Ford testet RFID in Saarlouis

RFID steuert Logistik der Motorraumfertigung für den Karosserie-Rohbau
Der Automobilhersteller Ford untersucht in seinem Produktionswerk in Saarlouis den Nutzen von RFIDs in der Fördertechnik der Elektrohängebahn für Motorraumteile. Das Pilotprojekt könnte bei erfolgreichem Verlauf auf weitere Bereiche des Werkes ausgedehnt werden und eventuell sogar für den gesamten Konzern Vorbildcharakter haben.

Weil der Variabilitätsgrad in den Produktionsstraßen der großen Automobilwerke immer weiter steigt und auf einer Fertigungslinie zunehmend mehr Varianten parallel gebaut werden, spielen Aspekte wie Transparenz und Rückverfolgbarkeit für Hersteller eine immer wichtigere Rolle. Seit Ende 2013 testet Ford zur effizienten Steuerung seiner Elektrohängebahnen im Rohbau ein RFID-System (Radio Frequency Identification). \“Zur Identifizierung unserer Karosserieteile in der Elektrohängebahn (EHB) für Motorraumteile setzen wir das Schreib-/Lesegerät RFU620 ein\“, so Dr. Klaus Schmitz, Ingenieur im Gruppenstab Fördertechnik und zuständiger Projektleiter bei Ford. \“Zukünftig wären wir dann in der Lage, den Weg der Karosserieteile bis zur sogenannten Klammerlinie – an der die Seitenwände des Fahrzeugs an das Bodenblech angebracht werden – über Elektrohängebahn transparent sowie ab der Klammerlinie über die Bodenfördertechnik lückenlos zu dokumentieren.\“ Denn in Saarlouis werden pro Tag rund 1.600 Fahrzeuge gebaut, dabei entsteht eine Vielzahl unterschiedlichster Daten.

Elektrohängebahn transportiert RFID-gesteuert Teile

Im Rahmen des RFID-Pilotprojekts transportiert Ford in der EHB das Stehblech mit dem sogenannten Federdom, einem Teil des Motorraums. Davon gibt es vier verschiedene Varianten, deren zugehörige Information auf dem RFID-Chip mitgeführt wird: Und zwar die rechte Seite oder die linke Seite der Modelle Focus bzw. C-Max. Die EHB, die diese Teile transportiert, ist die SO-22 (Stehblech-EHB). Dafür sind rund 80 Gehänge im Bereich des Karosserie-Rohbaus mit Datenträgern ausgestattet, die an insgesamt fünf Stellen im Produktionsprozess an den Schreib-/Leseeinheiten beschrieben und ausgelesen werden. Hier kommt es auf eine perfekte Zuordnung an, d.h. dass der richtige Transponder zum dazugehörigen Objekt gelesen wird und kein anderer. Derzeit funktioniert die UHF-Lösung bereits fehlerfrei für Reichweiten von 20 bis 30cm, als Ziel ist das Schreiben und Lesen von Informationen auf dem RFID-Tag von bis zu 1m vorgegeben. \“Ist diese Vorgabe erfüllt, könnten wir darüber nachdenken, diese Technik auch noch wesentlich früher im Rohbau einzusetzen und vielleicht sogar im gesamten Werk ein durchgängiges Informationsmedium wie RFID zu verwenden, vom Bau der Karosserie bis zur Auslieferung des fertigen Autos zum Endkunden\“, so Schmitz.

