Vorteile von Windows Embedded Standard 7 für PC-based Control

Das neue Microsoft-Betriebssystem Windows 7 findet im Consumer- und Businessbereich eine hohe Akzeptanz. Auch die seit Juni verfügbare Embedded-Version, Windows Embedded Standard 7, wird den Einzug in die Automatisierungswelt erfolgreich bestehen. Stefan Hoppe, bei Beckhoff Produktmanager für TwinCAT und Microsoft MVP Embedded Windows, gibt einen Überblick über die Vorzüge des neuen Embedded-Betriebssystem für die Automatisierung.

Mit Windows 7 hat Microsoft Ende 2009 den Nachfolger von Windows XP und Windows Vista auf den Markt gebracht, und die Verkaufszahlen lassen auf eine sehr gute Akzeptanz im Consumer- und Businessbereich schließen. Neben der Vollversion Windows 7 hat Microsoft wieder eine Embedded-Variante veröffentlicht. Ende April 2010 wurde die neue Version \’Windows Embedded Standard 7\‘ (kurz WES7), basierend auf Windows 7, gelauncht und steht seit Ende Juni in zwei unterschiedlichen Ausbau- und Preisstufen \’WES7-E\‘ und \’WES7-P\‘ offiziell als Release zur Verfügung. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen in der Anzahl parallel installierbarer Sprachen, im Umfang der unterstützten Multi-Touch-Funktionen und natürlich im Preis. Generell sind die Windows-Embedded-Versionen skalierbar, d.h. OEMs können den Umfang des Betriebssystems auf die Bedürfnisse ihrer Geräte zuschneiden – außerdem bietet Microsoft für die embedded-Versionen stets 10 Jahre Pflege und Support an – so ist für die bisherige, XP-basierende, Windows-Embedded-Edition mit dem offiziellen Namen \’Windows Embedded Standard 2009\‘ auch weiterhin Support bis zum Jahr 2018 gegeben. Vorteil für die Automatisierungstechnik Welche Vorteile bringt nun die neue WES7-Version speziell für den Einsatzbereich der Automatisierungstechnik? Zunächst beinhaltet WES7 alle neuen Basisfunktionalitäten von Windows 7: Neben der 32-Bit-CPU Version wird nun mit der Unterstützung von 64-Bit-CPUs der adressierbare Speicherbereich für Anwendungen erweitert. Während für die reine SPS-Steuerungsaufgabe auch im 32-Bit Adressraum noch genügend Reserve besteht, so kommen die Nachfragen zur 64-Bit-Version vor allem für anspruchsvolle Visualisierungs- oder Bildverarbeitungsanwendungen. Die ersten Visualisierungsfirmen bieten ihre neuesten Produkte nur noch auf der 64-Bit-Codebasis an. Auch die neue Multi-Touch-Funktionalität wird in aktuellen Bedienkonzepten ihren Einsatz finden. Mit Windows 7 ist auch das Thema \’Sicherheit\‘ aufgewertet worden: Neben der Benutzerkontensteuerung UAC (User Account Control) stehen nun auch \’Application Blocker\‘ und \’BitLocker\‘ in der Embedded-Variante zur Verfügung. Der AppLocker bietet die Möglichkeit, über drei Regeltypen (Erlauben, Verweigern und Ausnahmen) die Ausführung von User-Applikationen auf dem Rechner flexibel zu reglementieren. Der \’Problem Step Recorder\‘ (PSR) zeichnet bei Bedarf automatisch alle Interaktionen am Bildschirm mit, während der Bediener versucht ein Problem nachzustellen. Zu den von jeder Aktion erzeugten Screenshots können weitere Hinweise eingetragen werden, bevor der komplette Report zur besseren Reproduzierbarkeit an den Zulieferer gesendet wird. Robustheit bieten auch die von WES2009 bereits bekannten sogenannten \’Embedded Enabling Features\‘: EnhancedWriteFilter (EWF), FileBasedWriteFilter (FBWF) und der RegistryFilter (RF) bieten fein skalierbar die Möglichkeit, den Schreibzugriff auf ganze Partitionen, Verzeichnisse, einzelne Dateien oder Einträge in der Registry einzuschränken. Der größte Vorteil von Windows Embedded Standard 7 liegt für den Maschinenbauer und Geräteanbieter jedoch in einer deutlich größeren Flexibilität der Erzeugung und Handhabung der Images: Wenn bisher eine PC-basierte Steuerung in unterschiedliche Länder mit einer lokalisierten Betriebssystemoberfläche ausgeliefert werden sollte, so