessen bilden. Via Single Pair Ethernet und entsprechende Switches lassen sich die Daten direkt zur Analyse an die Leitebene oder eine Cloud übertragen.
 Ein Adernpaar für Daten und Energie: SPE-Verkabelung in den Schutzarten IP20 und IP67
Ein Adernpaar für Daten und Energie: SPE-Verkabelung in den Schutzarten IP20 und IP67Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Zur anlagenweiten und standortübergreifenden Erfassung aller erforderlichen Messwerte sowie Betriebs- und Prozessparameter besteht seitens der Betreiber der Wunsch, dass ihnen die Sensordaten in einem Ethernet-Netzwerk zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise können sie die Daten bei Bedarf in eine Cloudlösung einbinden. Allerdings stößt das klassische Ethernet an seine Grenzen, wenn es um seine Nutzung direkt als Sensorschnittstelle geht. Das hat vielfältige Gründe: Zum einen benötigt das klassische Ethernet zwei oder vier Adernpaare, woraus ein erhöhter Aufwand und Platzbedarf im Hinblick auf die Anschaltung, den Anschlussstecker und die Installation resultieren. Um den Sensor zu versorgen, ist andererseits in der Regel ein zweiter zusätzlicher Anschlussstecker notwendig. Mit Power over Ethernet (PoE) liegt zwar eine Technologie vor, welche die Versorgung über das klassische Ethernet anbietet, dafür aber eine für die Automatisierung unübliche Nennspannungsebene von 48VDC bedingt. Die sich daraus ergebenden Aufwände im Gerät sowie in der Netzwerkinfrastruktur führen deshalb oftmals zum Verzicht auf diese Option. Und schließlich reichen bei zahlreichen Applikationen die 100 Meter als maximale Anschlusslänge beim klassischen Ethernet nicht aus.

Vor diesem Hintergrund finden bis dato bei den meisten Sensoren für die digitale Kommunikation spezielle Sensorschnittstellen Anwendung, beispielsweise IO-Link oder Hart respektive klassische Feldbusinterfaces wie Profibus oder Modbus. Zur Bereitstellung der Sensordaten in einem Ethernet-Netzwerk bedarf es dann zusätzlicher Hardware in Form von Gateways, die individuell konfiguriert werden müssen, damit die gewünschten Sensordaten in einem Ethernet-basierten Protokoll abgebildet werden können. Solche Konfigurationsaufwände entstehen nicht nur initial bei der Installation, sondern ebenso bei sämtlichen Änderungen und Erweiterungen während der Anlagenlebenszeit.

 Installation eines SPE-Sensors und -Switches auf einem Demoboard
Installation eines SPE-Sensors und -Switches auf einem DemoboardBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Vorteile der SPE-Technologie

An dieser Stelle ergänzt die Single Pair Ethernet-Technologie (SPE) das Leistungsprofil des klassischen Ethernets entscheidend. Aufgrund der folgenden Merkmale eignet sich SPE sehr gut für die direkte Ethernet-Integration von Sensoren und Feldgeräten:

  • Verwendung eines zweiadrigen Kabels
  • Unterstützung langer Distanzen bis zu 1.000m
  • einfache Installationstechnik mit kompaktem SPE-Stecker
  • Stromversorgung und Datenaustausch sind über dasselbe Kabel/Adernpaar möglich. Der Sensor erfordert daher lediglich einen kompakten SPE-Stecker.

Der neue Single Pair Ethernet-Standard 10Base-T1L nach IEEE 802.3cg erlaubt auf einer Zweidraht-Leitung eine Kabellänge bis 1000 Meter. Die Sensoren können optional auf dem gleichen Adernpaar mit Power-over-Dataline (PoDL) gespeist werden.

 Web-Zugriff auf die 
Messdaten in der Cloud
Web-Zugriff auf die Messdaten in der CloudBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Sensor für eine durchgängige Ethernet-Kommunikation

Die Jumo-Unternehmensgruppe aus Fulda hat erstmalig die Möglichkeiten der SPE-Technologie für die direkte Ethernet-Einbindung aufgegriffen und in neuen Sensorprodukten umgesetzt. Als einer der führenden Hersteller im Bereich der industriellen Sensor- und Automatisierungstechnik beschäftigt Jumo international mehr als 2400 Mitarbeiter. Das innovative Produktprogramm umfasst die gesamte Messkette von Sensoren bis zu Automatisierungslösungen für die Messgrößen Temperatur, Druck, Flüssigkeitsanalyse, Durchfluss, Füllstand und Feuchte. Die Sensoren werden weltweit unter anderem im Maschinen- und Anlagenbau, in der Heizungs- und Klimatechnik, der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, bei erneuerbaren Energien sowie in der Wasser- und Abwasserwirtschaft eingesetzt.

