LinkedIn Logo YouTube Logo
Automatisierung von Tunnelschachtaufzügen mit Safety-SPS

Sicher auf- und abwärts

Zwei Wartungsaufzüge am österreichischen Gleinalmtunnel wurden mit ABB-Sicherheitssteuerungen AC500-S modernisiert, um den neuesten Stand der Technik in der funktionalen Sicherheit zu gewährleisten. Mithilfe der Programmiersprache Structured Text lassen sich die Sicherheitsfunktionen in den Aufzügen verlässlich umsetzen.
 Die Sicherheitsfunktionen der AC500-S können 
mit Structured Text (ST) programmiert werden.
Die Sicherheitsfunktionen der AC500-S können mit Structured Text (ST) programmiert werden.Bild: ABB AG

Der Gleinalmtunnel auf der Pyhrn Autobahn A9 verbindet in Österreich die Bezirke Leoben und Graz-Umgebung. Über eine Länge von 8,3km sind zwei Abluftschächte verteilt, die mehr als 300m in den Berg hinabreichen. Um sie warten und den Schachtzustand begutachten zu können, wurden im Jahr 1980 Aufzüge in die Schächte hineingebaut. Nach gut vier Jahrzehnten Betrieb sollten die Schachtaufzüge umgerüstet und auf den neuesten technischen Stand gebracht werden – auch hinsichtlich funktionaler Sicherheit.

Die österreichische Infrastrukturgesellschaft Asfinag beauftragte Strabag Infrastructure & Safety Solutions (SISS) mit der Modernisierung der Aufzüge in den beiden Wartungsschächten. Dank der guten Zusammenarbeit mit ABB bei anderen Tunnelprojekten hat sich SISS entschieden, die Aufzüge mit der Sicherheits-SPS AC500-S aufzurüsten. Bernhard Heinzel, Gruppenleiter Technischer Support bei SISS, ist mit dem Ergebnis zufrieden: „Vor dem Retrofit sind die Wartungsarbeiter häufig mit dem Aufzug stecken geblieben – an einem dunklen, kalten Ort ohne Handyempfang. Jetzt funktioniert alles reibungslos.“

 Bei der Wartung eines Schachtaufzugs 
steht Sicherheit an erster Stelle.
Bei der Wartung eines Schachtaufzugs steht Sicherheit an erster Stelle. Bild: ©Dmitry Kalinovsky/shutterstock.com

Performance Level c als Anforderung

Die AC500-S kann für die Sicherheitsfunktionen bis PLe nach ISO13849-1 eingesetzt werden. Im Rahmen einer Risikoanalyse wurde bei diesem Projekt für einige Funktionen PLc als Anforderung definiert. Um dies zu erfüllen, wird über die Steuerung ein Drehgeber ausgewertet, der die Signale für die Funktionen ’sicher begrenzte Geschwindigkeit‘ und ’sichere Bremsansteuerung/sicherer Stopp‘ liefert. Indiziert der Drehgeber, dass die Aufzugsgeschwindigkeit über einem bestimmten Grenzwert liegt, veranlasst die Steuerung, dass eine Hydraulikbremse aktiviert wird, die die Geschwindigkeit auf ein sicheres Niveau drosselt oder einen sicheren Stopp vornimmt.

Da die SPS an der Stahlseiltrommel angebracht wurde, die Aufzugsbewegung aber aus dem Fahrkorb heraus gesteuert wird, befindet sich sichere dezentrale Peripherie im Fahrkorb. Es musste daher eine Verbindung zwischen der SPS und der Peripherie geschaffen werden, die auch 360m in den Berg hinein zuverlässig funktioniert und sicherheitsgerichtete Daten verarbeitet. Mit der AC500-S und dem integrierten Profinet/Profisafe-Feldbus wird dies über eine redundante WLAN-Verbindung und Richtfunk erzielt.

