![Das Konzept hinter SPE ist eine Erweiterung von Ethernet
bis in die Sensorik, also bis in den
letzten Winkel des Anlagenfeldes.](https://www.sps-magazin.de/wp-content/uploads/2021/07/Seereiner_final-739x1024.jpeg)
Bietet SPE in der Produktion die bessere Alternative zu heute genutzten Technologien bzw. Standards? @Interview_Grundschrift:Frank Welzel, SPE Industrial Partner Network: Das Ziel von SPE ist es, Ethernet da hin zu bringen wo es heute noch gar nicht verwendet wird. Wenn man sich in der Industrie heute die Feldebene anschaut, erfolgt dort die Kommunikation überwiegend über proprietäre Feldbusse oder analoge Signale, wie die 0(4)-20mA-Stromschleife. Hier kann Single Pair Ethernet die Lösung sein, um eine einheitliche offene TCP/IP basierte Kommunikation zu ermöglichen. Durch die reduzierte Verkabelung von nur noch einem Adernpaar, mit dem man simultan auch Leistungen von bis zu 50W am Gerät übertragen kann, bietet SPE sehr einfach und kostengünstig die Möglichkeit, Ethernet in die Feldebene zu bringen. Vor dem Hintergrund, dass Sensoren immer intelligenter, die Datenraten, und Menge immer größer werden, kann SPE genau die Lösung sein, um alle Geräte in der Feldebene digital miteinander zu verbinden. @Interview_Grundschrift:Simon Seereiner, SPE System Alliance: Bereits heute ist absehbar, dass herkömmliche Ethernet-Bussysteme den zukünftigen Anforderungen im industriellen Umfeld nur noch bedingt gerecht werden. Durch die Digitalisierung steigt die Anzahl smarter Sensorik, die in Maschinen und Anlagen eingebunden werden und damit auch der Aufwand der Vernetzung. SPE bietet sich hier als Alternative an, denn es steht für eine durchgängige skalierbare und deterministische Vernetzung von der Sensorik bis in die Cloud. Und das in praktisch jeder Anwendung, in der Daten anfallen, ob in der Industrie, in der Logistik oder im Gebäude. Das Konzept dahinter ist eine Erweiterung von Ethernet bis in die Sensorik, also bis in den letzten Winkel des Anlagenfeldes. Ein Vorteil von SPE ist die durchgängige Kommunikation, bei der keine Gateways für die Umsetzung auf andere Protokolle benötigt werden. Der Anwender spart Kosten und Zeit bei der Implementierung seiner Sensoren bis in die obersten Leitebenen. Bisherige Ethernet-Lösungen benötigen zwei bzw. vier Adernpaare, während Single Pair Ethernet nur noch ein Adernpaar benötigt. Mit SPE steht nicht nur eine industrietaugliche, kompakte und einfach aufgebaute Verkabelung bereit, SPE vereinfacht auch den Einsatz an extremen Einsatzorten, an denen eine Verkabelung mit kleinem Außendurchmesser, kleinen Biegeradien und geringem Gewicht unabdingbar ist. Ist die Standardisierung schon so weit, dass man in die Umsetzung konkreter Produkte gehen kann? @Interview_Grundschrift:Seereiner: Nur mit Standardisierung auf der physischen Ebene sind Interoperabilität und damit der langfristige Erfolg von SPE gesichert. Der erste SPE-Standard wurde in der IEEE802.3 veröffentlicht. In der IEEE sind bereits die Kanalanforderungen erarbeitet, mit der IEEE802.3cg die 10MBit/s-Variante 10Base-T1, in der 802.3bw geht es bei 100Base-T1 um 100MBit/s und bei 802.3bp um 1000Base-T1 mit 1GBit/s. Durch diese drei IEEE-Gremien sind somit drei Datenraten abgedeckt. Die generellen elektrischen Anforderungen an die Schnittstellen sind in der Grundnorm IEC63171 zu finden. Die in den Normenreihen -1 bis -6 definierten Steckverbinder haben unterschiedliche Steckgesichter, Abmessungen sowie mechanische Eigenschaften. Normungsaktivitäten sind allerdings ein dynamischer Prozess, bei dem neue Normen erarbeitet, eingebracht und diskutiert werden. Dabei werden permanent auch neue Normungsprozesse angestoßen. Naturgemäß neigen in diesem Stadium des Prozesses manche Hersteller dazu, Vorschläge kurzerhand als Vorschrift zu kommunizieren, um ihr Produkt als neuen Standard anzupreisen. Der normative Prozess ist derzeit in Arbeit, aber noch nicht abgeschlossen. Ist sich der Markt bezüglich der elektromechanischen Schnittstellen einig? @Interview_Grundschrift:Welzel: Die Unternorm IEC63171-6 ist aus der ersten eingereichten Norm für SPE-Steckgesichter hervorgegangen. Nämlich aus der IEC61076-3-125, einem in sich geschlossenen und vollständigen Normendokuments mit allen notwendigen Spezifikationen und Prüfsequenzen. Weiterhin ist die IEC63171-6 die einzige Schnittstelle aus dieser Reihe, die in allen wichtigen Verkabelungsnormen und Anwendergruppen referenziert wird. Bereits 2018 haben sich ISO/IEC und TIA nach einer internationalen Abstimmung für die IEC63171-6-Schnittstelle für SPE in industriellen Anwendungen ausgesprochen. Das heißt: Wenn Sie normenkonform zu der ISO/IEC11801-3 verkabeln wollen, müssen Sie den T1 Industrial einsetzen. Auch bei TIA entsteht so eine Verkabelungsnorm mit klarer Aussage zu den einzusetzenden Steckgesichtern. IEEE802.3cg stützt diese Position und referenziert ebenfalls ausschließlich auf die IEC63171-6-Industrial-Style-Schnittstelle. Nachdem diese Norm schon in der Entwicklung war, sind weitere Hersteller auf das Thema SPE aufgesprungen und haben eigene Steckgesichter in die Normung eingereicht, statt gemeinsam die schon in Arbeit befindliche Schnittstelle zu einem Standard zu formen. So entsteht die momentan als unentschieden wahrgenommene Situation des Wettbewerbs. Diese Situation wollen wir eigentlich vermeiden. Die angesprochene Konkurrenzsituation ist aber auch etwas ganz Normales und sorgt dafür, dass sich der Beste durchsetzt – auch in der Normung. Unsere IEC63171-6 wurde Ende Januar veröffentlicht und ist für jeden frei verfügbar, der eine umfassend genormte End-to-End-Verbindung sucht, die vollständig standardisiert ist. Alle 17 Mitglieder des SPE Industrial Partner Network haben sich zur IEC63171-6 committed. Deswegen: normativ ist mittlerweile alles klar. @Interview_Grundschrift:Seereiner: Die Aussage, dass der Markt sich bereits auf ein Steckgesicht geeinigt hätte, ist definitiv falsch. Die Steckverbinder gemäß IEC63171-2 und IEC63171-5 sind für den industriellen Einsatz spezifiziert. Dafür investieren die Firmen Weidmüller, Phoenix Contact und Telegärtner bereits in Werkzeuge und wollen demnächst fertige Produkte vorstellen.
Alle Mitglieder des SPE Industrial Partner Networks haben sich zur IEC63171-6 committed. – Bild: Harting Technologiegruppe Beim Thema SPE im Maschinen- und Anlagenbau stehen sich zwei Anbieterinitiativen gegenüber, die SPE System Alliance (links) und das SPE Industrial Partner Network (rechts). – Bild: TeDo Verlag GmbH