Mehr Sicherheit im Tunnel- und Bergbau

Neben höchstmöglicher Sicherheit ist die Verfügbarkeit von unter Tage verwendeten Maschinen besonders wichtig. Ein hoher Integrationsgrad der Automatisierungstechnik bringt in diesem Zusammenhang entscheidende Vorteile. Am Beispiel einer neuen Teilschnittmaschine wird gezeigt, dass nicht nur der Betreiber, sondern auch der Maschinenbauer von hochintegrierter Automatisierungstechnik profitiert.

Teilschnittmaschinen der IBS Industriemaschinen-Bergbau-Service GmbH, einem Unternehmen der Schmitt Werke in Bischofsheim/Rhön, sind weltweit im Tunnel- und Bergbau im Einsatz. Ihren guten Ruf verdanken sie der hohen Innovationskraft, die sich in einer kontinuierlichen Steigerung von Sicherheit und Bedienkomfort niederschlägt. Auch die jüngste Entwicklung, die Teilschnittmaschine SM 150, bringt eine deutliche Erleichterung für den Bediener: Die Bedienkabine ist nicht mehr auf der Maschine selbst untergebracht, sondern kann über ein Spezialkabel bis zu 500m davon abgesetzt werden. Eine mithilfe eines radarbasierten Teleremote-Operator-Assistance-Systems erstellte Computeranimation in der Kabine ersetzt den direkten Blick auf die Ortsbrust, der oft durch Staubentwicklung stark eingeschränkt ist. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Bedienkabine in einem Querschlag aufgestellt werden kann und damit im Falle eines Gasausbruchs aus dem Gefahrenbereich einer etwaigen Druckwelle und den mit giftigen Gasen und Staub angereicherten schlechten Wettern genommen ist.

Erhöhte Anforderungen an die Automatisierungstechnik

Zur Kapselung der Automatisierungstechnik auf der Maschine ist eine schlagwettergeschützte Station vorgeschrieben. Das Panzerglas für das Fenster in der 2cm dicken Stahltür muss Granatenbeschuss widerstehen, um zugelassen zu werden. Grund für diese Sicherheitsvorkehrungen: Im Falle einer Explosion oder eines Brandes innerhalb des Schaltschrankes muss gewährleistet sein, dass hiervon nichts nach außen dringen kann und ein schlagendes Wetter (Grubengasexplosion) auslösen könnte. Das Risiko einer Funkenbildung muss deshalb durch eine geeignete Zündschutzart minimiert werden. Sollte sich ein Funke bilden, muss die Explosion auf den Innenraum des Schaltschranks begrenzt bleiben. Im Außenbereich werden Staub- und Funkenentwicklung im Betrieb u.a. durch Wassernebel- oder Schneidspurbedüsungssysteme minimiert. Die Einbindung von Einrichtungen zum Schutz vor Schlagwetter und mechanischem Verschleiß erfordert fehlersichere Automatisierungstechnik. Die neue Siemens-Automatisierungslösung unterstützt das Sicherheitskonzept und sorgt zudem für erhöhte Verfügbarkeit und damit für einen besonders wirtschaftlichen Betrieb der Hightech-Maschine. Sven Erb, Leiter der Elektrokonstruktion bei IBS: \“Der hohe Integrationsgrad von Simatic-Controllern, eigensicherer dezentraler Peripherie, Comfort Panel, Simocode pro Geräten und Sirius-Schalttechnik im TIA-Portal hat den Ausschlag für die gewählte Lösung gegeben.\“

