Condition-Monitoring-System für Sicherheitsklemmsysteme

Maschinenkomponenten digital überwachen

Die Digitalisierung durchdringt immer mehr Lebensbereiche und bietet auch dem Maschinenbau enorme Möglichkeiten - z.B. die permanente Überwachung zentraler Anlagen-Komponenten. Genau hier setzt ein Forschungsprojekt von Hema an: Das Unternehmen entwickelt gemeinsam mit Partnern aus der Wissenschaft ein Condition-Monitoring-Konzept für sein Sicherheitsklemmsystem.
in eigens entwickeltes Integrationskonzept garantiert die korrekte Positionierung der Sensoren am und im Klemmsystem.
Ein eigens entwickeltes Integrationskonzept garantiert die korrekte Positionierung der Sensoren am und im Klemmsystem. – Bild: HEMA Maschinen- u. Apparateschutz GmbH

Klemm- und Bremssysteme sind ständigen mechanischen Belastungen ausgesetzt und sollten daher regelmäßig überprüft werden. Da es sich bei den Klemmsystemen allerdings um eine geschlossene Einheit handelt und sie zudem fest in der Maschine verbaut werden, ist eine Sichtprüfung ohne den kompletten Ausbau der Komponenten nicht möglich. Die Lösung wäre eine automatische Überwachung der Klemmsysteme aus der Ferne. Um seinen Kunden diese Option künftig bieten zu können, entwickelt Hema unter dem Namen RotoGuard zurzeit ein digitales Condition-Monitoring-System für sein rotatorisches Sicherheitsklemmsystem RotoClamp. RotoClamp ist ein pneumatisches Klemmsystem mit hohen Haltemomenten und übertrifft hydraulische Systeme sowohl an Wirksamkeit als auch an Effizienz, da die Systemkosten deutlich niedriger sind. Das Klemmsystem ist zudem Fail-Safe, weil die Welle bei einem Ausfall der Pneumatik sofort und mit großer Kraft fixiert wird. Möglich wird dies durch das pneumatische Funktionsprinzip des Klemmsystems, das auf einem Federspeicher beruht.

 Induktive Wegaufnehmer erfassen die Auslenkung des Federblechs.
Induktive Wegaufnehmer erfassen die Auslenkung des Federblechs.Bild: Hema Maschinen- u. Apparateschutz GmbH

Auffälligkeiten sollen frühzeitig erkannt werden

Die pneumatischen Klemmsysteme sind im Betrieb hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt, diese können langfristig das Funktionsverhalten beeinflussen. Veränderungen am Klemmsystem kündigen sich durch eine Veränderung messbarer Kenngrößen im Voraus an. Das Projekt hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, eine integrierte intelligente Sensoreinheit zu entwickeln, mit der die Funktion und die Wechselwirkungen des Sicherheitsklemmsystems kontinuierlich überwacht werden können. In Echtzeit gewonnene Messwerte und daraus abgeleitete Statusinformationen und Handlungsempfehlungen sollen dem Nutzer dann jederzeit zur Verfügung stehen. So kann er bei auffälligen Messwerten frühzeitig eine Überprüfung des Klemmsystems veranlassen und einen ungeplanten Maschinenstillstand verhindern, der durch einen plötzlichen Ausfall der Komponente eintreten würde. Der Mehrwert eines solchen Systems zur Zustandsüberwachung beschränkt sich aber nicht auf die Vermeidung von Havariefällen. Es ermöglicht auch die Weitergabe des umfangreichen Wissens über das Funktionsverhalten der Klemmsysteme an den Kunden. So könnten in der Datenverarbeitung implementierte Algorithmen die Optimierung des dynamischen Zustellverhaltens oder die effektivere Nutzung der pneumatischen Klemmkrafterhöhung (Boost-Funktion) ermöglichen.

Kooperation mit der Wissenschaft

Bei dem Projekt RotoGuard arbeitet Hema eng mit dem Fachbereich Mess- und Sensortechnik der TU Darmstadt und der Core Sensing zusammen. Gemeinsam wollen die Projektpartner ein neuartiges, integriertes Datenerfassungssystem entwickeln, das Betriebsdaten des Klemmsystems in Echtzeit sammelt, interpretiert und Nutzerempfehlungen oder Betriebswarnungen ausgibt. Zudem soll das Sensormodul über eine autarke Energieversorgung verfügen und die erfassten Daten drahtlos übertragen. Mit dem Forschungsprojekt soll eine praxistaugliche Implementierung eines durchgängigen KI-basierten Condition-Monitoring-Konzeptes erzielt werden.

Die passende Messtechnik steht bereit

 Für die Kalibrierung und Charakterisierung des RotoGuard-Prototyps steht ein leistungsfähiger Prüfstand zur Verfügung.
Für die Kalibrierung und Charakterisierung des RotoGuard-Prototyps steht ein leistungsfähiger Prüfstand zur Verfügung.Bild: Hema Maschinen- u. Apparateschutz GmbH

Einige Meilensteine hat das Projekt bereits erreicht. So ist die Entwicklung des messtechnischen Konzeptes für die Funktionserprobung des Prototypens mittlerweile abgeschlossen. Als primäre zu erfassende Messgröße wurde der pneumatische Druck festgelegt. Darüber hinaus soll das Condition-Monitoring-System auch die Ableitung des Schaltzustands die Auslenkung des Federblechs messen sowie über die Temperaturerfassung und deren mögliche Veränderung Bremsvorgänge aufzeigen. In den vergangenen Monaten hat das Projektteam bereits einzelne Sensoren ausgewählt, die später diese Aufgabe übernehmen sollen. Die komplette Sensorik für die Funktionsprüfung am Prototyp ist damit jetzt einsatzbereit.

