Ausfallfreie Fertigung: Smarte Sensorik für’s Kabeltrommelmagement

Intelligente Kabeltrommel bestellt selbst nach

Kabel sind gerade im Maschinenbau eine essenzielle Komponente. Ohne sie funktioniert keine Maschine. Das bedeutet: Wenn der Kabelbestand ausgeht, steht die Fertigung still. Ein Szenario, das schnell teuer werden kann. Die Krux: Die meisten Unternehmen können ihren Bestand nur raten. Deshalb hat Lapp dafür eine Lösung entwickelt: smarte Sensorik für das Kabeltrommelregal.
 Die Lösung eKanban von Lapp besteht aus einem Trägheitssensor an der Kabeltrommel oder der Achse und einem Display, das am Trommelregal angebracht ist. Die Hauptschlagader ist ein web-basiertes Dashboard.
Die Lösung eKanban von Lapp besteht aus einem Trägheitssensor an der Kabeltrommel oder der Achse und einem Display, das am Trommelregal angebracht ist. Die Hauptschlagader ist ein web-basiertes Dashboard.Bild: U.I. Lapp GmbH

Nicht nur Kabel und Stecker, sondern auch Gesamtlösungen, die einen Mehrwert jenseits des reinen Leitens von Daten und Elektrizität bieten – das liefert Lapp, das Stuttgarter Unternehmen für Kabel- und Verbindungstechnologie. Aber: „Innovation ist kein Selbstzweck, sondern muss immer auf ein konkretes Bedürfnis ausgerichtet sein“, sagt Dominik Schmalzried, Global Business Process Owner Digital Innovation bei Lapp. Ein solches Bedürfnis hat er ausgemacht: Anwender wünschen sich mehr Transparenz über ihren Kabelbestand.

Die Idee: intelligente Kabeltrommel

Ein konkreter Vorfall zeigt eindrücklich, warum das so ist: „Einem Kunden, mit dem ich gesprochen habe, ging ein wichtiges Kabel im ungünstigsten Moment aus, der Maschinenbau stand still, und das Unternehmen musste pro Woche Verzögerung ein Prozent des Maschinenwerts als Abschlagzahlung leisten – da kamen schnell Kosten von mehreren Tausend Euro pro Woche zusammen.“ Eine intelligente Kabeltrommel, die überwacht, wie viel Kabel entnommen wird und bei Unterschreitung einer definierten Mindestmenge automatisch nachbestellt – das war schon länger eine Idee des Lapp Innovationsteams, das auch seine Kollegen Manuel Richter, Digital Sales Manager, und Dr. Patrick Olivan, Head of Business Development umfasst. Auf Basis des Kundenwunsches nahm das Team dieses Projekt wieder auf und entwickelte das ‚eKanban‘ genannte System weiter, in enger Abstimmung mit dem Anwender.

Mit Sensorik zur smarten Kabeltrommel

Wenn die Lagermitarbeiter bei manchen Unternehmen schon nicht wissen, wie viel Kabellänge noch übrig ist, woher soll es dann eine Holztrommel wissen? Was scherzhaft klingt, beschäftigte das Innovationsteam tatsächlich eine ganze Weile. Zuerst sollten Abstandssensoren Aufschluss geben, wie viel Kabel von einer Trommel entnommen wurden und wie viel noch verbleibt. Doch diese Methode erwies sich als zu ungenau. In der zweiten Version nutzte das Team einen Trägheits-Sensor, der die Umdrehungen der Trommel misst und daraus die entnommene Kabelmenge berechnet. „Statt 10 bis 15 Prozent Ungenauigkeit liegen wir mit der neuen technischen Lösung bei einer Abweichung von plus/minus einem Prozent – das ist für den Anwendungszweck mehr als akzeptabel“, sagt Dominik Schmalzried.

