Am Standort Bielefeld stellt die Firma Dr. Kurt Wolff auf einer zentralen Produktionsanlage unterschiedliche Shampoos her, die beispielsweise unter den Handelsnamen Alpecin und Plantur bekannt sind. Nach der Produktion werden diese in vier Tanks für den nachfolgenden Abfüllprozess zwischengelagert. „Beim Transfer von der Herstellungsanlage in die Lagertanks sahen wir Optimierungspotenzial“, berichtet Nils Gorowicz, Produktionsingenieur bei Dr. Kurt Wolff. „Denn hier kommt es zweimal zu Mischphasen aus Produkt und Wasser, die bisher recht viel Ausschuss verursachten.“
Optimierungspotenzial beim Produkt-Transfer
Bei jedem Produktwechsel müssen die Rohre gereinigt und desinfiziert werden. Ins Shampoo darf aber kein Restwasser gelangen, da das zu Qualitätseinbußen führen würde. Restwasser ist aber in den Rohren nach jeder Reinigungsphase zwangsläufig immer vorhanden. Deshalb mussten bisher die ersten Sekunden des Transfers entsorgt werden. Am Ende des Transfers in die Lagertanks gibt es ebenfalls eine solche Mischphase. Damit sich die Produktreste, die sich vor der nächsten Reinigung noch in den Leitungen befinden, weitgehend nutzen lassen, werden sie mit Kaltwasser herausgedrückt. Der erste Teil wurde dann in die Lagertanks gefördert, der deutlich größere Rest landete wieder in der Entsorgung. „In beiden Mischphasen ging also recht viel Produkt verloren, weil wir in der Vergangenheit mit geschätzten Zeitwerten arbeiten mussten, die nicht auf jedes Produkt gleichermaßen zutrafen“, fasst Gorowicz zusammen. „Unser Ziel war es, zukünftig literweise Ausschuss und unnötig hohe Kosten für die Abwasseraufbereitung einzusparen.“ Gesucht wurde deshalb ein Sensor, der die Mischphasen am Anfang und Ende des Transfers – also bei jedem Produktwechsel vor und nach der Reinigung – mit hoher Reproduzierbarkeit innerhalb von Millisekunden erkennt, und das bei unterschiedlich viskosen Medien. Gleichzeitig muss er sich für Hygieneanwendungen eignen und darf nicht durch Inhaltsstoffe der Shampoos oder Reinigungsmedien beschädigt werden. Erschwerend kam noch hinzu, dass der Aufbau der bestehenden, relativ neuen Anlage nicht verändert werden durfte. Der Sensor sollte also in den Rohrleitungen Platz finden, ohne die fluidischen Bedingungen zu beeinträchtigen.
Ein Sensor für Durchfluss, Temperatur und Dichtefaktor
Fündig wurden die Bielefelder Shampoo-Produzenten im Produktportfolio von Bürkert Fluid Control Systems. Die Wahl fiel auf das Durchflussmessgerät FloWave. Es arbeitet nach dem SAW-Verfahren (Surface Acoustic Waves), nutzt also die Ausbreitungsgeschwindigkeit akustischer Oberflächenwellen in Flüssigkeiten. So kommt das Messsystem ohne Sensorelemente im Messrohr aus. Das bringt gleich mehrere Vorteile: Keine Elemente im Messrohr bedeuten weder Leckagen noch Material-Unverträglichkeiten oder Wartungen, zudem gibt es keinen Druckabfall und die Reinigung gestaltet sich einfach. Im Prozess verhält sich der Sensor wie ein Stück Rohr. Er besteht aus hochwertigem Edelstahl, es gibt keine Toträume und alle Hygieneanforderungen sind erfüllt. Das bestätigen gleich mehrere Zertifikate wie ASME BPE und EHEDG. Dabei kann der Sensor weit mehr als den Volumendurchfluss mit einer Genauigkeit von 0,4% des Messwerts bestimmen. Er misst gleichzeitig die Temperatur und den Dichtefaktor des Mediums. Dadurch lässt sich zuverlässig unterscheiden, ob sich Shampoo oder Wasser in der Leitung befindet. Der Sensor misst ausgesprochen schnell. Der Abstand zwischen den Messungen beträgt nur wenige Millisekunden und die Reproduzierbarkeit ist mit 0,2% ausgesprochen hoch. „Der Ausschuss durch die Mischphasen hat sich dank dieser SAW-Durchflussmesser in den vier Transferleitungen um mehr als zwei Drittel reduziert“, freut sich Gorowicz. „Wir produzieren deutlich effizienter und sparen zusätzlich noch bei der Abwasseraufbereitung.“ Der FloWave-Transmitter basiert auf der Elektronikplattform EDIP (Efficient Device Integration Platform), die die Vernetzung mit anderen Bürkert-Geräten zu einem intelligenten System ermöglicht. Dadurch ist in der beschriebenen Anwendung die Profinet-Anbindung der vier Durchflussmesser über ein gemeinsames Gateway (ME43) möglich. Dies erleichterte nicht nur die Integration in die bestehende Anlage, sondern vereinfacht auch den Umgang mit den Geräten. Da das Gateway über einen integrierten Webserver verfügt, ist prinzipiell über OPC UA auch der Fernzugriff möglich.
So einfach zu installieren wie ein Stück Rohrleitung
Die kompakte Größe und das geringe Gewicht des Sensors sorgen zudem für eine unkomplizierte Installation. Bei einer Nennweite von 50mm wiegt der Durchflussmesser nur rund 3,5kg, also nur etwas mehr als ein Stück Rohr gleicher Größe. Dadurch kann er leicht von einer Person montiert werden. Die Einbaulage ist beliebig, sodass sich das Display gut lesbar justieren lässt und der Durchflussmesser bei der Inbetriebnahme für die Konfiguration gut zugänglich ist. Im laufenden Betrieb verbraucht der SAW-Durchflussmesser wenig Energie.