Schreib-/Lesestation RFU620

Um die Anforderungen an die Identifizierung der Karosserieteile – maximale Lese- und Zuordnungsrate – bestmöglich erfüllen zu können, haben sich die Projektpartner für die Verwendung des Schreib-/Lesekopfs RFU620 entschieden. Dieser arbeitet im Frequenzbereich von 860 bis 960MHz und ergänzt das UHF-Portfolio um ein optimiertes Schreib-/Lesegerät für mittlere Reichweiten sowie enge Einbausituationen. \“Zahlreiche Filterfunktionen und verschiedene Anschlussvarianten ermöglichen vielseitige Identifikationslösungen\“, erklärt Sick Key-Account-Manager Klaus Pübben. Das Gerät, welches bei Ford direkt in die EHB eingebaut ist, biete die Möglichkeit, die Sendeleistung bis zu einer Reichweite von 1m einzustellen, wie dies bei Ford gewünscht sei, und sich so der jeweiligen Lesesituation anzupassen. Die Antenne des Kopfes erzeugt dabei ein homogenes und symmetrisches Kommunikationsfeld, in dem der einzelne Transponder gezielt ausgelesen und beschrieben werden kann. \“Beispielsweise ist bei Ford durch den Einsatz dieser Geräte heute eine sehr viel einfachere Instandhaltung bezogen auf die Elektronikteile möglich, da die RFID-Geräte über einen permanenten Speicher sowie als Backup zusätzlich über SD-Karten verfügen\“, verweist Pübben auf einen der Vorteile in der Praxis. \“In der Vergangenheit gab es in Saarlouis sehr viele unterschiedliche Systeme zur Datenbevorratung, deshalb war auch eine einheitliche Instandhaltungslösung überhaupt nicht möglich.\“ Mit der Funktion Adaptive Power Control kann das Gerät die Sendeleistung selbstständig so lange erhöhen, bis ein Transponder gelesen wird. \“Dies schließt die gleichzeitige Erfassung mehrerer Transponder und somit potenzielle Verwechslungsgefahren aus\“, so Pübben. \“Andere Filterfunktionen fokussieren die Kommunikation auf Transponder mit bestimmten Datenstrukturen, auf Transponder, die ab einer bestimmten Signalstärke empfangen werden oder schließen eine Mehrfacherfassung desselben Transponders in einer definierbaren Zeitspanne aus.\“

Schnelle Inbetriebnahme

\“Das Ford-Projekt ist trotz seiner Komplexität und der zusätzlichen Anbindung eines zweiten Feldbussystems in die Bestandsanlage sehr gut gelaufen\“, sagt Oliver Biwer, Projektmanager Automotive beim Systemintegrator Resa Systems, die für die Steuerungstechnik in den Produktionsstraßen in Saarlouis verantwortlich ist. \“Die intuitive Benutzeroberfläche Sopas war wesentliche Voraussetzung dafür, die fünf funkbasierten RFID-Geräte in nur einem Tag während des Wochenendes in Betrieb zu setzen – und damit der Garant für den Projekterfolg.\“ Und auch die Übersichtlichkeit in der Applikation selbst habe die Inbetriebnahme noch einmal wesentlich vereinfacht. Die Projektbeteiligten sind mit dem bisherigen Verlauf des RFID-Tests absolut zufrieden. \“Wünschenswert aus unserer Sicht wäre es, wenn wir alle unsere Anlagen mit Hilfe einer Technik wie RFID bestmöglich und gleichzeitig relativ preiswert steuern könnten\“, sagt Ford-Projektleiter Dr. Klaus Schmitz. Dies könne auch Reparaturprozesse oder Spezialanwendungen umfassen. Allerdings müsse die Technik dann wieder ganz neue Anforderungen erfüllen. \“Wenn wir das RFID-System z.B. auch auf den Bereich der Lackiererei ausweiten wollen und die Tags an den Karosserieteilen verbleiben sollen, müssen diese absolut hitzebeständig sein\“, so Schmitz. Aus diesem Grund plane man ab Ende 2014 umfangreiche Tests mit temperaturfesten Transpondern. Sollten diese erfolgreich verlaufen, sei es vielleicht irgendwann sogar denkbar, im Sinne einer Plattformlösung auch noch die Verladeprozesse mit RFID steuern zu können. Diese enorm hohe Flexibilität in sämtlichen produktionslogistischen Prozessen würde dann laut Schmitz für Ford einen echten Wettbewerbsfaktor darstellen.

