Komplette Datenverwaltung

Interview mit dem Auvesy-Gründer und -Geschäftsführer Werner Schnäbele über den Stellenwert des Datenmanagements
Komplexer werdende Softwarestrukturen in der Automatisierungstechnik brauchen Hilfsmittel, um dieser Komplexität Herr zu werden. Auvesy bietet mit versiondog eine Lösung für Datenmanagement und Versionskontrolle. Wir haben uns mit dem Gründer und Geschäftsführer Dipl. -Ing (BA) Werner Schnäbele zu diesen Themen über Hintergründe und Perspektiven unterhalten.

Herr Schnäbele, erzählen Sie uns doch bitte ein wenig über Ihre Geschichte mit dem Thema Datenmanagement.

Schnäbele: Ich selbst beschäftige mich seit 1996 mit dem Thema Datenmanagement in der Automatisierungstechnik. Früher war das in einer kleinen mittelständischen Firma, die ein ähnliches Produkt und eine ähnliche Aufgabenstellung hatte. Diese Firma wurde 2006 von einem großen amerikanischen Konzern aufgekauft, wobei sich dann herausgestellt hat, dass meine und deren Vorstellungen nicht so gut zusammenpassen. Ich war bei der aufgekauften Firma zuletzt Geschäftsführer und hab mich dann entschlossen, diese zu verlassen, um mich mit dem Thema weiter zu beschäftigen, mit dem ich mich schon die ganze Zeit befasst hatte und mit dem ich mich auch auskenne – Datenmanagement in der Automatisierungstechnik. Das heißt, die Firma Auvesy wurde im Mai 2007 gegründet. Damals war ich als Gründer dabei sowie zwei Programmierer. Im Laufe der Jahre sind wir gewachsen, wir sind jetzt über 40 Mitarbeiter, haben aktuell neun offene Stellen anzubieten und es gibt seit 2009 den Mitgesellschafter Thomas Hörauf. Wir sind mittlerweile weltweit unterwegs, in mehr als 30 Ländern. Dabei haben wir auch sehr viele größere Firmen auf unserer Referenzliste, hauptsächlich aus dem Bereich automatisierte Produktion, aber auch aus den Bereichen Systemintegration, Anlagen- und Maschinenbau.

Da würde ich gleich einhaken, da Sie Ihre Produkte als Datenmanagement für die automatisierte Produktion beschreiben – was verstehen Sie konkret darunter?

Schnäbele: Wir unterscheiden zwischen Produktions- und Projektierungsdaten. Produktionsdaten werden für Dinge gesammelt, die im Rahmen der Betriebsdatenerfassung oder sonstiger Vorschriften anfallen, wo es darum geht, bestimmte Parameter, die zu einer bestimmten Charge gehören, nachzuvollziehen. Das ist nicht unbedingt unser Hauptgebiet. Projektierungsdaten sind SPS-Programme, Visualisierungs-Applikationen, Frequenzumrichterparameter usw., eben alles, was in dem Bereich der Automatisierungsgeräte irgendwie parametriert oder programmiert wird. Das betrifft die Produktion genauso wie den Anlagenbau, die Systemintegration und den Maschinenbau. Da geht es um Dokumentation, Versionierung, Nachvollziehbarkeit, wer wann welche Änderungen gemacht hat, welche Version bei welchem Kunden im Einsatz ist und solche Dinge. Der zweite Schwerpunkt unserer Software ist das automatische Backup. Wobei man dazu sagen muss, dass der Hauptzweck eines solchen Backups nicht der ist, dass man es zur Wiederherstellung benutzt, sondern zu verifizieren, dass das, was als freigegebene Version auf dem Server liegt, auch das ist, was die Produktion steuert. Ich kann tolle Arbeitsanweisungen haben, was alles zu tun ist und was alles auf dem Server zu sichern ist, aber in der Praxis läuft das doch oft auseinander. Natürlich kann man bei vielen Automatisierungsgeräten auch dieses automatische Backup für die Wiederherstellung nutzen. Die reine Lehre aber besagt, man soll eben das nicht tun, sondern die freigegebene, wohl definierte Version benutzen, von der man auch weiß, wer sie erstellt hat und warum sie erstellt wurde.

Speziell die großen Software-Anbieter weiten ja ihre Bereiche, insbesondere was Software angeht, immer weiter aus und kaufen Unternehmen dazu. Wo positionieren Sie sich jetzt speziell in diesem Reigen dieser großen Unternehmen, die weltweit aktiv sind?

Schnäbele: Genau mitten drin. Wir sind ein mittelständisches Software-Unternehmen, das herstellerunabhängig ist und die Daten unterschiedlichster Hersteller verwaltet. Es ist immer noch so, dass etliche Hersteller proprietäre Datenformate verwenden. Teilweise mussten wir diese selbst analysieren, aber es ist auch eine Tendenz erkennbar, dass die Hersteller auf uns zukommen und uns anbieten, eine Schnittstelle bereitzustellen, damit wir deren Daten in unser Datenmanagement einbinden können. Die Annahme, dass die Hersteller vermehrt Software-Produkte entwickeln, trifft in unserem Bereich nicht zu, vielmehr ist es interessanterweise gerade in dem Bereich so, dass die Entwicklung rückläufig ist. Auch der große amerikanische Konzern, der meinen ehemaligen Arbeitgeber aufgekauft hat, hat das erworbene Produkt mittlerweile eingestellt.

