Neues Zeitalter in der Verpackungstechnik

Packaging Valley Germany läutet Industrie 4.0 ein
\"Die Bedeutung von Verpackungen und der Verpackungstechnik wird im Zusammenhang mit Industrie 4.0 erheblich steigen!\" Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, führender Experte auf diesem Gebiet, zeigte sich auf den 2. Packaging Valley Days davon überzeugt, dass es sich bei Industrie 4.0 nicht mehr nur um eine Vision handele. Die anwesende Verpackungsbranche lieferte dafür gleich den Nachweis. Die Fachtagung des Clusters Packaging Valley Germany e.V. lockte am 10. und 11. April rund 250 Gäste aus 20 Ländern nach Schwäbisch Hall.

Industrie 4.0 steht derzeit im Rampenlicht der Fachwelt und vieler tagesaktueller Medien. Der Grund: Die Arbeitswelt wird neuerlich eine grundlegende Veränderung erfahren, ist Prof. Wahlster überzeugt. Wenn in (entstehenden) Produkten oder Verpackungen die Information gespeichert ist, wie die Prozesse zu gestalten sind – bis hin zum Transport, dann hat dies enorme Auswirkungen auf die gesamte Arbeitswelt. Maschinen erhalten neue Aufgaben; Menschen gehen in neue, in andere Fabriken. Prof. Wahlster (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, Saarbrücken) berichtete vom Phänomen der \’Mass Customization\‘. Das Beispiel Automobilindustrie zeigt, dass heute kein Fahrzeug mehr dem anderen gleicht; nicht nur optisch, auch technisch werden ständig Verbesserungen in Komponenten und Software eingeführt. Sogar Massenartikel wie Turnschuhe, Müsli und Schokolinsen sind heute in der Kleinstauflage 1 erhältlich. \“Industrie 4.0 bietet die Werkzeuge für eine Umsetzung nahezu ohne Mehrkosten\“, so Prof. Wahlster. Individualisierung wird immer mehr zur Normalität. Produkte, die den persönlichen Bedürfnissen angepasst sind, gelten bald nicht mehr allein deswegen als exklusiv.

Das Internet der Dinge – Maschinen im Netz

Semantische Produktgedächtnisse, gefüttert mit Informationen aus Lage-, Temperatur-, optischen und vielen anderen Sensoren, sind ein wesentlicher Faktor für das Funktionieren der sogenannten Smart-Factory. Zuckerwürfelgroße, XML-basierte-Webserver mit Funktechnologie und der Ersatz der vielen unterschiedlichen Feldbussysteme durch TCP-Protokolle erlaubt eine Interaktion zwischen Maschinen, dem Produkt und der Verpackung. Da Sensoren heute schon extrem preiswert sind und mit W3C (World Wide Web Consortium) Standards vorhanden sind, ist laut Prof. Wahlster der Weg frei zum \’Service-Oriented Cyber-Physical\‘-Produktionssystem. Dies sind automatisierte, interagierende Systeme, die abhängig von ihrem Kontext arbeiten. Der umgebende Maschinen-, Transport- und Roboterpark ist somit ein \’Service-Angebot\‘, das vom Produkt angefahren und in Anspruch genommen wird. Kommt es beispielsweise an einer Stelle zu einem Verarbeitungsstau, sucht sich das Produkt selbst eine bessere Alternative. Ein anderes Beispiel: Für ökologische Produkte werden besonders energiearme Herstellverfahren ausgewählt. Die Verpackung erfüllt darüber hinaus zusätzliche Aufgaben, verdeutlichte Prof. Wahlster: Der in oder an der Verpackung enthaltene Informationsumfang lässt sich deutlich erweitern, beispielsweise wird die gesamte Herstellkette transparent. Die Verpackung kann auch zuhause zum Beobachter und Wächter werden: Wenn z.B. lichtempfindliche Inhaltsstoffe zu lange Strahlung ausgesetzt sind, kann automatisch eine Warnung erfolgen – was wiederum automatisiert über ein Smartphone geschieht. Die anwesende pharmazeutische Industrie zeigte sich aufgrund ihrer komplexen Zertifizierungsverfahren etwas zurückhaltender hinsichtlich Industrie 4.0, wenngleich mit der personalisierten Medizin ein Zukunftsszenario im Raum steht, das in der technischen Umsetzung stark von Industrie 4.0 profitieren könnte.

Plasma, Service und offene Türen

Weitere interessante Technologien wurden vorgestellt, wie z.B. die Oberflächenbehandlung mit Plasmatechnologie zur Sterilisierung bis hin zur verbesserten Adhäsion. Neue Anforderungen, Technologien und Potenziale im Service des Maschinenbaus wurden diskutiert. Am zweiten Veranstaltungstag öffneten die Unternehmen im Packaging Valley Germany ihre Türen und zeigten aktuelle Maschinenkonzepte, vom partikelfreien Transportsystem über Blow-Fill-Seal bis hin zu extrem präzisen Fülleinheiten in Kombination mit flexiblen Robotertechnologien.

Rund 8.000 Menschen arbeiten im Packaging Valley innerhalb des Verpackungsmaschinenbaus. Der Exportanteil liegt hier oftmals über 80%, die USA und ganz Europa sind wichtige Absatzgebiete – jetzt kommen die Emerging Markets in Südamerika und Asien hinzu. Diese gewachsene Industriestruktur mit über 40 Verpackungsmaschinenherstellern und Zulieferbetrieben, darunter zahlreiche Weltmarktführer, hat 2007 den Verein \’Packaging Valley Germany e.V.\‘ gegründet. Eines der wichtigsten Anliegen des Vereins ist, auf diese weltweit einzigartige Konzentration und Kompetenz aufmerksam zu machen. Potenzielle und bestehende Kunden können sich im Landkreis Schwäbisch Hall und den angrenzenden Regionen auf kleinstem Raum über führende Verpackungslösungen informieren.

Packaging Valley Germany e.V.

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Maschine läuft 
auf Knopfdruck

Maschine läuft auf Knopfdruck

Maschinen mit hohem Automatisierungsgrad und möglichst großem Kundennutzen liegen in der Holzbearbeitung im Trend. „Ein Programmwechsel der Maschine sollte im Prinzip auf Knopfdruck möglich sein“, betont Denis Lorber, Leiter Forschung und Entwicklung von Holz-Her in Nürtingen. „Der Kunde will in der Regel die fertig eingestellte vorpositionierte Maschine.“ Früher ein Alleinstellungsmerkmal großer Industriemaschinen, gilt dieser Anspruch heute für alle Baureihen – bis hin zu Einstiegsmaschinen. Möglich macht das unter anderem dezentrale Antriebstechnik.

mehr lesen