musste der Maschinenbauer stets neue Images in der jeweiligen Sprache vom OEM erzeugen lassen. Auch andere fehlende Komponenten konnte der Maschinenbauer nicht immer selber nachinstallieren – ein notwendiger Abstimmungsprozess mit dem OEM als Anbieter der Images zur Erzeugung eines kundenspezifischen Images war die Folge: Zur Erstellung eines erweiterten WES2009-Image konnten z.B. weitere Sprachpakete vom Target-Designer direkt aus 12.000 möglichen Komponenten ausgewählt und mit integriert werden. WES7 überzeugt mit einem komplett überarbeiteten Konzept und auch neuen Tools: Zunächst wird nur ein sogenanntes Core-Image erzeugt, auf dessen Basis alle weiteren Komponenten vom OEM oder Maschinenbauer nachträglich installiert werden können. So können Sprachen aber auch Treiber bequem und flexibel eigenständig und automatisiert ausgetauscht oder erweitert werden. Image Configuration Editor (ICE) vereinfacht Image-Erstellung Das neue Tool \’mage Configuration Editor\‘ (ICE) bietet zum Design neuer Images neben \’Minimum\‘ und \’Thin-Client\‘ nun auch direkt eine Option \’Industrial Automation\‘ als Projekt-Template an. Anschließend können aus übersichtlichen 300 Komponenten (die im Vergleich zu dem früheren Target-Designer deutlich besser strukturiert sind) die gewünschten Funktionalitäten des Betriebssystems festgelegt werden. Wichtige Hinweise zu Voreinstellungen (z.B. \’WriteFilter per Default nicht aktiv\‘) werden übersichtlich angezeigt. Als Ergebnis erzeugt ICE ein XML-basierendes \’Answer-File\‘. Nach einem Validierungsprozess auf ggf. fehlende Abhängigkeiten der Komponenten kann dieses Answer-File einfach auf einem präparierten Bootmedium, z. B. einem USB-Stick, auf dem auch der \’Image Building Wizard\‘ (IBW) verfügbar ist, bereitgestellt werden. Der IBW stellt das im Answer-File vorkonfigurierte Image direkt auf der Zielhardware zusammen. Der OEM kann hierbei Einstellungen am Betriebssystem noch manuell selektieren (z. B. Tastaturlayout und Zeitzone) und modifizieren. Spannender und in der Praxis relevanter ist jedoch der \’AutoUnAttend\‘-Modus, der das Image ohne Nachfrage erzeugt. WES7 unterstützt auch das Booten aus einer virtuellen VHD-Datei. Der Image-Building-Wizard legt in diesem Fall das skalierte Betriebssystem nicht in der gewohnten Verzeichnis- und Dateistruktur direkt auf dem Datenträger – z.B. der CF-Karte – ab, sondern erzeugt eine direkt bootbare VHD-Datei. In einigen Fällen kann dies eine deutlich einfachere Update-Strategie ermöglichen: Anstatt zur Sicherung von einem Speichermedium das in vielen Ordnern untergliederte Betriebssystem zu sichern, ist mit der VHD-Datei alles kompakt in einer einzigen Datei zusammengefasst. Die kleinste Core-Template-Konfiguration erzeugt ein fast 600MB großes Image – das vom mitgelieferten Template \’Industrial Automation\‘ erzeugte Image ist gute 1.8GB groß und enthält dabei diverse optionale Komponenten, wie .NET-Framework, Internet Explorer IE8, Internet Information Service (IIS7), Remote Desktop Protokol (RDP) und Diagnose-Tools. Ein voll ausgebautes \’Industrial Automation Image\‘ wird somit vermutlich auf 4GB Datenträgern ausgeliefert werden um noch Platz für Spracherweiterungen und die eigentliche Steuerungsapplikation zu bieten. Da über die letzten Jahre die Speicherpreise kontinuierlich gesunken sind, hat der größere Speicherbedarf auch im Automatisierungsbereich keine Relevanz. Mehr Flexibilität und einfacheres Handling mit DISM Viel Applaus dürfte Microsoft indes für das Tool \’Deployment Image Servicing and Management\‘ (DISM) ernten, das sowohl online als auch offline die Bearbeitung von Images erlaubt: Die Online-Option ermöglicht das Hinzufügen bzw. Löschen von Features, während das Image im Gerät läuft. Der Offline-Mode kann diese Features auch auf einem nicht gebooteten Datenträger durchführen: Wird eine Compact-Flash-Karte mit