Sichere Schifffahrt mit redundanten Steuerungssystemen:

Profinet an Bord der Bodenseefähre Konstanz

Automatisierungstechnik ist ohne Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) undenkbar. Deren Einsatzbereiche sind vielfältig. Geht es um die Sicherheit von Menschen, sind die Anforderungen an die Zuverlässigkeit, auch in rauen Umgebungen, extrem hoch. Damit die Schiffe jederzeit manövriert werden können, müssen die Komponenten, die für die Schiffsteuerungen eingesetzt werden, hohen Anforderungen genügen und die entsprechenden Zulassungen wie z.B. Germanischer Lloyd vorweisen. Zuverlässigkeit und Langlebigkeit sind in solchen Anwendungen unabdingbar.

Im Steuerungsbau für Schiffe müssen Automatisierungskomponenten ihre Zuverlässigkeit und Robustheit täglich im Praxiseinsatz unter Beweis stellen. Auf die Planung und Projektierung solcher Automatisierungslösungen hat sich die Industrie-Service Schmid Elektrotechnik GmbH (ISS) spezialisiert. Das folgende Beispiel von Schiffen mit Voith Schneider Antrieben (auch Voith Schneider Propeller, kurz VSP) zeigt, was das in der Praxis bedeutet. Hohe Betriebssicherheit Beim VSP sind die Flügel vertikal in einem Radkörper angeordnet (Bild 2). Zusätzlich führen sie überlagerte Schwenkbewegungen aus. Durch diese Antriebsart werden Schiffe sehr manövrierfähig. Die Anforderungen an die eingesetzte SPS zur Ansteuerung der Propeller sind dabei hoch. Zum Steuern des Schiffes gibt der Schiffsführer über einen Joystick am Steuerpult Fahrtrichtung und -geschwindigkeit vor. Seine Vorgabe wird von der SPS in elektrische Signale gewandelt. Diese werden dann schließlich an die Hydraulik als Verstellsignal für die Flügel übergeben. ISS hat jahrelange Praxiserfahrung mit der Ansteuerung von VSP. Zusammen mit den Experten für Hydrauliklösungen, der GKS-Hydraulik GmbH & Co. KG, rüstet ISS zahlreiche Schiffe mit neuen Steuerungen aus. Günter Schmid, Geschäftsführer von ISS, erklärt die Hintergründe: \“Bislang waren die Schiffe mit Schiffskabeln aufwendig direkt verdrahtet. In der neuen Lösung setzen wir nun auf Buskommunikation, genauer auf Profinet. Dadurch werden der Verkabelungsaufwand und somit auch die Kosten deutlich reduziert.\“ Die Steuerungen sind redundant ausgelegt, da auch beim Ausfall einer SPS zuverlässiges Manövrieren sichergestellt sein muss. Das neue Steuerungskonzept basiert auf einer Profinet-Lösung. Der redundante Aufbau ist mit zwei SPS und entsprechenden Slice I/O Baugruppen realisiert worden, die über Profinet miteinander kommunizieren. Im Störungsfall erfolgt eine Systemumschaltung in weniger als 10ms (Bild 3). Dadurch sind Kosten- und Platzeinsparungen möglich – das bei gleicher Sicherheit. Zur Wahl der eingesetzten Steuerungen erklärt Schmid: \“Betriebssicherheit spielt in dieser Anwendung eine große Rolle. In vielen anderen Projekten setzen wir schon seit Jahren auf die CJ-Steuerungen von Omron. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man diese Steuerungen einbauen, einschalten und dann vergessen kann, weil sie jahrelang problemlos arbeiten. Somit waren die Omron Steuerungen für uns auch in diesem Fall die erste Wahl.