Patentierte Lösung für Kabelbestands-Management

Die Lösung ließ sich Lapp daher patentieren. Sie besteht aus dem erwähnten Trägheits-Sensor an der Kabeltrommel oder der Achse und einem Display, das am Trommelregal angebracht ist. Die Hauptschlagader ist ein web-basiertes Dashboard, in dem nicht nur die Monteure, sondern auch weitere Personen wie Einkäufer bequem von ihrem Arbeitsplatz Zugriff auf alle Kabelbestände haben. Die Sensorik zeichnet sich durch eine lange Akkulaufzeit aus und lässt sich einfach an bestehende Kabelregale und -trommeln nachrüsten. Hinzu kommt eine Anbindung an digitale Systeme von Lapp. Schnittstellen zu ERP-Systemen soll das eKanban im Zuge der Entwicklung zur Serienreife später ebenfalls bieten – nach dem Motto: Industrie 4.0 für das Kabelbestands-Management. Damit soll eKanban schon bald das Kabelbestands-Management und die Prozesssicherheit revolutionieren, auch bei Regalen und Trommeln anderer Anbieter.

Transparenz in Echtzeit und automatische Nachbestellung

Auf einem digitalen Dashboard lässt sich das System konfigurieren und kontrollieren. Nutzer sehen darauf stets den Füllstand jeder ihrer Kabeltrommeln nahezu in Echtzeit. Zudem können sie einen Schwellenwert für automatische Bestellungen festlegen. Wenn das System an Lapp angebunden ist, kann der Bestelltermin flexibel eingerichtet werden, erklärt Schmalzried: „Die Daten, die unsere Sensoren erfassen, werden uns helfen, vorauszusagen, wie viel Kabellänge in einem bestimmten Zeitraum verbraucht wird. Das System prüft, wie lange eine Lieferung zu diesem Zeitpunkt dauern wird.“ Durch einen Abgleich der Verbrauchs- und Lieferprognose-Daten kann das System dann die Nachbestellung so terminieren, dass Nachschub rechtzeitig da ist.

Dominik Schmalzried ist sich sicher, dass solche Lösungen bald die Regel werden: „Unternehmen erleben heute konkurrierende Märkte und müssen daher auf höchstmögliche Effizienz setzen. Zudem sind sie auf hohe Prozesssicherheit angewiesen. Letzteres ist aufgrund strapazierter Lieferketten eine besondere Herausforderung. Vernetzung und Automatisierung bieten hier großes Potenzial, weil sie ineffiziente manuelle und damit fehleranfällige Prozesse reduzieren. Und weil sie auf Kunden- wie auch auf Lieferantenseite mehr Transparenz schaffen, welche die Planbarkeit verbessert.“

Kundenbedarf bestimmt die Entwicklung von Anfang an mit

Schon in einem frühen Entwicklungsstadium stellte das Innovationsteam seine Lösung auf Messen vor. So konnten potenzielle Anwender frühzeitig Rückmeldung geben und die weitere Entwicklung dadurch beeinflussen. „Man weiß vorher nie, wie die Reaktionen ausfallen. Deshalb sollte das kundenseitige Interesse für eine Innovation frühestmöglich in der Entwicklung erprobt und validiert werden, um sicherzustellen, dass wir mit unseren Gedanken auf dem richtigen Weg sind“, erklärt Schmalzried. „In dem Fall aber war das ein voller Erfolg, da gab es einige Messebesucher, die hätten das System am liebsten gleich in ihren Betrieb mitgenommen.“

Pilottests und Weiterentwicklung

Das verwundert nicht, weil die Lösung große Vorteile wie geringere Prozesskosten, effiziente Lagerhaltung und die Vermeidung von Produktionsstillständen verspricht. In den nächsten Monaten wird das System bei mehreren Pilotkunden getestet, damit die Lösung bei ihrer Markteinführung ihr volles Verbesserungspotenzial zuverlässig ausspielen kann. Das Lapp-Team plant derweil schon weiter: „Mit der mitdenkenden Kabeltrommel haben wir nicht das letzte Wort gesprochen, sondern nur einen weiteren Baustein geschaffen. Lösungen, die unseren Anwendern einen echten Mehrwert bringen, haben bei uns einen hohen Stellenwert“, betont Dominik Schmalzried abschließend und freut sich darauf, bei ihrer Entwicklung und Umsetzung mitzuwirken.

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