Sicheres Mehrachssystem

Mehrachsautomatisierungssystem mit integrierter Sicherheits-SPS
Die Integration von Funktionaler Sicherheitstechnik im Servoregler hat sich mittlerweile im Markt etabliert. Motiviert durch die neue Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sowie den Normen IEC61800-5-2, IEC61508, EN ISO62061 und EN13849-1 nutzen viele Maschinenhersteller diese Situation, um im Rahmen der Risikoanalyse auch die Maschine und deren Inbetriebnahmezeiten zu optimieren. Dabei stehen heute verschiedene sicherheitstechnische Lösungen zur Verfügung. Von der einfachen parametrierbaren Einzelachs-Sicherheitsfunktion zieht sich der Bogen bis hin zur im Antrieb integrierten Mehrachs-Sicherheits-SPS.

Betrachtet man komplexe Produktionsmaschinen (z.B. Rohr- und Drahtbiegemaschinen oder Maschinen zur Blechbearbeitung mit mehr als zehn Achsen), so ist es sicherlich zu kurz gedacht, nur die Sicherheitsfunktion einer einzelnen Achse und besonders deren Inbetriebnahme zu fokussieren. Hier sind Konzepte gefragt, die mit nur einem Programm die gesamte Sicherheitsfunktion der Maschine betrachten. Mit einem zentralen Sicherheitsprogamm im Master werden die Aufwände für die Validierung der Sicherheitsfunktionen und die Serieninbetriebnahme drastisch reduziert. Die zeitaufwändige Inbetriebnahme jeder einzelnen Achse entfällt. Stehen des Weiteren Fragen nach sehr kurzen Reaktionszeiten, aber auch nach geringen Aufwänden für Wartung und Modifikationen im Raum, so ist die Sicherheitslösung mit einer Sicherheits-SPS, direkt in einem Servoregler integriert, ein \’Muss\‘. Die Safe-Motion-Architektur von LTi bietet eine solche zentrale SIL3-zertifizierte Sicherheits-SPS (Bild 2). Direkt im Servoregler integriert, können bis zu zwölf Achsen überwacht werden. Sie gewährleistet sehr kurze Reaktionszeiten, z.B. bei einer SLS-Überwachung von einer Achse von 4ms und bei sechs Achsen von 6ms. Eine sichere feldbus-basierende Achs-Querkommunikation erlaubt den sehr schnellen Austausch der sicherheitsrelevanten Daten zwischen bis zu sechs Achsen. Der Safety-Master in der ersten Achse steuert die Kommunikation und verteilt alle achsgebundenen Überwachungsfunktionen auf die einzelnen Achsen.

Sichere Überwachung von Zusatz- oder Spezialachsen

Jede Servoachse mit integrierter Sicherheits-SPS ist in der Lage, die Bewegung einer zusätzlichen zweiten Achse zu überwachen (Bild 3). Das ist ausreichend für eine sichere Bewegungsüberwachung von einer Vielzahl von Maschinen, z.B. einer Zwölf-Achs-Blechverarbeitungsmaschine. Es gibt verschiedene Gründe Servoachsen einzusetzen, die nur mit einer STO-Funktion ausgestattet sind, obwohl auch hier die Anforderung an eine sichere Überwachung der Achsbewegung besteht. Seien es Spezialantriebe für Hochfrequenz-Werkzeugspindeln oder aber auch Servoregler, die nicht über integrierte funktionale Sicherheitstechnik verfügen. Auch kann durch geeignete Kombination von Achsen mit und ohne integrierter Sicherheits-SPS ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis erzielt werden. Lediglich der Einsatz einer weiteren Geberauswertung ist erforderlich, um eine zweite Achse sicher zu überwachen. Diese \’Mithör-Option\‘ wertet einen an der zweiten Servoachse angeschlossenen sicheren SIL2 SinCos-Geber über die Parallelschaltung der Sinus- und Cosinus-Signale aus. Auch die Spannungsversorgung des Gebers wird überwacht. Die berechnete Drehzahl wird direkt in der Sicherheits-SPS für eine SIL2-konforme Überwachung verwendet. Folgende Sicherheitsfunktionen stehen der Option zur Verfügung:

  • SS1/SS2 – Not-Halt-Funktionsüberwachung nach den Stoppkategorien gemäß EN60204-1
  • SOS – Sicherer Betriebshalt
  • SLS – Sicher reduzierte Drehzahl
  • SDI – Sichere Richtungsüberwachung
  • SLI – Sicher begrenztes Schrittmaß (geschwindigkeitsabhängig)

Im Falle eines Fehlverhaltens der Zusatzachse und dem daraus resultierenden Auslösen eines Sicherheitsbausteins wird über digitale Ausgänge die Zusatzachse in den sicheren STO-Zustand versetzt. Somit ist die Einprägung eines Drehmomentes sicher gesperrt.

