Schnell und präzise: Einfaches Engineering von Kurvenantrieben mit Servoreglern

Die Kurventechnik steht für hohe Maschinengeschwindigkeiten mit einer Bewegungsführung, die gleichzeitig die Mechanik schont. Mit der Ablösung mechanischer Kurvenscheiben durch elektronische Lösungen ergben sich weitere Vorteile: Die Synchronisation der Werkzeuge zueinander und zur Bewegung des Materials führen in Verbindung mit sanften Fahrprofilen dazu, dass Maschinen schnell und ruhig laufen.

Im Vergleich zu mechanischen Lösungen ist die Bewegungstrimmung über Softwarefunktionen einfacher, flexibler und sicher reproduzierbar. Auch das Umschalten auf andere Bewegungsprofile benötigt weniger als 1ms, weil die verschiedenen Kurven im Speicher der Antriebsregler unmittelbar zur Verfügung stehen. Als \’Drive-based Automation\‘ hat Lenze diese Form der Motion Control in die L-force-Regler der Reihe Servo Drives 9400 implementiert.

Integrierte Kurventechnik

In der Praxis kommt Kurventechnik meist im Verbund mit mehreren Antrieben zum Einsatz. Die Lenze-Engineeringsoftware L-force Engineer stellt dafür Tools zur Verfügung, mit der sich alle Antriebe und Komponenten in einem Projekt bearbeiten lassen. Zusammenhängende Bewegungen und Nocken können im \’Cam Editor\‘ gleichzeitig eingeblendet werden. So hat der Anwender alle relevanten Objekte im Blickfeld und kann Bewegungsbeziehungen gut erkennen und aufeinander abstimmen. Im Cam Editor können Bewegungsprofile, Kennlinien und Nocken grafisch oder per Importfunktion eingegeben werden. Sie sind mit wenigen Mausklicks optimierbar und lassen sich anschließend in die Antriebsregler übertragen. Im Detail nimmt die Software die Bewegungsoptimierung nach den Bewegungsgesetzen der VDI 2143 vor. Zusätzlich steht das Polynom siebter Ordnung zur Verfügung. Das führt zu einem guten Ruckverhalten bei gleichzeitig hoher Ausnutzung der Überlastfähigkeit der Servo Drives 9400. Bei der Inbetriebnahme von Serienmaschinen erfolgt der Download von Kurven und Nocken automatisch zusammen mit den Parametern der Antriebe. Die Bewegungen sind wahlweise als übersichtlicher Bewegungsplan oder in Form einzelner Kurven- und Nockenspuren dokumentierbar.

Bibliothek erleichtert Arbeit

Lenze stellt typische Funktionen für Kurven, Gleichlauf oder Positionierantriebe als Bibliotheken im L-force Engineer zur Verfügung. Die darin enthaltenen Funktionsbausteine lassen sich zur Anpassung der Bewegungsführung direkt verwenden und über den Editor zu einem Signalfluss zusammenschalten. Bewegungen sind zudem online während des Betriebes veränderbar, Maschinenauswirkungen insofern sofort ersichtlich. Mit der Trimmungsfunktion sind Bahnen durch Dehnen und Stauchen oder über einen so genannten Positions-Offset veränderbar. Dabei wird die Funktion auf den Maschinenzyklus synchronisiert und sofort wirksam.

Signalfluss flexibel anpassen

Die Anpassung des Signalflusses an die Antriebsaufgabe und die Anbindung an die Steuerung (z.B. Steuer- und Statuswort) erfolgt über Funktionsbausteine, die im Editor verschaltet werden. Dazu werden Verbindungen mit der Maus zwischen den Funktionsbausteinen hergestellt. Sie lassen sind ebenfalls online bei laufender Maschine ziehen und verändern. Die Folge: Für Optimierungen oder Korrekturen müssen Maschinen nicht jedes Mal gestoppt werden. Das senkt den Zeitaufwand sowie den Materialverbrauch im Einrichtbetrieb – beispielsweise in Druck- und Verpackungsmaschinen.

Komplexe Bewegungsabläufe

Erfordern Maschinen komplexe Bewegungsabläufe, die noch gegeneinander zu vertrimmen sind, lassen sich die komplexen Bewegungen im Cam Editor auf mehrere, einfacher strukturierte Kurven aufteilen, um sie im Antrieb online wieder zusammenzuführen. Die Variante Servo Drives 9400 HighLine stellt dafür eine so hohe Rechenleistung zur Verfügung, dass der Regler auch mehrere Kurvenscheiben gleichzeitig berechnen und arithmetisch miteinander verknüpfen kann. Kurven sind hier wahlweise als Kennlinien oder Bewegungsprofile verwendbar. Das integrierte Nockenschaltwerk steuert im Automatisierungssys­tem die binäre Peripherie – etwa Ventile oder Düsen. Die Nocken lassen sich über die Benutzeroberfläche des Cam Editors im direkten Bezug zur Bewegung eingeben und optimieren. Der Funktionsbaustein \’Nockenschaltwerk\‘ korrigiert unter Berücksichtigung der Maschinengeschwindigkeit die Ansprechverzögerung der Peripherie. Virtueller Master und Kuppelsteuerung ergänzen die Kurvenfunktionalität bei Bedarf für jeden Antrieb.

\’Reißleine\‘ erhöht Sicherheit

Die Überwachung des Achsverbundes ist gerade in den Maschinen wichtig, bei denen Fehlfunktionen zu teuren Kollisionen der Werkzeuge führen können. Dazu verfügen die Servoantriebe mithilfe des integrierten Systembusses buchstäblich über eine \’Reißleine\‘. Stellt ein Antrieb eine schwerwiegende Störung des Achsverbundes fest, werden alle anderen Antriebe im Verbund informiert und können eine entsprechend parametrierte Funktion ausführen – beispielsweise das sofortige Verlassen des Gefahrenbereichs und kontrolliertes Stoppen. Die Reißleine funktioniert unabhängig vom Bussystem und stellt sicher, dass in kurzer Zeit reagiert wird.

Powerlink erhöht Dynamik

Die Gleichlauftechnik nutzt den \’Motion-Bus\‘, um die Elektrische Welle sowie die Status- und Steuerinformationen zu übertragen. Powerlink schafft hier die Freiheit beliebige Strukturen aufzubauen, z.B. Kaskaden oder Schienen für die Übertragung von Soll- und Istwerten. Zudem bietet das System eine hohe Bandbreite auch bei langen Leitungen. Weil sich die volle Auflösung moderner Gebersysteme nutzen lässt, erhöht das die Dynamik und Genauigkeit. Für Standardanwendungen unterstützten die Servoregler weiterhin die Leitfrequenzkopplung und verfügen über eine integrierte CAN-Schnittstelle.

Fazit

Die vollständige Integration der Kurventechnik in den L-force Engineer in Verbindung mit der Bibliothek fertiger Funktionsbausteine gestaltet den Aufbau von Mehrachssystemen komfortabel, sicher und einfach. Die Rechenleistung der Servo Drives 9400 schafft die Basis, mehrere Bewegungsprofile und Kennlinien gleichzeitig auszuführen. Die Kombination mit hoch auflösenden Gebern sowie echtzeitfähigen Ethernet-Bussystemen erhöhen die Dynamik und Präzision und letztendlich die Maschinenproduktivität. Die Arbeit mit einer durchgängigen Software senkt die Engineering-Kosten.

Lenze SE
http://www.lenze.com

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