Es scheint wie graue Vorzeit: Im Jahr 1995 wurden die ersten Fahrzeuge mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) ausgestattet. Heute gehört ESP zum Standard fast jeden Fahrzeugs. Deutlich jünger ist hingegen die Start-Stopp-Automatik – ein automatisch arbeitendes System zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs von Fahrzeugen. Noch gehört es längst nicht zur Serienausstattung bei Autos. Doch für die Automatisierungsbranche liegen in solchen Start-Stopp-Automatiken große Einsparpotenziale. Denn die Reduzierung des Energieverbrauchs gewinnt in der Indust rie und im Automatisierungsumfeld eine immer größere Bedeutung. Eine Start-Stopp-Automatik hilft dabei, Energie wirklich nur dann zu verbrauchen, wenn sie gebraucht wird. Für genau diesen Einsatzbereich bietet Siemens eine moderne Start-Stopp-Automatik: Profienergy schaltet Anlagen in Produktionspausen koordiniert ab. Profienergy ist ein durch die Profibus Nutzerorganisation e.V. (PNO) genormtes Profil und erlaubt es, herstellerübergreifend die unterschiedlichsten Devices in den Ruhezustand (Standby) zu versetzen. Die ersten Geräte mit diesem Profil sind bereits seit Herbst 2010 auf dem Markt verfügbar. Ihr Spektrum reicht inzwischen von dezentraler Peripherie über Antriebe und Motorstarter bis hin zu abschaltbaren Displays von Bedienstationen und Funktionsbausteinen zur Unterstützung der Programmierung. Energiesparen bei gleichzeitiger Produktivität – ein Widerspruch? Schlagworte wie \’Qualität\‘ und \’Quantität\‘ scheinen dem Wunsch nach Energieeinsparungen häufig entgegenzustehen. Dabei muss ein verminderter Energieverbrauch nicht im Widerspruch zu einer effizienten Produktion stehen, wie die Darstellung \’Energieeffizienz im Produktionszyklus\‘ zeigt. Wichtig ist dabei, zwischen den folgenden Phasen des Produktionszyklus zu unterscheiden: 1. Produktive Phase 2. Nicht-produktive Phase Das Profil Profienergy adressiert die nicht-produktive Phase, in welcher kein Stück produziert wird und folglich idealerweise keine Energie verbraucht werden sollte. Dabei ist Profienergy auch ganz besonders auf kürzere produktionsfreie Zeiten ausgerichtet. Denn während produzierende Unternehmen das Energiesparen häufig vor allem an Wochenenden und während der Werkferien praktizieren, indem sie via Hauptschalter die Produktionsprozesse zum Stillstand bringen, laufen ihre Anlagen in kürzeren produktionsfreien Zeiten – von kurzen Pausen bis hin zur arbeitsfreien Schicht – meist weiter und verbrauchen Energie, ohne Ergebnisse zu bringen. Mit Profienergy wird dagegen nicht mehr per Hauptschalter, sondern feingranular über das Netzwerk abgeschaltet, nämlich via Profinet (Bild 2). Das ermöglicht es, auch in kurzen Pausen die Fertigung abzuschalten. Potenzial Oft hört man Argumente wie \“Was bringt mir das Abschalten von Kleinstverbrauchern, beispielsweise von Anzeigeeinheiten?\“. Eine kleine Beispielberechnung veranschaulicht das Einsparpotenzial, wenn bei HMI-Panels (Human Machine Interface) die Hintergrundbeleuchtung abgeschaltet wird. Die Rechnung belegt: Durch eine scheinbar geringfügige Maßnahme lässt sich der Energiebedarf in drei Jahren um nahezu 3.000kWh senken. Laut einer durch die PNO beauftragten Studie des Instituts für Automation & Industrial IT (AIT) der Fachhochschule Köln zeigt sich für typische Produktionsanlagen der Automobilindustrie sogar ein Einsparpotenzial von über 50% in nicht-produktiven Phasen. Programmierung von Profienergy Für den Anwender ist der Aufwand, Profienergy zu nutzen, denkbar gering. Denn Profienergy hat eine einfach zu implementierende Datenschnittstelle, welche bereits vorhandene Dienste und Mechanismen des Kommunikationsstandards Profinet nutzt. Die Programmierung ist durch nachladbare Funktionsbausteine sehr einfach durchzuführen. Diese neuen Funktionsbausteine binden die Datenschnittstelle von Profienergy in die gewohnte Programmierumgebung ein und ermöglichen somit einen schnellen und leichten Einstieg in die Programmierung von Profienergy. Siemens unterstützt Profienergy bereits jetzt mit ersten Implementierungen im Automatisierungssystem Simatic S7. Im folgenden Beispiel wird eine dezentrale Peripherie (Simatic ET 200S) mittels der Engineeringsoftware Step7 über Profienergy abgeschaltet. In einem Netzwerk wird der Profienergy-Funktionsbaustein (FB815) für ein Profienergy-Device aufgerufen. Die Parametrierung und Bedienung erfolgt über den dazugehörigen Instanzdatenbaustein DB815 für das Profienergy-Device (Bild 4). Hierfür ist neben der Diagnoseadresse, über welche das Gerät adressiert wird, eine Information über die geplante Pausenlänge (PAUSE_TIME) notwendig. Aufgrund der Pausenlänge entscheidet das Gerät, in welchen Energiesparmodus es wechselt. Am Ende der Pause ruft der Anwender einfach wieder den Profienergy-Funktionsbaustein FB815 auf und sendet das \’END-Kommando\‘ an das entsprechende Gerät. Die beschriebenen Bausteine sowie Applikationsbeispiele sind auf den Service & Support-Seiten von Siemens zum Download verfügbar. Diese bieten die Möglichkeit, Profienergy schnell und einfach in ersten Produktionszellen oder Teilanlagen zu integrieren. Fazit Profienergy bietet den schnellen Einstieg durch leichte Integration in bekannte Produktfamilien mit nachladbaren Funktionsbausteinen. Mit der freien Gerätewahl durch den herstellerübergreifenden Standard bietet es jedem Anwender einen Wettbewerbsvorteil durch den Einsatz energiesparender Maschinen. Zudem trägt der Einsatz von Profienergy zum Umweltschutz bei, indem es den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen senkt. Kasten: Beispielberechnung – Einsparpotenzial durch Start-Stopp-Automatik bei HMI-Panels SPS/IPC/Drives: Halle2, Stand 201
Gute Stimmung auf der Control 2024
Zur 36. Control, die vom 23. bis 26. April stattfand, kamen 475 Aussteller.