Aufgrund der extremen klimatischen Bedingungen können sich vor allem im Winter bis zu 3m lange Eiszapfen im Schacht bilden, die Personal und Ausrüstung gefährden können. Mithilfe einer speziellen Blechkonstruktion am Aufzug können die Eiszapfen zerschlagen werden. Dafür wurden die berührungslosen Sicherheitssensoren Eden (IP69K) von ABB verwendet. Die Sensoren geben an, wann sich der Schachtaufzug in einer zuvor festgelegten Position befindet, aus der die Eiszapfen sicher durch eine vordefinierte Bewegung zerschlagen werden können.

Bild: Siemens AG

Sicherheitsfunktionen mit ST programmieren

Hauptargument für den Einsatz der AC500-S war die Möglichkeit einer Programmierung der Sicherheitsfunktionen mit der Programmiersprache Structured Text (ST). Mit ST kann flexibel und schnell programmiert werden. Etwaige Programmierfehler können mit dem Safety Code Analysis (SCA)-Tool von ABB gegengeprüft werden. Mit diesem Sicherheitscode-Analysetool können sicherheitsrelevante Programmierregeln nach IEC61508-3 für die Sprachen ST, FBD (Function Block Diagram) und LD (Ladder Logic) verifiziert werden. Das SCA-Tool ist durch den TÜV Süd für Anwendungen bis SIL3 (IEC61508) und PLe (ISO13849-1) zertifiziert. Der resultierende Code mit übersichtlicher Struktur beschleunigt nicht nur die Inbetriebnahme, sondern verringert auch die Zertifizierungs- und Wartungsaufwände nach der Implementierung erheblich. Das SCA-Tool wurde in diesem Projekt auch bei der Abnahme durch den Sachverständigen verwendet.

Steuerung unterstützt komplexe Arithmetikfunktionen

Die Möglichkeit trigonometrisch gesteuerter Sicherheitsanwendungen ist ein weiterer Vorteil der AC500-S. Die Steuerung unterstützt komplexe Safety-Arithmetikfunktionen (SIN, COS, TAN, LOG, LN, SQRT usw.) mit Fließkommaberechnungen. Bei Fahrstühlen lässt sich dadurch die sicher begrenzte Geschwindigkeit dynamisch und präzise für die Anwendung überwachen.

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Bild: Bernstein AG
Bild: Bernstein AG
Mit smarter TechnIK zur Sicherheit

Mit smarter TechnIK zur Sicherheit

Die Reihenschaltung von Sicherheitskomponenten wie Verriegelungseinrichtungen oder Nothalt-Geräten wird nach wie vor gerne genutzt, um die Sicherheitseingänge an den Auswertegeräten sowie den Verdrahtungsaufwand zu reduzieren. Normalerweise lässt sich die höchste Steuerungskategorie laut ISO/TR24119 damit nur erreichen, wenn die Komponenten jeweils mit einer Sicherheitsauswertung überwacht werden. Es gibt aber auch Alternativen.

mehr lesen
Bild: ©Alexander Limbach/stock.adobe.com
Bild: ©Alexander Limbach/stock.adobe.com
Die neue Maschinenverordnung – Infos uns Tipps für Hersteller und Betreiber

Die neue Maschinenverordnung – Infos uns Tipps für Hersteller und Betreiber

Die seit dem Jahr 2006 geltende Maschinenrichtlinie (MRL) 2006/42/EG wird durch die neue Maschinenverodnung (M-VO, Verordnung (EU) 2023/1230) abgelöst. Durch die zunehmende Digitalisierung, Stichworte künstliche Intelligenz und IT-Sicherheit, ist die MRL nicht mehr zeitgemäß. Das bedeutet einen tiefgreifenden Wandel, aber nicht nur für die Hersteller von Maschinen und Anlagen, sondern auch für Integratoren, Importeure, Händler und ggf. sogar Betreiber. Welche Änderungen das sind, für wen sie gelten und was die To-Dos bereits heute sind, erklärt Marcus Scholle, Safety Application Consultant bei Wieland Electric, im Interview mit dem SPS-MAGAZIN.

mehr lesen