\“ Profinet-IO-Module für Buskommunikation Neben der Zuverlässigkeit sprachen noch weitere Argumente für die Steuerungen (Bild 4). Da in der beschriebenen Anwendung von der seriellen Verdrahtung auf Buskommunikation umgestellt werden sollte, stand ganz oben auf der Anforderungsliste die Profinet-Kommunikation. Profinet-IO wurde mit dem Ziel entwickelt, auch bei gemeinsam genutzter Infrastruktur einen zuverlässigen Echtzeitbetrieb zu ermöglichen. Der schnelle zyklische E/A-Datenverkehr umgeht die konventionellen TCP/IP-Schichten. Prioritätsmerker im Ethernet-Framework stellen sicher, dass E/A-Meldungen Verzögerungen in Netzwerk-Switches überspringen können. Ein großer Vorteil der eingesetzten Produktreihe Profinet-IO besteht darin, dass die dezentralen SmartSlice E/A-Stationen über integrierte Ethernet-Switches verfügen (Bild 5). Dadurch ist es möglich, sie wie in einer konventionellen linearen Feldbustopologie miteinander zu verbinden, ohne zusätzliche Hardware-Switches verbauen zu müssen. Im Ergebnis werden sowohl die Kosten als auch die Zeit, die für Installation und Verkabelung benötigt werden, stark reduziert. Dies war ein wesentliches Argument für den Einsatz der CJ-Steuerungen. Weltweiter Service Auch für den Fernzugriff via GPRS sind in der Steuerung entsprechende Standardbibliotheken vorgesehen, die das Einrichten erleichtern. Sollte ein Problem mit der Steuerung auftreten, kann ISS bei der neuen Lösung nun von ihrem Büro aus der Ferne darauf zugreifen, Fehler analysieren und beheben. Zudem sind Änderungen an Parametereinstellungen aus der Ferne mit geringem Aufwand möglich. Die Omron-Steuerungen haben einen Spannungseingang. Daher entfällt die Signal-Umwandlung von Spannung/Strom durch Messwandler. Das spart den Einsatz zusätzlicher Bauteile. Jedes Bauteil, das nicht eingesetzt wird, bedeutet eine potenzielle Ausfallursache weniger. Die Betriebssicherheit steigt, und die Kosten reduzieren sich. \“Mit ein Grund für den Einsatz dieser Komponenten war für uns aber auch die unkomplizierte Ersatzteilbeschaffung und zwar weltweit\“, berichtet Schmid. \“Liegt beispielsweise ein Schiff in einem Hafen in Frankreich und benötigt ein Ersatzteil, geben wir diesen Bedarf an den Hersteller weiter und das Ersatzteil wird direkt zum Schiff geliefert. Wenn nötig, reist auch ein französischer Omron-Außendienstmitarbeiter an, um das Problem zu beheben.\“ Softwarebausteine für modulare Anpassungen Die bisherigen Steuerungslösungen für die VSP sind über die Jahre gewachsen. Dabei wurde die Software immer komplexer. Bei der Neuentwicklung der Software lag daher auch ein Augenmerk darauf, dass sich die Software einfach weiter entwickeln und an veränderte Anforderungen anpassen lässt. Die CJ bringt für diese?Anforderung ein dazugehöriges Softwarepaket mit: Mit nur einem Software-Programm lassen sich alle für die Steuerung und Visualisierung benötigten Funktionen generieren und parametrieren. Wie wichtig Modularität bei Hard- und Software ist, wird deutlich, wenn man sieht, dass sich die VSP-Steuerungen von Schiff zu Schiff unterscheiden. Beim VSP werden als Verstellsystem für die Propeller selbst entweder Stellsysteme, Schwarz-Weiß-Ventile oder Proportionalventile eingesetzt. Dementsprechend ist der Einfluss auf das Steuersignal. So muss die Steuerung z.B. bei Schwarz-Weiß-Ventilen getaktete, bei Proportionalventilen dagegen analoge Signale bereitstellen. Die Anzahl der eingebauten Antriebe beeinflusst die Entwicklung der Steuerungssoftware ebenfalls. Üblicherweise haben Schiffe einen, zwei oder vier VSP Antriebe. \“Abhängig vom Verstellsystem und der Anzahl der Antriebe muss die Steuerungssoftware also jeweils an die individuellen Gegebenheiten angepasst werden\“, erläutert Schmid. \“Hier bringen die verwendeten Steuerungen Vorteile, da sich auch die Software selbst modular aufbauen lässt. Wir haben alle Softwarebausteine realisiert, die bislang in Anwendungen gefordert waren. Bei einem neuen Auftrag können wir auf die bereits vorhandenen und somit erprobten Module zurückgreifen und aus der richtigen Kombination relativ schnell eine passende Lösung zusammenstellen.