IIoT-Demonstrator bei Schmersal auf der SPS

Vom Förderband ins Internet der Dinge

Auf der SPS wird die Schmersal Gruppe einen Anwendungsfall für die praktische Umsetzung für das industrielle Internet der Dinge vorstellen. Sensordaten aus der Feldebene werden von einer zentralen Steuerung ausgewertet, Edge- und Cloud-Lösungen sind angebunden, und auch die Maschinensicherheit ist einbezogen.
 Eine kompakte neue 3D-ToF-Kamera liefert die Datenbasis.
Eine kompakte neue 3D-ToF-Kamera liefert die Datenbasis.Bild: Schmersal Gruppe

Wie lässt sich das industrielle Internet der Dinge (IIoT) beispielhaft umsetzen – von der Feldebene bis in die Cloud? Diese Frage stellen sich viele Unternehmen und wenn sie noch einen Einstieg ins IIoT suchen, ist sicherlich ein überschaubares Projekt ein guter Start. Ein Beispiel für ein solches Projekt wird die Schmersal Gruppe auf der SPS vorstellen.

3D-TOF-Kamera als Sensor

Die IIoT-Installation auf der Feldebene ist bewusst übersichtlich gehalten. Auf einem Förderband bewegt sich ein oben offener Behälter, der mit Kleinteilen gefüllt ist. Über dem Förderband sind zwei kompakte 3D-ToF-Kameras installiert. Die eine überwacht im Sinne einer Konturenkontrolle bzw. als virtueller Tunnel die Zentrierung des Behälters auf dem Band. Die andere kann in den oben offenen Behälter hineinschauen und erfasst dessen Füllgrad.

Eine 3D-Kamera wurde gewählt, weil in vielen Anwendungsfällen die klassischen Industriesensoren (z.B. magnetisch, induktiv oder laserbasiert) durch Kameras ersetzt werden – und weil diese Entwicklung jetzt noch einen Schritt weiter geht. Während konventionelle Kameras und Bildverarbeitungssysteme bisher zweidimensionale Bilder erzeugten, gibt es erste industriegerechte Kameras, die millimetergenaue 3D-Tiefenbilder bereitstellen – mit nur einer Sensoreinheit. Möglich ist das, weil die Sensorik nach dem Time-of-flight-Prinzip arbeitet. Sie erfasst nicht nur das Sichtfeld in zwei Dimensionen, sondern auch die Laufzeit von ausgesandten Lichtimpulsen im Infrarotbereich (850Nm), die an den zu erfassenden Objekten reflektiert werden. Auf diese Weise wird mit hoher Geschwindigkeit ein millimetergenaues 3D-Abbild der Szene erzeugt, das als Punktewolke vorliegt.

Eine solche 3D-Kamera mit der Bezeichnung AM-T100 hat die Schmersal Gruppe jetzt in ihr Programm der Systemkomponenten für die Automatisierungstechnik aufgenommen. Sie liefert den Input für den Use Case des IIoT-Demonstrators.

Schritt Eins: Erfassung von Daten im Feld

Die von den Kameras aufgenommenen Daten werden über die Standard-Datenschnittstelle GenICam übertragen und können mit dem firmeneigenen Software Development Kit (SDK) von gängigen Bildverarbeitung-Softwareprogrammen ausgewertet werden. Beim IIoT-Demonstrator auf der SPS wird das mit der Software Halcon von MVTech realisiert. Ein Dashboard erlaubt die übersichtliche Darstellung der Informationen und Analyseergebnisse. Wenn zuvor eingegebene Grenzwerte überschritten werden oder Anomalien detektiert wurden, sind verschiedene Arten der visuellen und akustischen Alarmausgabe möglich.

 Die Kamera liefert mit nur einem Sensor ein dreidimensionales Abbild des Automatisierungsprozesses.
Die Kamera liefert mit nur einem Sensor ein dreidimensionales Abbild des Automatisierungsprozesses. Bild: Schmersal Gruppe

Schritt Zwei: Ermittlung von KPIs in der Produktion

Zum IIoT gehört die Verküpfung von Daten(welten) aus verschiedenen Bereichen mit dem Ziel, Prozesse genau und umfassend zu analysieren und sie besser steuern zu können. In dem Fall, den Schmersal auf der SPS-Messe vorstellen wird, gehören hierzu betriebsmäßige Daten aus eine SPS und die in der Sicherheitssteuerung Protect PSC gewonnenen Daten.

