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Wireless in der industriellen Automatisierung: Entwicklungen und Tendenzen

Die Kommunikation in Maschinen und Anlagen erfolgt zur Zeit - und wohl auch künftig - zumeist über kabelgebundene Feldbussysteme sowie zunehmend über Ethernet-basierte Automatisierungsnetzwerke. Darüber hinaus zeichnet sich die drahtlose Kommunikation nicht nur im Freizeit- und Büro-Bereich, sondern auch in der industriellen Automation als weitere Möglichkeit zur Daten- und Signalübertragung ab.

Auf absehbare Zeit wird es keine drahtlose Maschine oder Anlage geben, denn die Kommunikation über eine Kabelverbindung ist in den meisten Applikationen auch weiterhin kostengünstiger, leistungsfähiger und zuverlässiger. In dynamischen Anwendungen, bei denen Daten zu bewegten, rotierenden oder temporären Teilnehmern übertragen werden müssen, stößt die kabelgebundene Installation oft an ihre Grenzen. Hier bewirkt die funkbasierte und damit verschleißfreie Datenübertragung eine Reduzierung von Kosten, Stillstandszeiten und Wartungsaufwendungen. Anlagen, in denen Flexibilität, Mobilität sowie die kostengünstige Einbindung von schwer erreichbaren Teilnehmern wichtig sind, profitieren ebenfalls von der Funkkommunikation. Funkkommunikation hält Einzug ins Feldbus-System In der industriellen Automation werden heute vielfach Feldbussysteme eingesetzt. Deshalb besteht bei zahlreichen Anwendern der Wunsch, einzelne Kabelstrecken im Feldbus-Netzwerk gegen transparente Funkstrecken auszutauschen. Die Realisierbarkeit einer transparenten Wireless-Übertragung von Interbus- oder Profibus-Systemen wurde Ende der 90er Jahre in diversen Studien und prototypischen Anwendungen nachgewiesen. Die hohen Technologiekosten der speziell auf die Feldbussysteme zugeschnittenen Funkkonzepte nahmen möglichen Lösungsansätzen aus Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten jedoch ihre Attraktivität (Bild 2). Neue Wireless-IO-Systeme, die schnell und preiswert sind und sich einfach in verschiedene Feldbussysteme integrieren lassen, verfolgen daher einen anderen Ansatz. Anstatt den Feldbus über aufwändige Funklösungen zum Feldgerät zu übertragen, werden die Daten der Feldgeräte mittels Standard-Wireless-Technologien von der Komponente an das Feldbussystem gesendet. Ein IO-Proxy bildet dabei die Verbindung zwischen Feldbus- und Wireless-Netzwerk. Das Bluetooth-System aus der Produktfamilie Fieldline von Phoenix Contact ist das erste Wireless-IO-System, das das beschriebene Konzept umsetzt. Als Funktechnologie kommt Bluetooth zum Einsatz, da sich dieser Standard durch eine robuste Kommunikation in der industriellen Umgebung auszeichnet. Wireless und Profinet arbeiten gut zusammen Mit dem Einzug von Industrial Ethernet in die Fertigungsautomation ist die transparente Funkkommunikation von Steuerungsdaten ebenfalls kostengünstig möglich. Insbesondere Profinet lässt sich einfach über die Wireless-Mainstream-Technologien wie WLAN 802.11 und Bluetooth (IEEE 802.15.1) übertragen. Für viele Anwender ergeben sich damit neue und zum Teil entscheidende Vorteile bei Profinet gegenüber den etablierten Feldbussystemen. Endlich ist eine drahtlose Kommunikation mit bewegten, mobilen oder rotierenden Maschinen- und Anlageneinheiten möglich (Bild 3). Bei der Planung entsprechend der Anwendungen ist zu berück-sichtigen, dass der Datendurchsatz, die Leistungsfähigkeit sowie das Verhalten einer Funkübertragung nicht mit den Eigenschaften eines drahtgebundenen LANs vergleichbar sind. Ein einfacher Tausch der Ethernet-Kabel gegen eine Funkstrecke ist daher nicht immer möglich. Hier können zusätzliche anwendungsbezogene Maßnahmen erforderlich sein. Dennoch wird Wireless-Profinet über WLAN oder über Bluetooth immer häufiger eingesetzt – auch wenn es hinsichtlich der Konvergenz zu Industrieanforderungen noch Potenzial für Optimierungen gibt. Die richtige Funktechnologie Mit Wireless-USB, UWB, WiMax oder ZigBee werden zahlreiche neue Funktechnologien für den Einsatz im industriellen Umfeld angeboten. Ihre technischen Leistungsdaten und Funktionalitäten hören sich viel versprechend an. In Industrieanwendungen geht es allerdings