WES7-Image aus einem Automatisierungsgerät herausgenommen und in einen USB-Adapter gesteckt, lassen sich trotzdem Installationen in das WES7-Image auf der CF-Karte hinzufügen bzw. Features löschen. Bislang war es gar nicht möglich, in ein nicht laufendes Betriebssystem Komponenten offline auf einem Speichermedium nachzuinstallieren. Musste ein OEM in der Vergangenheit für 10 verschiedene Hardwaregeräte für je 10 verschiedene Sprachpakete insgesamt 100 verschiedene WES2009 Images erstellen und pflegen, so reichen nun wenige Basis­images auf die flexibel die gewünschten Lokalisierungen um – oder nachgerüstet werden können. Nützlich ist auch der Package-Scanner, der auch den Offline- und Online-Modus unterstützt und die Liste der im Image durch ICE und IBW konfigurierten sowie der nachträglich vom Kunden oder OEM installierten Komponenten erstellt. WES7 bietet eine vollständig überarbeitete Version des Branding an, mit der jegliche Hinweise beim Bootvorgang oder im laufenden Betrieb zum eingesetzten Betriebssystem eliminiert werden können. Anwender sehen keinerlei Texte, Bilder oder Hinweise, die auf die Microsoft-Herkunft deuten. Message-Blocker und der Message-Filter erlauben es, einzelne Nachrichten erst gar nicht zur Anzeige gelangen zu lassen, können deren Auftreten intern dennoch protokollieren und für Dialogboxen eine Defaultantwort vorgeben. Hardwareanforderungen Windows Embedded Standard 7 kann nicht auf beliebig älteren Hardwareplattformen ausgeführt werden. Neben der Verfügbarkeit der Treiber sind als minimale Anforderungen 512MB RAM sowie eine 900MHz-CPU gefordert. Da die Vollversion Windows 7 ein ACPI-kompatibles BIOS fordert, ist dies in der skalierbaren Version WES7 auch notwendig, auch wenn in der Praxis ein Controller mit SPS&Motion-Aufgaben im Betrieb nicht in der CPU-Frequenz herunter takten wird. WES7 bietet auch optimierte Treiber, die die Performance beim Schreiben von Daten auf die CF-Karte um bis zu Faktor 4 im Vergleich zu WES2009 erhöhen: Dies ist nützlich bei der Auslegung einer Unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV), wenn eine Maschine beim plötzlichen Herunterfahren noch aktuelle Daten auf einen von den Write-Filtern nicht geschützten Bereich auf der CF-Karte sichern soll. WES7 Ausbaustufen \’E\‘ und \’P\‘ Windows Embedded Standard wird in zwei Lizenzstufen angeboten: Während die WES7-E Version preislich vergleichbar mit dem Vorgänger WES2009 ist, muss für die WES7-P Version deutlich mehr gezahlt werden. In WES7-E wird nach Lizenzbedingung nur eine Landessprache für das Betriebssystem im Image erlaubt – es sind auch nicht alle Multi-Touch-Features enthalten. Mit dem beschriebenen, flexiblen DISM-Mechanismus zum Austausch der Lokalisierungen ist WES7-E in vielen Automatisierungsanwendungen aber ausreichend. Alle Features, wie das parallele Installieren von mehreren Sprachen, alle Multi-Touch-Funktionen bis hin zum Media-Center, bietet die WES7-P Version. Fazit Windows-Embedded-Standard-7 bietet teilweise erheblich verbesserte Performance gegenüber Windows XP und viele weitere Vorteile: OEMs und Kunden profitieren von dem flexibleren Image-Handling während des gesamten Lifecycles: angefangen beim Design und dem Erzeugen der Images bis zum nachträglichen Update bzw. Erweitern der Image-Funktionalität. Stabilität, Robustheit, ausgefeilte Sicherheitsmechanismen und ein verbessertes Powermanagement machen einen modernen Eindruck. Der Multi-Touch-Support ermöglicht die einfache Umsetzung neuer Bedien- und Kommunikationskonzepte. Nach der hohen Akzeptanz von Windows 7 im Consumer- und Businessbereich wird auch die Embedded-Version, Windows Embedded Standard 7, den Einzug in die Automatisierungswelt erfolgreich bestehen.

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG
http://www.microsoft.com/windowsembedded

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