Die weiterverarbeitende Software kann aus diesen Daten zum Beispiel die Relation von Gut- und Schlechtteilen oder auch Abweichungen von visuell erfassbaren Standardwerten ermitteln und diese Werte in produktionsbezogene KPIs (Key Performance Indicators) einbeziehen. Indikatoren, wie die Overall Equipment Effectiveness (OEE), können auf diese Weise einfach erfasst werden. Das ist ein echter Mehrwert, mit dem sich die Prozesse in der Produktion bzw. in der Materialversorgung oder Intralogistik verbessern lassen.

Von der Steuerung per OPC UA zum Edge-Gateway und in die Cloud

Ebenso gehört die datentechnische Einbindung der Feldebene in die übergeordnete IT-Infrastruktur – gern auch über Unternehmensgrenzen hinaus – zu den Funktionalitäten des industriellen Internets der Dinge. Hier bietet der IIoT-Demonstrator von Schmersal die Möglichkeit, die von den Kameras ermittelten Daten und in der vor Ort befindlichen Steuerung ausgewerteten Daten per OPC UA an ein Edge Gateway weiterzugeben. Bei Bedarf werden sie von dort in eine Cloud-Infrastruktur überführt. So entsteht eine durchgängige Informationskette, die aus Sicht des Anwenders Transparenz schafft und viele Optionen der Nutzung bietet. Diese Infrastruktur wird ebenfalls auf dem SPS-Stand der Schmersal Gruppe vorgestellt und visualisiert.

Verbesserte Konnektivität: Neuheiten auf der Gateway-Ebene

Schmersal nutzt die Messe sowie den Demonstrator, um aktuelle Neuheiten auf der Ebene der Kommunikation und Konnektivität im praktischen Einsatz zu demonstrieren – zum Beispiel ein neues Gateway für den SD-Bus. Dieses von Schmersal entwickelte und genutzte Protokoll überträgt nicht sicherheitsgerichtete Daten von Sicherheitsschaltgeräten. Der Anwender spart so Installationsaufwand und -kosten. Zugleich profitiert er von höherer Transparenz sowie kürzerer Reaktionsgeschwindigkeit im Fehlerfall, weil er wartungs- und diagnoserelevante Daten (z.B. zur Schalthäufigkeit) zur Hand hat.

Das neue, auch mit Blick auf die Kosten verbesserte Gateway ist mit einem Webserver und einer MicroSD-Speicherkarte ausgestattet. Der Anwender kann somit Ereignisprotokolle (Event Logs) live über das Webinterface auswerten und die vollständigen Diagnosedaten der angeschlossenen Sicherheitsschaltgeräte im Klartext im Browser ablesen. Außerdem lassen sich z.B. Sicherheitszuhaltungen und Bedienfelder direkt über die Webschnittstelle ansteuern.

Sicherheitstechnische Daten sammeln und übertragen

Eine weitere Neuheit, die im Demonstator live gezeigt wird, betrifft die Konnektivität auf der sicherheitstechnischen Ebene. Hier wird das Safety-Fieldbox-Programm erweitert, das die Verdrahtung von Sicherheitsschaltgeräten unterschiedlicher Bauart (elektronische und elektromechanische Sicherheitszuhaltungen, Sensoren, Bedienfelder mit Not-Halt-Funktion, Lichtvorhänge …) im Feld erlaubt. Sowohl die sicherheitsgerichteten als auch die betriebsmäßigen Signale werden mit der Safety Fieldbox gesammelt und per Plug and play mit übergeordneten Sicherheitssteuerungen verbunden. Bislang erfolgte dies über das Profinet/Profisafe-Protokoll. Neu sind Varianten, die über Ethernet/IP mit CIP Safety und Ethercat mit FSoE kommunizieren. Damit werden die international am weitesten verbreiteten Kommunikationsprotokolle abgedeckt.

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