vornehmlich um die Erhöhung der Produktivität. Vor diesem Hintergrund müssen sich die Technologien neben der technischen Eignung für die jeweilige Anwendung auch durch langfristige Stabilität und Verfügbarkeit sowie durch ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis auszeichnen. Folgende Kriterien sind unerlässlich, damit sich die Funkübertragung als Standard langfristig in der industriellen Automatisierung behaupten kann: Die Spezifikation muss ausgereift und stabil sein. Die Funktechnologie muss sich im Consumer- und/oder Office-Umfeld millionenfach verkauft haben, um ihre langfristige Verfügbarkeit sicherzustellen. Es müssen ausreichende praktische Erfahrungen vorhanden sein, damit die tatsächliche Leistungsfähigkeit und Funktionalität bekannt ist. Die genannten Kriterien werden derzeit nur von den Funkstandards WLAN 802.11 und Bluetooth erfüllt. Viele Anwender stellen die Frage, ob nicht eine der beiden Funktechnologien alle industriellen Anwendungen abdeckt. Dass beide Standards ihre Berechtigung haben, zeigt folgendes Szenario aus der Praxis: In einer Maschine sollen 50 digitale Ein- und Ausgänge, die sich auf einem bewegten Maschinenteil befinden, alle 10ms zyklisch per Funk mit dem Maschinen-Netzwerk ausgetauscht werden. Die Nettodatenrate beträgt 10kBit/s. Diese Anwendung wäre sowohl mit WLAN 802.11 als auch mit Bluetooth realisierbar. In unserem Szenario befinden sich jedoch vier Maschinen in der Halle, die jeweils über eine eigene Funklösung zur Anbindung der lokalen Peripherie verfügen (Bild 4). Sind die Maschinen mit Bluetooth-Funktechnologie ausgerüstet, arbeiten sie störungsfrei parallel, selbst wenn noch weitere Maschinen hinzukommen. Dies resultiert aus der Tatsache, dass Bluetooth ein Frequenzsprungverfahren nutzt. Beim Einsatz einer WLAN 802.11b/g-Lösung stören sich die vier parallel funkenden Systeme gegenseitig, da jedes System bereits 22MHz des nur 83MHz breiten 2,4 GHz-ISM-Bands fest belegt. Pro Bereich lassen sich also nur drei WLAN 802.11b/g-Systeme störungsfrei parallel betreiben. Anders sieht es aus, wenn alle Maschinen per Funk in das Anlagen-Netzwerk integriert werden sollen. Hier bietet WLAN 802.11 die besseren Voraussetzungen, da es für große Netzwerke mit vielen Teilnehmern bei gleichzeitig hoher Performance und Mobilität (Roaming) ausgelegt ist. Auch mit IT-Anwendungen kann Wireless koexistieren Da das Frequenzband als Shared-Medium nur einmal für alle Funk-lösungen verfügbar ist, muss es möglichst effizient genutzt werden. Neben den Automatisierungs-Applikationen wird es in der Fertigungshalle auch von IT-Anwendungen beansprucht. Weil sie Interferenzen befürchtet, verweigert die federführende IT-Abteilung daher in manchen Unternehmen den Einsatz von Funknetzen für den produktiven Bereich (Bild 5). Der störungsfreie Parallelbetrieb von Bluetooth- und WLAN 802.11b/g-Lösungen ist seit der Bluetooth-Version 1.2, die seit rund drei Jahren verfügbar ist, möglich. Bluetooth verfügt mit dieser Version über einen automatischen Koexistenz-Mechanismus. Das adaptive Frequenzsprungverfahren (AFH) erkennt automatisch von anderen Funksystemen wie WLAN 802.11b/g genutzte Kanäle, die dann nicht mehr verwendet werden. Flankiert von weiteren Maßnahmen, wie der automatischen Sendeleistungsregelung, ist damit eine störungsfreie Koexistenz mit benachbarten WLAN-Systemen möglich. Fazit Der Einzug der Funktechnologien in die industrielle Automatisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Es zeichnet sich ab, dass Wireless zukünftig eine wichtige Ergänzung zu drahtgebundenen Netzwerken sein wird. Durch innovative Ideen sowie durch den kreativen Einsatz der Standards Bluetooth und WLAN 802.11 in Maschinen und Anlagen entstehen neue Lösungen, die die Bedeutung der drahtlosen Datenübertragung über den Kabelersatz hinaus hervorheben. Die tatsächlichen Nutzenpotenziale der Funkkommunikation sind dabei oft weniger im direkten Hardware-Kostenvergleich, sondern vielmehr in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung zu finden.

Phoenix Contact Deutschland GmbH
http://www.automation. phoenixcontact.com

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