Big Data Analytics und Industrie 4.0

Zeit für Eigeninitiative

Die Fertigungsindustrie hängt in Sachen Datenanalyse hinterher
Die Fähigkeit, Maschinen- und Betriebsdaten in Echtzeit zu analysieren, ist eine Voraussetzung für Industrie 4.0. Eine aktuelle Studie der Universität Potsdam sieht an dieser Stelle allerdings noch Defizite - obwohl die technischen Mittel längst zur Verfügung stehen.

Industrie 4.0 ist in voller Fahrt – zumindest auf Diskussionspodien, in Medien und Marketing. Die Umsetzung, so scheint es, geht schleppend voran. Schleppender als nötig, meint Gerhard Altmann, Senior Director Industry Unit Manufacturing EMEA/AP beim Software-Hersteller SAS: \“Wer auf der Hannover Messe war, konnte beobachten, wie inflationär der Begriff Industrie 4.0 verwendet wird. Da ist es kein Wunder, dass Unternehmen zunächst einmal innehalten, um heiße Marketingluft von technischer Substanz zu unterscheiden. Wenn wir Industrie 4.0 als Impulsgeber für den Standort Deutschland verstehen, ist es an der Zeit, den Diskussionen Taten folgen zu lassen.\“ Anspruch und Wirklichkeit hat die Universität Potsdam kürzlich in einer Studie mit dem Namen Wettbewerbsfaktor Analytics 2014 verglichen. In der Untersuchung nimmt der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Electronic Government der Hochschule den Einsatz von analytischer Software für die Steuerung von Prozessen in verschiedenen Branchen unter die Lupe. Dabei legt die in Zusammenarbeit mit SAS erstellte Studie einen Schwerpunkt auf die Fertigungsindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das hat einen guten Grund: Schließlich gilt der analytische Reifegrad von Unternehmen auch als Hinweis auf ihre Fähigkeit, Industrie-4.0-Prozesse durchgängig und effizient umzusetzen. \“Um Produktionsprozesse zu integrieren, ist es notwendig sicherzustellen, dass die zwischen den Maschinen ausgetauschten Daten relevant, gehaltvoll und vergleichbar sind\“, erläutert Altmann. \“Datenanalyse gibt den für sich genommen dummen Rohdaten eine Bedeutung. So entsteht ein Bild über den aktuellen Status der Produktion, laufende Prozesse können feinjustiert werden, und Verantwortliche bekommen eine Idee von zukünftigen Entwicklungen, die in den Daten verborgen liegen.\“

Betriebsdaten ungenutzt

Den meisten Fertigungsunternehmen ist die Bedeutung von Datenanalyse für die Steuerung und Optimierung von Produktion, Betrieb und Wartung deutlich bewusst, wie die Studie der Universität Potsdam aufzeigt. In der Praxis erfolgt der Einsatz entsprechender Software jedoch eher spontan, einzelfallbezogen und wenig strategisch. Lediglich 37% der im Rahmen der Studie befragten Unternehmen werten ihre Maschinen- und Sensordaten überhaupt aus. Damit ist ein Großteil der Fertigungsbetriebe derzeit noch nicht fit für Industrie 4.0, obwohl die technischen und analytischen Instrumente längst marktreif zur Verfügung stehen und von einzelnen Vorreitern auch bereits erfolgreich eingesetzt werden. \“Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden, die Use Cases formuliert, und wir sehen, dass alles in der Praxis schon funktioniert\“, so Altmann. Fast alle in der Studie befragten Unternehmen nutzen weniger als die Hälfte der aktuell verfügbaren Unternehmensdaten für Analysezwecke. Wenn Daten überhaupt verwendet werden, dann stammen diese überwiegend aus ERP-oder CRM-Systemen. Sensor- und Maschinendaten, also die Basis für Industrie 4.0, machen nur einen vergleichsweise kleinen Anteil aus. Immerhin: Die Unternehmen wissen um die eigene Schwäche an dieser Stelle. Knapp die Hälfte der Befragten stellt sich selbst ein schlechtes Zeugnis aus, wenn es darum geht, die eigene Fähigkeit zur Integration interner Daten einzuschätzen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Mitarbeiter von Fertigungsunternehmen Datenanalyse weitgehend skeptisch betrachten. Dafür sei nicht zuletzt ein zu geringes Maß an Schulungsangeboten verantwortlich, erläutert die Studie.