Resa Systems GmbH mit Sitz in Saarwellingen im Saarland wurde 1982 gegründet und beschäftigt derzeit rund 200 Mitarbeiter. Die Kernkompetenzen des Unternehmens liegen seit Gründung in der Planung, Konstruktion, Fertigung, Montage und Inbetriebnahme von Produktionsanlagen. Dies umfasst sowohl den Maschinenbau als auch den Part der Steuerungs-/Elektrotechnik. Das Unternehmen ist in zwei Geschäftsbereiche gegliedert. Der Bereich Automotive, der sich überwiegend mit der elektrotechnischen Ausrüstung der Fertigungs- und Transportanlagen für die Automobilhersteller sowie der historisch bedingt gewachsenen Kundenbeziehungen zu artverwandten Branchen beschäftigt und dem Bereich PMS. In diesem werden Komplettanlagen im Segment der Prüf- und Montagesysteme konstruiert, gefertigt und geliefert. Hier stehen strömungstechnische Anwendungen, wie etwa Benzin- und Dieseleinspritzsysteme sowie deren Einzelkomponenten im Vordergrund. Im Jahr 2013 erwirtschaftete Resa einen Umsatz in Höhe von 22 Mio. Euro.

Über Sick:

Die Sick AG ist einer der weltweit führenden Hersteller von Sensoren und Sensorlösungen für industrielle Anwendungen. Das 1946 von Erwin Sick gegründete Unternehmen mit Stammsitz in Waldkirch im Breisgau nahe Freiburg zählt zu den Technologie- und Marktführern und ist mit mehr als 50 Tochtergesellschaften und Beteiligungen sowie zahlreichen Vertretungen rund um den Globus präsent. Im Geschäftsjahr 2013 beschäftigte Sick mehr als 6.500 Mitarbeiter weltweit und erzielte einen Konzernumsatz von 1.009,5 Mio. Euro. Von der Fabrik- über die Logistikautomation bis zur Prozessautomation zählt Sick zu den führenden Herstellern von Sensoren. Als Technologie- und Marktführer schafft das Unternehmen mit seinen Sensoren und Applikationslösungen für industrielle Anwendungen die Basis für sicheres und effizientes Steuern von Prozessen, für den Schutz von Menschen vor Unfällen und für die Vermeidung von Umweltschäden.

Das Ford-Werk Saarlouis:

Das Ford-Werk Saarlouis ist als Impulsgeber und Wachstumsmotor für das Saarland von immenser Bedeutung. In Saarlouis wurden bisher schon mehr als 12 Millionen Ford-Modelle gefertigt – und es werden täglich mehr. Damit zählt das Werk zu den effizientesten und produktivsten Automobilwerken in Europa. Der Industriekomplex rund um Ford ist der größte Arbeitgeber des Saarlandes. Mehr als 6.000 Mitarbeiter arbeiten direkt für Ford, dazu kommen 2.000 Arbeitsplätze bei den Zulieferern des Unternehmens. Insgesamt sind in Saarlouis 14 Zulieferer direkt im Industriepark oder in der Nähe ansässig. Das Ford-Werk in Saarlouis gilt als besonders flexibel, denn pro Fertigungslinie werden bis zu fünf verschiedene Modelle und mehr als 28 Varianten hergestellt. Rund 80 Prozent der produzierten Einheiten exportiert Ford in 80 Länder. Damit leistet das Unternehmen rund ein Drittel des Gesamtexportvolumens dieses Bundeslandes. Auch im Saarland sind Ford-Autos gefragt: Der Marktanteil liegt hier deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

More than a Vision: Die optimale Lösung für alle Auto-Ident Herausforderungen

Die Bandbreite der automatischen Identifikationsaufgabenstellungen (Auto-Ident) hat in den letzten Jahren stark zugenommen und wird auf dem Weg zur Industrie 4.0 weiterhin steigen. Gleichzeitig wird die Leistungsfähigkeit der drei dominierenden Identifikationstechnologien (RFID, kamera-basierte Codeleser und laser-basierte Barcodescanner) kontinuierlich erweitert. Aus der Kombination dieser beiden Entwicklungen ergibt sich ein permanent wachsender \“Lösungsraum\“. Für die Auswahl der optimalen Lösung ist daher eine applikationsspezifische Betrachtung und Bewertung sowohl technischer als auch wirtschaftlicher Randbedingungen erforderlich.

Sick AG
http://www.sick.de

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