Erste Testreihen in Vorbereitung

Das Projektteam führte außerdem eine CAD-Bauraumanalyse durch, um zu prüfen, wie die vorgesehene Sensorik optimal in die kompakte mechanische Struktur des Klemmsystems eingebracht werden kann. Im Anschluss daran wurden die Sensorkomponenten beschafft, getestet und hinsichtlich der Auswerteelektronik an die Anforderungen der Anwendung angepasst. Da diese in einem ersten Prototyp noch außerhalb angebracht wird, plante man zusätzliche Ausfräsungen und Bohrungen in der Deckscheibe ein, über die sämtliche Kabel nach außen geführt werden. Für die Kalibrierung und Charakterisierung des RotoGuard-Prototyps steht ein neuer, leistungsfähiger RotoClamp Prüfstand zur Verfügung.

Finalisierung des Demonstrators

Im nächsten Schritt werden Funktionsprüfungen des RotoGuard-Systems unter Last auf im Teststand sowie innerhalb einer Werkzeugmaschine stattfinden. Die dabei gewonnenen Daten liefern dann die Grundlage für unterschiedliche Modelle zur Zustandsüberwachung der pneumatischen Klemmsysteme.

HEMA Maschinen- u. Apparateschutz GmbH

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Bild: SSP Safety System Products GmbH & Co. KG / Indikar
Bild: SSP Safety System Products GmbH & Co. KG / Indikar
So wird eine Warmpressanlage mit Sicherheitstechnik abgesichert

So wird eine Warmpressanlage mit Sicherheitstechnik abgesichert

Indikar, ein Unternehmen mit Sitz in Wilkau-Haßlau bei Zwickau, ist auf automobile Sonderlösungen spezialisiert. Im individuellen Karosseriebau sind Kleinserien Alltag, dennoch wird mit einem hohen Automatisierungsgrad gefertigt. Jüngste Anschaffung ist eine Warmpressanlage für Umformteile. Die Anlage wird mit Komponenten von SSP Safety System Products abgesichert.

mehr lesen
Bild: Sick AG
Bild: Sick AG
2027 ist bald: Bereit für die neue EU-Maschinenverordnung?

2027 ist bald: Bereit für die neue EU-Maschinenverordnung?

Die bisher geltende EG-Maschinenrichtlinie stammt aus einer Zeit, in der viele moderne Technologien und Konzepte noch nicht weit verbreitet waren. Neue Technologien und Trends wie künstliche Intelligenz, Robotik, Digitalisierung und smarte Fabriken machen es nötig, die Sicherheitsstandards zu aktualisieren und neue Risiken zu berücksichtigen. Deshalb hat sich die Industrie für eine Modernisierung durch die neue EU-Maschinenverordnung ausgesprochen. Die Redaktion des SPS-MAGAZINs wollte von verschiedenen Safety-Experten wissen, was sich dadurch ändert, wer betroffen ist und wie die Anwender die damit verbundenen neuen sowie verbindlichen Herausforderungen angehen und meistern können.

mehr lesen
Bild: Bormann & Neupert by BS&B GmbH
Bild: Bormann & Neupert by BS&B GmbH
Produktion geschützt, 
Ernährung gesichert

Produktion geschützt, Ernährung gesichert

Bei Industrieprozessen mit Trockenlebensmitteln oder -futtermitteln kann durch aufgewirbelten Staub schnell eine zündfähige Atmosphäre entstehen. Fatal, denn Staubexplosionen bergen ein enormes Risiko: ungeplante Produktionstopps, Zerstörung von Anlagen und sogar Gefahr für Menschenleben. Die passenden Schutzsysteme ersticken Staubexplosionen effektiv bereits im Keim oder reduzieren ihre Auswirkungen.

mehr lesen
Bild: ©2rogan/stock.adobe.com
Bild: ©2rogan/stock.adobe.com
So gelingt mit einer Trusted Edge-Plattform der Weg in die Industrie 4.0

So gelingt mit einer Trusted Edge-Plattform der Weg in die Industrie 4.0

Die zunehmende Vernetzung in den Fabriken schafft neue Angriffsflächen für Cyber-Kriminelle. Um vor allem ältere Maschinen sicher ins Netzwerk einzubinden, braucht es eine robuste IIoT- und Edge-Computing-Plattform, die Schutz und effiziente Datenkommunikation gewährleistet. Secunet verspricht durch die Nachrüstung mit seiner Trusted-Edge-Plattform zuverlässigen Schutz vor Angriffen.

mehr lesen
Bild: ©kamonrat/stock.adobe.com
Bild: ©kamonrat/stock.adobe.com
So lässt sich der Risikofaktor Fernwartung effizient managen

So lässt sich der Risikofaktor Fernwartung effizient managen

Viele Maschinen sind bereits im IoT vernetzt, was neben erhöhter Produktivität aber auch Sicherheitsrisiken mit sich bringt. Laut dem BSI zählt der Einbruch von Cyberkriminellen über Fernwartungszugänge zu den besonders kritischen und am häufigsten auftretenden Bedrohungen. Welche Eigenschaften müssen robuste Sicherheitslösungen erfüllen, um Betriebsanlagen zuverlässig zu schützen?

mehr lesen