Kundenspezifische Sicherheit

OEM-Varianten von Sicherheits-Kompaktsteuerungen
Die Welt des Maschinenbaus wird komplexer, und mit ihr auch die Anforderungen an die Maschinensicherheit. Deshalb entscheiden sich immer mehr Hersteller von Maschinen für kundenspezifisch angepasste Sicherheitssteuerungen. Bei Schmersal ist aus diesem Trend ein ganzer Geschäftsbereich entstanden.

Wohin entwickelt sich die Maschinensicherheit? Diese Frage lässt sich nicht in einem Satz beantworten, aber ein wesentlicher Trend ist ganz deutlich erkennbar: Es gibt zunehmend individuelle, anwender- und branchenspezifische Lösungsansätze. Damit einher geht aus Sicht des Maschinenbauers der Trend zum Bezug kompletter Lösungen oder Systeme für die Sicherheit von Maschinen und Anlagen. Die daraus resultierende Frage nach den Treibern für diesen Trend ist hingegen eindeutig zu beantworten: Hier findet eine Wechselwirkung statt. Die Anwender von Sicherheits-Schaltgeräten und -steuerungen wünschen zunehmend solche Lösungen, und die Anbieter bieten immer mehr entsprechende Systeme an und bauen dieses Geschäftsfeld aus. Außerdem entwickeln sie Produktlinien, die sich besonders gut für kundenspezifische Anpassungen eignen.

Sicherheits-Kompaktsteuerung auch in OEM-Varianten

Ein Beispiel dafür ist die Sicherheits-Kompaktsteuerung der Protect Select-Serie. Sie lässt sich flexibel an unterschiedliche Anwendungsfälle anpassen. Dafür sorgen vier Applikationsprogramme, die ab Werk für die gängigsten Konfigurationen von Sicherheitsfunktionen voreingestellt werden können. Damit reduziert sich der Parametrieraufwand auf ein Minimum, ohne dass die Flexibilität eingeschränkt wird. Denn bei jedem Programm hat der Anwender die Möglichkeit, Funktionen wie z.B. die freie Zuweisung von Rückführkreisen (EDM), Anlauftestung, zyklische Testung, Auto-Start etc. zu aktivieren. Mit diesen Applikationsprogrammen lassen sich rund 70% aller Anwendungsfälle abdecken. Bei den übrigen 30% hat man erweiterte Wahlmöglichkeiten, weil er z.B. zusätzliche Betriebsarten (Einrichtbetrieb, Prozessbeobachtung) realisieren kann.

Neue Dienstleistung Application Engineering

Neben den Standardsteuerungen wurde auch eine Version mit der Bezeichnung Protect OEM entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Steuerung und Dienstleistung, denn das Sicherheitsprogramm wird individuell mit dem Anwender festgelegt. Auf Basis der vom Anwender genannten Daten und Anforderungen erarbeiten die Applikations-Ingenieure ein Ablaufschema des Programms, das mit dem Kunden abgestimmt ist. Im zweiten Schritt wird das Programm erstellt und eine erste OEM-Version angefertigt. An diesem Modell werden die Sicherheitsfunktionen der Maschine angeschlossen, gemeinsam mit dem Kunden abgenommen und nach ISO EN13849-02 validiert. Anschließend ist die Produktversion für den Kunden serienreif, und er bekommt ein Alleinbezugsrecht für diese Version. Die Programmierung der Steuerung wird im Rahmen des Application Engineering erledigt, das zu den \’Schmersal Safety Services\‘ gehört.