Integrierte Sicherheitsfunktionen, erhöhte Verfügbarkeit

Die SM 150 ist mit Drucksensoren und Gaswächtern für die umgebende Atmosphäre ausgerüstet. Die entsprechenden Nothaltkreise sind in die zentrale Steuerung, eine fehlersichere Simatic S7-300 integriert. Diese ersetzt die beiden bisherigen Steuerungen, die Standard- und sicherheitsgerichtete Aufgaben getrennt voneinander bearbeiteten. Step 7 im TIA-Portal als gemeinsames Engineeringwerkzeug ersetzt die beiden bisher benötigten Tools, zusätzliche Kommunikationsverbindungen entfallen. Das erleichtert die Projektierung, erhöht die Flexibilität und macht Fehlersuche und -behebung effizienter. Die Verfügbarkeit nimmt zu, der Betrieb ist sicherer. Für die Visualisierung und Diagnose ist ein Simatic Comfort Panel in den Schaltschrank eingebaut. Darüber wird auch die eigensichere Peripherie ET 200 iSP am Profibus diagnostiziert. Aus dem Portfolio der ET 200 iSP sind fehlersichere Baugruppen, die für Applikationen bis SIL 3 zugelassen sind, im Einsatz. Sven Erb: \“Da die ET 200 iSP eine Zulassung für die Gerätegruppe I Kategorie M2 besitzt, ist sie die ideale Anbindung für die eigensicheren Stromkreise auf der Maschine. Vorher wurden Koppler verwendet, die eigensichere Signale zu nicht eigensichern Signalen gewandelt haben. Diese Koppler mussten im Fehlerfall händisch ausgemessen werden: Sensor, Sensorleitung, Koppelkarte, Stationsverkabelung oder SPS-Eingang waren dabei gesondert zu überprüfen. Mit ET 200 iSP ist es möglich, alle Fehler, von der Steuerung bis zum Sensor, mit entsprechender Bausteinauswertung direkt am Panel zu visualisieren. Die Fehlersuche wird dadurch extrem vereinfacht, außerdem können wir etwa die Hälfte der Bauteile für diese Funktionen einsparen.\“ Entsprechendes gilt für die Motormanagement- und Steuergeräte Simocode pro. Sie registrieren die erhöhte Stromaufnahme bei mechanischen Blockaden und schützen die zugehörigen Motoren durch sofortiges Abschalten. Gegenüber den bisherigen deutlich trägeren Thermoschutzeinrichtungen kommt es zu wesentlich weniger Verschleiß. Die Motoren erreichen eine deutlich längere Lebensdauer. Zusätzlich sind alle Sirius-Vakuumschütze, die eingesetzt werden, um die Wärmeentwicklung im Schaltschrank zu begrenzen, in die Projektierung integriert und können über das Comfort Panel diagnostiziert werden. Sie können Spannungsschwankungen von 200 bis 277V ausgleichen. Sven Erb: \“Von besonderer Bedeutung für die Verfügbarkeit der Maschine ist die Tatsache, dass das komplette TIA-Portal-Projekt inklusive Parametrierung der eingebundenen Geräte auf den fehlersicheren Simatic-Controller geladen wird. Sollte beispielsweise ein Simocode pro Gerät oder eine Anschaltung der dezentralen Peripherie ausfallen, genügt es, eine neue Baugruppe zu stecken – die Parametrierung wird automatisch auf das Ersatzgerät aufgespielt. Spezielles Know-how ist für die Instandsetzung nicht erforderlich. Ein neuerliches Parametrieren und Inbetriebnehmen kann entfallen.\“