Die Wahl der SPE-Schnittstelle bei neuen Jumo-Geräten eröffnet den Anwendern die Option, in ihren Applikationen komplette Systemlösungen mit einer durchgängigen Ethernet-Übertragung zu nutzen. SPE stellt hierbei nur die physikalische Schicht dar, auf der eine Vielzahl an Ethernet-basierten Protokollen laufen können. Für die neuen Sensoren hat Jumo den SPE-Standard 10Base-T1L ausgewählt. Die Datenrate von 10MBit/s reicht für den Kommunikationsbedarf des Sensors vollkommen aus. Eine Kabellänge von bis zu 1.000m ermöglicht die universelle Verwendung dieser SPE-Schnittstelle in den genannten Applikationsfeldern. Über Power-over-Dataline wird der Sensor gleichzeitig versorgt, sodass er nur einen SPE-Stecker in der hohen Schutzart für M8 oder M12 benötigt.

Die Datenweiterleitung erfolgt durchgängig auf der Grundlage von Ethernet, weshalb sich der Sensor direkt mit der Steuerung oder bis in die Cloud austauschen kann. Dazu greift der Anwender auf etablierte Ethernet-basierte Kommunikationsstandards wie MQTT oder Modbus TCP zurück. Auf diese Weise lassen sich schlanke Systemlösungen konzipieren, die aus Sensorik sowie Automations-/Steuerungstechnik bestehen. Der Jumo-Sensor HydroTrans misst die Raumtemperatur, Luftfeuchte sowie die CO2-Konzentration und schreibt die Werte anschließend über die SPE-Schnittstelle via MQTT-Protokoll direkt in eine Cloudapplikation.

 SPE-Switch mit optionaler Speisung über PoDL
SPE-Switch mit optionaler Speisung über PoDLBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

SPE-Switches zum Anschluss an das klassische Ethernet

Für die Anbindung derartiger Feldgeräte und Sensoren an ein überlagertes Ethernet-Netzwerk hat Phoenix Contact die passenden SPE-Switches entwickelt. Die neuen Netzwerkkomponenten der Produktfamilie FL Switch 2303-8SP1 bieten erstmals die Möglichkeit, moderne Sensoren und Endgeräte mit SPE-Schnittstelle an das klassische Ethernet-Netzwerk anzuschließen. Die angebundenen Geräte – beispielsweise Sensoren – werden vom Switch optional über SPE mit dem Standard Power-over-Dataline versorgt.

Als wesentlichen Unterschied zu den Power-over-Ethernet-Standards unterstützt PoDL insbesondere auch Powerklassen für 24VDC. Da es sich dabei um die üblicherweise in der Automatisierung eingesetzte Spannung handelt, vereinfacht sich die Umsetzung sowohl in der Netzwerkinfrastruktur – das heißt in den SPE-PoDL-Switches – ebenso wie in den SPE-Geräten. Es sind weder spezielle 48VDC-Netzteile noch 48V-DC/DC-Wandler erforderlich. Bei der Realisierung solcher Konzepte muss der Anwender beachten, dass die SPE-Übertragungsstandards sowie die genutzten PoDL-Powerklassen des Sensors und des Switches zueinander passen. An den SPE-Switch lassen sich an acht Ports SPE-Geräte des Standards 10Base-T1L ankoppeln. Auf diesen Ports können die Geräte optional mit der 24VDC-Powerklasse 11 versorgt werden. Beim Jumo-Sensor geht es um ein Powered Device der PoDL-Powerklasse 11, das bis zu 3,2 Watt Leitung ziehen kann.

 PoDL-Powerklassen gemäß IEEE802.3cg für 10BASE-T1L
PoDL-Powerklassen gemäß IEEE802.3cg für 10BASE-T1LBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Weiterverwendung bestehender Verkabelungen

Durch die Wahl einer Ethernet-basierten Sensorapplikation erhält der Anwender eine Reihe von Vorteilen. Für die Installation eines Sensors genügt zum Beispiel bereits ein einzelnes Adernpaar. Über dieses Adernpaar findet nicht nur eine Messwertweiterleitung aus der Sensorik statt, sondern ebenfalls die Versorgung mit Energie. Vielfach lassen sich bestehende Verkabelungen weiterhin verwenden, weshalb sich der Verkabelungsaufwand sowohl bei Neubauten als auch bei einer Nachrüstung deutlich reduziert.

Da Single Pair Ethernet lediglich ein alternativer Physical Layer ist, können beliebige Ethernet-basierte Automatisierungsprotokolle eingesetzt werden. Aufgrund des direkten Anschlusses der Sensoren an das Ethernet-Netzwerk sind keine aufwendigen Gateway-Lösungen notwendig, wenn die Anwender auf Sensordaten aus dem Feldbereich zugreifen möchten. SPE erweist sich folglich als wirtschaftliche Grundlage und Enabler für die Umsetzung des Industrial Internet of Things in der Automatisierung. Eine durchgängige unternehmensweite Kommunikation via Ethernet lässt sich nun also auf den letzten Metern im Feld realisieren.

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