Management ist sensibilisiert

Bei alledem gibt es dennoch gute Nachrichten: Die Studie der Universität Potsdam stellt auch heraus, dass das Top-Management der Analyse von Daten für die Unternehmenssteuerung, überwiegend positiv gegenübersteht. Damit ist eine Grundvoraussetzung dafür erfüllt, dass die Industrie den Impuls hin zur Umsetzung von Industrie 4.0 schafft. \“Es geht jetzt darum, den Gordischen Knoten zu durchschlagen und damit Aufbruchstimmung und Innovationslust in Gang zu setzen\“, resümiert Altmann. \“Wer sofort damit anfängt, verschafft sich einen Vorsprung, der so schnell nicht einzuholen sein wird.\“ Abwarten und zuschauen, was die anderen machen, ist für den SAS-Mann keine Option. \“Die eigenen Erfahrungen kann einem niemand abnehmen – jetzt ist die Zeit für Eigeninitiative.\“

Der südkoreanische Stahlkonzern Posco setzt unter anderem für die Optimierung von Industrieprozessen auf Analytics-Software von SAS. Beispiel: ein zu hoher Ausschuss bei warmgewalzten Stahlbändern. Herkömmliche statistische Verfahren konnten die Ursache dafür nicht identifizieren. Mit SAS fand sich durch die Analyse der physikalischen Prozesse eine Lösung, um den Ausschuss von 15% auf 1,5% zu senken. An anderer Stelle entdeckte die analytische Software den Auslöser für Profitabilitätsunterschiede zwischen verschiedenen Produktionsanlagen – dies war Ausgangspunkt für Optimierungsmaßnahmen, die jährlich 1,2 Millionen US-Dollar einbringen. Und auch die Lagerhaltung konnte mithilfe von Analytics entlastet werden. Nach entsprechenden Optimierungsmaßnahmen ist es Posco möglich, mit einem um 60% reduzierten Lagerbestand den Kundenbedarf in gewohntem Maß zu decken.

\“Wettbewerbsfaktor Analytics\“

Die zitierte Studie steht kostenfrei zum Download bereit: wettbewerbsfaktor-analytics.de

Unternehmen können ihren eigenen analytischen Reifegrad außerdem über eine Checkliste selbst ermitteln: www.sas.de

Vorreiter: Predictive Asset Maintenance bei Shell

Die Shell-Ölplattform Perdido im Golf von Mexiko fördert täglich bis zu 130.000 Barrel Öl und Gas. Sehr große Datenvolumen über Pumpleistungen, Bohrkernumdrehungen und Materialverbrauch werden automatisch an eine Auswertungsschaltstelle des Konzerns übermittelt. Eine Big-Data-Analytics-Software von SAS erkennt und diagnostiziert dort minimale Leistungsveränderungen. Das System sucht gezielt nach Abweichungen von bestimmten Datenmustern und gibt den Shell-Ingenieuren Hinweise auf den Zustand der Maschinen auf der Plattform im Meer. Z.B.alarmiert das System, wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine Förderpumpe demnächst ausfällt. Damit wird Shell in die Lage versetzt, durch die Informationen, die die Big-Data-Analytics-Lösung zutage fördert, fundierte Entscheidungen zu treffen. Durch den Datenaustausch zwischen den Maschinen und dem Informationszentrum lassen sich die Wartungs- und Reparaturzeiten drastisch reduzieren. Shell spart auf diese Weise Millionen Dollar. Wurden früher die Maschinen in regelmäßigen Intervallen abgeschaltet, um ihren Zustand zu kontrollieren, kann Shell heute wesentlich effizienter und kostenorientierter warten.

SAS Institute GmbH
http://www.sas.de

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