\“ Wenn künftig Erweiterungen gefragt sind, kann ISS ein weiteres Software-Modul generieren. Die Software wird durch diese Modularität übersichtlicher, und zugleich erhöht sich die Wiederverwendbarkeit. Das Auge lenkt mit Größe und Richtung des Schubs wurden dem Schiffsführer früher über Balkendiagramme dargestellt. Es war also Know-how bei der Interpretation gefragt. Fahrtrichtung und Geschwindigkeit werden nun auf einem dimmbaren 10\“-Touchscreen der Omron NS-Serie dargestellt (vgl. Kasten 2). Über das Terminal werden auch alle Eingangssignale geteacht, während die Skalierung automatisch in der SPS erfolgt. Die dynamische Schiffspositionierung (DPS) über GSM ist ebenfalls integriert. Eventuelle Steuerungsprob­leme lassen sich als Meldungen ebenfalls auf dem Bedienterminal darstellen und in einem Logbuch speichern. Weil die Zugriffsrechte über Benutzerebenen geregelt sind, können die Aktionen eines jeden Bedieners ebenfalls im Logbuch abgelegt werden. Ein Datenlogger notiert zudem alle Soll- und Ist-Bewegungen der Steuerung. Bei einem Unfall beispielsweise lassen sich so Ursachen einfacher klären. Schmid resümiert: \“Von der Neuentwicklung der Steuerungslösung profitiert vor allem also der Anwender und das ist ja das Wichtigste. Durch das Redesign wurde die gesamte Lösung kompakter, zuverlässiger und sparsamer. Aufgrund des modularen Aufbaus lassen sich zudem Änderungen in Soft- und Hardware leichter realisieren.\“ Kasten 1: Flexibel manövrieren Voith-Schneider-Propeller sorgen weltweit auf dem Wasser für Bewegung. Sie werden hauptsächlich in Schiffen eingesetzt, die eine hohe Manövrierfähigkeit benötigen, wie z.B. Offshore Support Schiffe, Fähren, Tonnenleger oder Schlepper. Beim VSP-Antrieb sind Flügel senkrecht in einem Radkörper im Schiffsboden angeordnet und bewegen sich auf einer Kreisbahn. Zusätzlich führen sie überlagerte Schwenkbewegungen aus. Somit lässt sich bei dieser Antriebsart der Schub in Größe und Richtung unabhängig von der Drehzahl einstellen und zwar über die Steigung der Propeller. Die Schiffe werden dadurch sehr manövrierfähig, zugleich lässt sich der Schub fein dosieren und schnell in seiner Richtung verändern. Schiffe mit mehreren VSP können sich in jede Richtung, also auch seitlich, bewegen. Kasten 2: Über Industrie-Service Schmid Elektrotechnik GmbH Die Industrie-Service Schmid Elektrotechnik GmbH aus Hergensweiler bei Lindau versteht sich als Experte für Automatisierungslösungen. Das Leistungsangebot des Unternehmens reicht von der Modernisierung bestehender, nach konventioneller Technik aufgebauten Schaltanlagen bis hin zur Automatisierung neuer Anlagen. Dabei übernimmt das Unternehmen alle Aufgaben von Planung und Projektierung über CAD-Engineering, Beschaffung der Komponenten, Aufbau von Schaltschränken, Steuerungen, Bedienpulten und Steuertafeln, Fertigung, Energieanlagentechnik bis hin zur SPS-Programmierung, Montage, Inbetriebnahme, Service und Wartung. Weitere Informationen im Internet unter www.iss-elektrotechnik.de Kasten 3: Volle Kontrolle mit einem Fingerdruck

Omron Electronics GmbH
http://www.omron.de

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