Erleichterte Bedienung, innovative Instandhaltungsstrategien

Bei der SM 150 bekommt der Bediener die wichtigsten Meldungen vom Simatic-Comfort-Panel gefiltert in die Computeranimation der Bedienkabine übertragen. Für die Verbindung der abgesetzten Kabine mit dem Schaltschrank auf der Teilschnittmaschine dient eine DSL-Strecke und ein MOD-Bus-Signal. Sven Erb: \“Bisher gab es bei der Fehlerdiagnose nur eine Reihe von LEDs für Sammelmeldungen, für das visuelle Erkennen musste der Bediener durch ein Bullauge an der Maschine schauen. Stundenlanges Fehlersuchen war keine Seltenheit. Die automatische Systemdiagnose mit Klartextmeldungen erlaubt allen Beteiligten eine ungleich schnellere Fehlerbehebung.\“ IBS-Kunden schätzen die Möglichkeit, das Meldearchiv des Comfort Panels auf Trends hin auszuwerten. Das Meldearchiv speichert automatisch: Wenn die SD-Karte voll ist, werden die ältesten Meldungen überschrieben. Dank einer speziellen eigensicheren DSL-Technik, ist auch ein Netzwerkzugriff im Unter-Tage-Kohlebergbau möglich. Das ist ein Highlight des Projekts, da hierdurch normale Telefonleitungen genutzt werden können. Allerdings ist die Geschwindigkeit der Datenübertragung sehr gering. Da ein Netzzugriff unter Tage nur erschwert möglich ist, speichert das Comfort Panel für die Betreiber der in Mexiko genutzten SM 150-Maschinen in regelmäßigen Abständen das Meldearchiv und den zeitlichen Verlauf aller Betriebsdaten auf SD-Karten. Diese werden später in der Zentrale ausgewertet. Sven Erb erläutert den Nutzen: \“Neben betriebswirtschaftlichen Kenngrößen lassen sich dabei Aussagen über den Zustand der Maschine gewinnen und für eine vorausschauende Instandhaltung nutzen. Auch das ist eine Möglichkeit, die Verfügbarkeit zu steigern und eine höhere Wirtschaftlichkeit im Betrieb zu erreichen.\“ Der mexikanische Kunde hat bereits für weitere Maschinen Interesse bekundet -ein Zeichen für hohe Kundenzufriedenheit.

30 Prozent Zeiteinsparung bei Engineering und Inbetriebnahme

Für das Engineering nutzen Sven Erb und seine Mitarbeiter ein Simatic-Field PG M4 mit TIA-Portal V13 SP1. Vorhandene Projekte wurden von Step 7 Classic auf Step 7 im TIA-Portal migriert. Auf dem Field PG sind beide Versionen installiert und können auch im Dual-Boot-Betrieb parallel genutzt werden. Sven Erb: \“Die Performance des Programmiergeräts ist hervorragend. Es ist ein großer Vorteil, dass Hard- und Software optimal aufeinander abgestimmt sind und man sich auch bei Updates auf ausreichende Systemressourcen verlassen kann.\“ Erb hat Software-Update-Services für alle Simatic-Software-Produkte abonniert und erhält regelmäßig verfügbare Updates mit aufeinander abgestimmten Versionen von Step 7 und WinCC im TIA-Portal. \“Die Möglichkeit, die TIA-Portal-Oberfläche individuell gestalten zu können, erleichtert die Arbeit deutlich. Damit erreichen wir gegenüber der \’Classic-Welt\‘ Zeiteinsparungen von etwa 30 Prozent. Entscheidend dafür ist im Wesentlichen die gemeinsame Datenbasis von Step 7 und WinCC. Variablen können direkt übernommen werden und – was mir besonders wesentlich erscheint – Anwenderprogramm und Visualisierung sind immer automatisch synchronisiert. Hatte man bisher übersehen, Änderungen in einem der beiden Programme anzupassen, konnte es passieren, dass einige Stunden Arbeit verloren waren. Diese Fehler sind heute ausgeschlossen.\“ Schließlich helfen bei der Inbetriebnahme die hervorragenden Diagnosemöglichkeiten mit dem Programmiergerät. Erb schätzt besonders die fotorealistische Darstellung gestörter Baugruppen mit kanalgenauer Statusanzeige und den in der neuen Darstellung auf einen Blick möglichen Online/Offline-Vergleich. Auch hier braucht nicht zwischen zwei Tools gewechselt zu werden.

Weiteres Einsparpotenzial durch Migration

Der geplante Umstieg von den Simatic-S7-300F-Steuerungen auf die neuen S7-1500F-Controller hält weiteres Einsparpotenzial bereit. So ist die S7-1500 leichter zu montieren. Dazu tragen die einheitlichen Frontstecker und integrierten Potenzialbrücken bei. Die durchgängige Systemdiagnose ist weiter verbessert und auch über das integrierte Display nutzbar. Vorteil der symbolischen Projektierung ist eine höhere Transparenz und Änderungsfreundlichkeit. Schließlich erhöht das Bibliothekskonzept die Wiederverwendbarkeit, Security Integrated schützt das Know-how und stellt sicher, dass unbefugte Zugriffe keinen Schaden anrichten können. Damit lassen sich auch Sicherheit und Verfügbarkeit weiter steigern.

Siemens AG
http://www.siemens.de

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