Umfangreiche sichere E/A-Peripherie

Sicherheits-Schaltelemente können direkt an den Servoregler angeschlossen und von der Sicherheits-SPS ausgewertet werden. Es steht hier folgende E/A-Peripherie pro Servoachse zu Verfügung:

  • jeweils vier sichere digitale Ein- und Ausgänge in SIL2 (SIL3 parallelverschaltet),
  • zwei sichere Ausgänge zur Ansteuerung von Motor- und Sicherheitsbremsen in SIL2,
  • eine sichere Resolverauswertung in SIL3,
  • eine sichere Auswertung für SinCos-Geber in SIL2/SIL3,
  • verschiedene sicherheitsgerichtete Optionen,
  • sicheres Bussystem (Ethercat FSOE),
  • sichere Überwachung einer zweiten Achse.

Die Parallelverdrahtung reduziert sich durch die serielle Querkommunikation auf ein Minimum. Sicherheits-Schaltelemente (Not-Halt, Lichtgitter, Laserscanner, Zuhaltung, Zustimmung, Betriebsarten-Wahlschalter u.a.) können auf die im System vorhandenen Achsen verteilt und im zentralen Safety-Master der Sicherheits-SPS ausgewertet werden. Zusätzlich können über die Querkommunikation zwei E/A-Module angeschlossen werden, die pro Modul über zwölf Eingänge und zehn als Ein- oder Ausgang konfigurierbare Anschlüsse verfügen. Somit steht dem Maschinenhersteller eine optimal skalierbare Anzahl an sicheren Ein- und Ausgängen zur Verfügung.

Zertifizierte Funktionsbausteine zur flexiblen Gestaltung der Maschinensicherheitslösung

Ein sehr wichtiger Faktor ist die Erstellung des Sicherheitsprogramms. Der Maschinenhersteller möchte mit bekannten Methoden und Programmiertechniken schnell und flexibel seine Sicherheitslösung für die komplette Maschine programmieren und in Betrieb nehmen. Kern der Sicherheits-SPS ist somit die grafisch orientierte PC-Software SafePLC S. Sie dient zum Konfigurieren, Parametrieren, Validieren und Programmieren der Maschinensicherheitsapplikation. Im ersten Schritt wird die Hardware konfiguriert (Bild 4). Hier werden die Servoachsen und bekannte Sicherheits-Schaltelemente ausgewählt. Die Baugruppen werden einfach per Drag&Drop platziert und konfiguriert sowie anschließend grafisch miteinander verknüpft. Die sichere Querkommunikation muss hierbei nicht explizit in Betrieb genommen werden. Die Systemkonfiguration ergibt sich aus der Reihenfolge bei der Auswahl der einzelnen Baugruppen. Im zweiten Schritt wird mittels eines Logikplans die Sicherheitslösung programmiert (Bild 4). Hierfür stehen grafische Funktionsbausteine zur Verfügung. Das sind einerseits die zertifizierten Sicherheitsfunktionsbausteine (STO, SS1, SS2, SOS, SLS, SLI, SLP, SDI, SBT, SCA u.a.) und andererseits verschiedene Logikbausteine (AND, OR, XOR, NOT, Timer, RS-Flip-Flop u.a.). Ein konfigurierbarer Meldekanal mit bis zu 32bit erlaubt die Übertragung von Statusinformationen über einen Feldbus an die überlagerte Maschinensteuerung. Abschließend erfolgen die Validierung der Anwendung mit der automatisierten Erstellung des Reports und der Download der Applikation in das Zielsystem. Der Download der Konfigurations- und Programmdaten auf die einzelnen Servoachsen erfolgt automatisch beim Einloggen auf die erste Achse, die gleichzeitig auch der Safety-Master ist. Umfangreiche Diagnosefunktionen erleichtern danach eine schnelle Inbetriebnahme. Für eine Serien-Inbetriebnahme kann nun das bereits validierte Maschinen-Sicherheitsprogramm in weitere Maschinen programmiert werden. Für die Entwicklung ähnlicher Maschinen, kann ein vorhandenes Programm einfach modifiziert, validiert und dann programmiert werden.

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Keba Industrial Automation Germany GmbH
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