DIMA - auf dem Weg zur wandlungsfähigen Produktion

Modultausch on-the-fly

Produzierende Unternehmen stehen vor der Herausforderung, immer schneller auf sich ändernde Marktanforderungen reagieren zu müssen. Grundsätzlich - und vor allem langfristig - gelingen kann ihnen das allerdings nur, wenn sie über Maschinen und Anlagen verfügen, die ausreichend wandlungsfähig sind, um sich immer wieder einfach anpassen zu lassen. Mit Dima (Dezentrale Intelligenz für Modulare Anlagen) hat Wago eine Methodik zur Automatisierung modularer Anlagen präsentiert, die exakt dieser Anforderung gerecht wird. Auf der Hannover Messe wird die Umsetzung von Dima anhand einer prototypischen Anlage präsentieren.

Nichts ist beständiger als der Wandel, sagt der Volksmund. Und explizit mit Blick auf unser Konsumverhalten hat er damit sicher nicht Unrecht. Die Auswirkungen: Produzierende Unternehmen werden mit Marktanforderungen konfrontiert, die so dynamisch und komplex sind, dass sie sich kaum antizipieren lassen und einen erheblichen Einfluss auf die Produktion dieser Unternehmen haben: Der Wunsch nach individuellen Gütern führt zu einer höheren Variantenvielfalt – teilweise bis zur Fertigung von individualisierten Produkten. Die globale Verfügbarkeit von Waren sorgt für schwankende Auftragseingänge und sich regional verschiebende Absatzmärkte. Kürzere Produktlebenszyklen reduzieren sowohl die Entwicklungszeit als auch die schlussendlichen Lieferfristen. Weniger vom Marktverhalten gesteuert, aber mit nicht minder großem Einfluss auf die Produktion der Unternehmen verbunden, sind überdies neue Technologien, Gesetze oder Regularien. So herausfordernd sie sind, so wichtig ist es für produzierende Unternehmen diesen Veränderungen Rechnung zu tragen, um selbst wettbewerbsfähig bleiben zu können. Denn, wie es bereits Charles Darwin formulierte: \“Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, aber diejenige, die am anpassungsfähigsten auf Veränderungen reagiert\“. Um mit den dynamischen Marktveränderungen Schritt halten zu können, müssen sich produzierende Unternehmen wandeln – sich und ihre Produktionsprozesse. Was gefragt ist, sind Produktionsprozesse die schon heute den Marktbedürfnissen von morgen gerecht werden, oder viel mehr: Produktionsprozesse, die ausreichend wandlungsfähig sind, um sich zuverlässig an Anforderungen anzupassen, die heute möglicherweise noch gar nicht gedacht werden. Explizit mit Blick auf die technologischen Grundlagen einer Produktion stellt sich für Unternehmen darum heute mehr denn je die Frage nach der Zukunftsfähigkeit ihrer Maschinen und Anlagen. Produktionsprozesse sind dann wandlungsfähig, wenn sie universell, mobil, skalierbar, modular und kompatibel sind. Für Maschinen und Anlagen, die in den Produktionsprozess integriert sind, gelten entsprechend die gleichen Anforderungen: sie müssen ebenfalls universell, mobil, skalierbar, modular und kompatibel sein, um die Wandlungen eines Produktionsprozesses überhaupt ermöglichen zu können. Die Wandlungsfähigkeit einer Anlage darf sich dabei jedoch nicht auf ihren physischen Aufbau beschränken. Explizit das Automatisierungssystem muss etwaige Veränderungen ermöglichen und entsprechend wandlungsfähig sein.

Dima: Durch und durch wandlungsfähig

Eine Automatisierungsstruktur, die eben diese Charakteristika der Universalität, Mobilität, Skalierbarkeit, Modularität und Kompatibilität erfüllt, hat Wago im November 2014 vorgestellt. Gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden und der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg wurde mit Dima ein neuer Ansatz für die Automatisierung modularer Prozessanlagen präsentiert, die das Integrationsengineering einer Anlage deutlich verkürzen und einen späteren Umbau der Anlage erleichtern sollte. Herzstück des Dima-Ansatzes ist das MTP (Module Type Package): eine neue Definition für die Beschreibung von verfahrenstechnischen Anlagenmodulen. In diesem Modulbeschreibungsmodell wird die Information abgelegt, die zur anwenderunabhängigen Integration eines Anlagenmoduls in die Prozessführungsebene (PFE) einer Anlage notwendig ist. Es umfasst bei Nutzung der OPC-Technologie folgende Informationen:

  • Generische und zielsystemunabhängige Beschreibung des Modulbedienbildes
  • Bedienbildelemente mit vereinheitlichter Schnittstelle und Beschreibung des darzustellenden Informationsumfangs für jedes Bedienbildelement
  • OPC-Variablen-Bezeichnungen, die für die Bedienbildelemente und veröffentlichten Dienste benötigt werden
  • Definition der genutzten Zustände gemäß des Zustandsübergangsmodells der DIN EN61512
  • OPC-Variablen-Bezeichnungen der genutzten Dienstparameter

2015 hatte sich die Namur dazu entschieden, den Dima-Ansatz zu übernehmen und weiter zu entwickeln. Ziel sollte es dabei sein, das von Wago vorgestellte MTP in den Bereichen Prozessführung, Visualisierung, Alarmmanagement und Diagnose zu spezifizieren. Die Arbeitsaktivitäten der Namur und des ZVEI umfassen dazu mehrere Arbeitskreise.

Vortstellung prototypischer Dima-Anlagen

Parallel dazu hat Wago zusammen mit der TU Dresden und der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg den Dima-Ansatz in zwei prototypischen Anlagen realisiert. Die Dima-Anlagen bestehen jeweils aus vier Modulen. Jedes Modul bildet dabei einen typischen verfahrenstechnischen Prozessschritt ab: Mischen, Destillieren, Filtern und Abfüllen, respektive Mischen, Reagieren, Filtern und Abfüllen. Jedes der vier Anlagenmodule ist mit einer eigenen PFC200 Steuerung von Wago ausgestattet. Über diese werden alle Abläufe innerhalb des Moduls gesteuert, u.a. die Kommunikation zu den Feldgeräten, die mittels unterschiedlicher Protokolle realisiert werden kann, die Überwachung von Verriegelungen innerhalb des Moduls sowie die Berechnung von modulinternen Regelkreisen. Die Programmierung der Steuerungen erfolgt mittels der Engineering-Software e!Cockpit. Durch die Verwendung dieser Software ist der Modulhersteller in der Lage, das erforderliche MTP automatisch aus dem Quellcode der Modulsteuerung zu generieren. Der Modulhersteller kann dabei kundenindividuelle Dienste und Bedienbilder auswählen und exportieren. Diese Auswahlfunktion erlaubt es ihm, ein umfangreiches Wiederverwendungskonzept aufzubauen – eine weitere Möglichkeit projektbezogene Kosten zu verringern. Um die Module darüber hinaus unabhängig voneinander parametrieren und diagnostizieren zu können, verfügt jedes Anlagemodul über ein eigenes Bedien-Panel – das e!display von Wago.

Kommunikation über OPC UA

Die Versorgung der Anlagenmodule wird über den Backbone realisiert, an den die Module sternförmig mit Versorgungsleitungen angeschlossen sind. Über diese Leitungen werden sowohl die erforderlichen Medien, wie 230V elektrischer Spannung und Druckluft in Höhe von 6bar, transportiert, als auch alle erforderlichen Informationen. Im Backbone befindet sich entsprechend auch das Prozessleitsystem der Anlage. Es dient der Prozessführung, Visualisierung und Bedienung der Gesamtanlage. Die Kommunikation zwischen den Modulen und dem Leitsystem des Backbones erfolgt über OPC UA. Mit OPC UA können Kommunikationsvariablen semantisch angereichert werden. In der prototypischen Dima-Anlage wird das Prozessleitsystem Zenon von Copa-Data eingesetzt. Es verfügt über eine MTP-Schnittstelle und liest darüber die erforderlichen Informationen des Moduls ein. Um diesen Vorgang so effizient wie möglich zu gestalten, haben Copa-Data und Wago gemeinsam ein MTP-Handling- und Managementsystem entwickelt, mit dem der Nutzer verschiedene MTPs einlesen und nachverfolgen kann, welche Artefakte im Prozessleitsystem durch welches MTP erzeugt wurden. Entscheidet sich der Anlagenbetreiber nach der Inbetriebnahme seiner Anlage dazu ein Anlagenmodul aus der Gesamtarchitektur der Anlage zu entfernen, können die Bedienbilder oder Rezeptanteile, die zum Zeitpunkt der Integration des Anlagenmoduls erstellt worden sind, problemlos gelöscht werden. Das sichert eine konsistente und fehlerfreie Arbeitsweise, die dem Anwender zu jeder Zeit den Überblick über den aktuellen Status quo seiner Anlage gibt. Auf der Hannover Messe wird Wago die prototypische Dima-Anlage an seinem Stand präsentieren. Das Integrationsengineering der Anlage, das Numbering-up einzelner Anlagenmodule oder den Austausch von Anlagenmodulen, die mit Hilfe der Dima-Methodik deutlich vereinfacht möglich sind, werden anhand von An- und Abkoppelvorgängen des Filtermoduls demonstriert.

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WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG
http://www.wago.com

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