Anwendung Pneumatikantriebe

Für einen Hersteller von Pneumatikantrieben wurde eine kundenspezifische OEM-Lösung realisiert. Wenn der Zylinder eines Linearantriebs gegen einen Anschlag oder ein nicht zu erwartendes Hindernis fährt, hat das zwangsläufig eine Druckerhöhung im System zur Folge. Die Steuerung sorgt in diesem Fall für ein sofortiges Abschalten des Antriebs und für eine Entlastung des Pneumatiksystems. Da es sich um eine zweikanalige Steuerung handelt, geschieht dies mit hoher Schaltsicherheit. In einer ähnlichen Anwendung wird die Schaltzeit eines Sicherheitsventils sicherheitsgerichtet abgefragt. Das Ventil bzw. der Schaltstößel muss innerhalb einer definierten Zeit schalten, die sich im Millisekundenbereich bewegt. Mit der OEM-Steuerung lässt sich das zuverlässig überwachen. Weitere aktuelle Anwendungsbeispiele sind Verpackungsmaschinen, Metallverarbeitung und Röntgenanlagen für die Lebensmitteltechnik.

Einbindung von Analogwerten in den Sicherheitskreis

Ein großer Teil der realisierten Lösungen nutzt die Möglichkeit, die sich aus den sicheren analogen Eingängen der Kompaktsteuerung ergeben. Sie erlauben die Einbindung von prozesskritischen analogen Größen wie Temperatur, Druck und Durchfluss in das Sicherheitskonzept. Konkret heißt das: Der Maschinenbauer kann analoge Werte erfassen und z.B. einen Grenzwert vorgeben, bei dessen Erreichen der Sicherheitskreis ein sicheres Abschalten der Maschine veranlasst. Diese Funktion verwendet z.B. ein Hersteller von Steuerungs- und Visualisierungssystemen für Thermoprozesse. Er hat die Sicherheitssteuerung in die betriebsmäßige SPS-Steuerung integriert. Diese überwacht das Watchdog-Signal der betriebsmäßigen Steuerung und schaltet sie bei Ausbleiben des Signals nach einer Karenzzeit ab. Die Sicherheitssteuerung ist dann in der Lage, sämtliche Aktoren wie z.B. Heizung und Lüftung abzuschalten. Somit ist der Temperaturwert in den Sicherheitskreis integriert, und das \’Aufgabengebiet\‘ der Sicherheitssteuerung reicht weit über die klassische Maschinensicherheit hinaus. Das Analogsignal wirkt somit auch direkt auf die Schutzeinrichtung.

Einsatz bei der Brandbekämpfung

In einem anderen Anwendungsfall hat ein Hersteller von Plasmabehandlungsanlagen für Kunststofffolien einen Strömungswächter in den Sicherheitskreis der Protect Select OEM-Steuerung integriert. Auf diese Weise kann das Verriegeln der Schutztür in Abhängigkeit von der Gaskonzentration im Arbeitsraum der Maschine gesteuert werden. In Brandbekämpfungsanlagen kommt die Steuerung zum Einsatz, um die Leitungs- und Ventiltechnik in den einzelnen Löschbereichen zu überwachen und die entsprechenden Signale zu übertragen. Dabei wird mit Hilfe der analogen Eingänge auch die Signalgüte erfasst. Damit wird sichergestellt, dass Störungen auf dem Signalweg sofort erkannt und gemeldet werden. Die Zweikanaligkeit und der Aufbau der Steuerung nach den Anforderungen der Maschinenrichtlinie bieten die Gewähr, dass einerseits kein Fehlalarm ausgelöst wird und andererseits das System zuverlässig aktiviert wird, wenn tatsächlich ein Brand entsteht. Bei der Anpassung der Software folgten die Application Engineers den Vorgaben der VdS 2540.

Fazit

Aus Sicht des Maschinenbauers werden mit der beschriebenen Kombination von flexibler Sicherheits-Kompaktsteuerung und kundenspezifisch programmierter Sicherheits-Software die Möglichkeiten ausgeschöpft, die sich aus der zunehmenden Verlagerung der Sicherheitsfunktionen von der Hardware- auf die Software-Ebene ergeben. Funktionen, die für die Maschinensicherheit erforderlich bzw. erwünscht sind, lassen sich somit besser in Prozesse integrieren – mit der Konsequenz der optimalen Integration von Maschinensicherheit und Produktivität.

K.A. Schmersal Holding
http://www.schmersal.de

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