Sehe ich das richtig, dass ein wesentlicher Vorteil auch darin liegt, dass Sie im Grunde genommen herstellerübergreifend sind?

Schnäbele: Ja, ich denke, besonders für einen großen Hersteller ist es sehr schwierig, andere Produkte zu unterstützen. Die anderen Firmen sind ja Wettbewerber. Die Bereitschaft dem Wettbewerber eine Schnittstelle zur Verfügung zu stellen und bei der Analyse der eigenen Daten zu unterstützen, ist sicherlich begrenzt. Es ist eben etwas anderes, wenn ein unabhängiger Softwarehersteller wie Auvesy vorhanden ist und das ist auch durchaus im Interesse der Großen.

Bietet versiondog auch während der Laufzeit der Anlage Unterstützung, was dieses Thema anbelangt? Zum Beispiel MES-Funktionalitäten, also auch dort Datenhaltung, -aufbereitung und Produktionsdatenvorverarbeitung.

Schnäbele: Bei weitem nicht in der Tiefe, wie das bei den Projektierungsdaten der Fall ist. Was wir tun können ist, für etliche Steuerungen, zyklisch und automatisch, Sollwerte zu sichern und auf Änderung zu überwachen. Das geschieht zeitgesteuert und in der Regel ohne Zuordnung zu irgendeiner Charge oder einer bestimmten Seriennummer. Teilweise wird versiondog auch für die Wiederherstellung, von Soll-Wert-Sätze verwendet. Des Weiteren entwickeln wir ein Produkt, das sich \’Soll-Wert und Parameter-Management\‘ nennt, was dann mehr in diese Richtung geht. Dabei geht es darum, ganz gezielt aus Sicht der Produktion, Sollwerte zu überwachen und zu verwalten bis hin zur Wiederherstellung von Sollwertsätzen.

Wenn man das Engineering als solches betrachtet, wo drückt die Anwender aus Ihrer Sicht am meisten der Schuh?

Schnäbele: Die haben die Aufgabenstellung, für unterschiedlichste Kunden unterschiedlichste Projektierungsdaten für SPS, HMI etc. auch tatsächlich im Blick zu behalten. Es gibt ja im Bereich Engineering auch eine starke Tendenz, Standardmodule zu verwenden. Z.B. habe ich für das SPS-Programm einen Standard-Baustein für die Steuerung einer Rollenbahn, von dem gibt es mittlerweile zehn Versionen, die in unterschiedlichen Kundenprojekten in unterschiedlicher Version verbaut sind. Und wenn ich als Anlagenbauer sehe, da ist ein Fehler drin, dann muss ich nachvollziehen können, in welchem Kundenprojekt welche Version eingesetzt wurde. Dann kann ich mir überlegen, welche Maßnahmen für die betroffenen Kundenprojekte zu ergreifen sind. Des Weiteren besteht bei größeren Projekten die Herausforderung darin, während der Inbetriebnahme beim Kunden den Überblick zu behalten. Je nach Projekt kann sich das ja auch über etliche Monate hinziehen. Teilweise mit vielen beteiligten Programmierern, mit Teams, deren Zusammensetzung sich immer wieder ändert. Ohne ein System wie versiondog ist es schwierig sicherzustellen, dass jederzeit die aktuelle Version von allen Daten verfügbar ist.

Es gibt im VDMA einen Arbeitskreis, der sich mit Datenschnittstellen beschäftigt, da geht es um MCAD, ECAD und Steuerungsdaten und darum einen besseren Datenfluss herzustellen. Sind das auch Themenfelder, auf denen Sie sich als Unternehmen bewegen, also tangiert das auch die Dinge, die Sie rund um versiondog tun?

Schnäbele: Ja, auf jeden Fall. Es geht ja nicht nur um SPS-Programme oder Visualisierungs-Applikationen, sondern auch um ECAD-Pläne oder die Dokumentation, also alle diese Dinge, die außen rum oder im Vorfeld notwendig sind. Wir können alle PC-basierten Daten verwalten. Für etliche Datentypen, die ein proprietäres Format haben, bieten wir eine spezielle Unterstützung. Wir wären froh, wenn mehr Hersteller eine definierte Schnittstelle hätten, die wir direkt verwenden können, ohne dass wir da immer entsprechenden Entwicklungsaufwand investieren müssen. Über einen Standard würden wir uns also freuen.

Wenn Sie betrachten, was das Produkt an Funktionalität bietet und Sie schauen dann einige Jahre weiter, können Sie sich vorstellen, dass es noch in andere Bereiche reinwächst?

Schnäbele: Grundsätzlich kann ich mir das schon vorstellen. Momentan ist es aber nicht geplant, abgesehen von dem vorhin erwähnten Sollwert- und Parameter-Management. Mit dem Thema Datenmanagement für die Automatisierungstechnik bewegen wir uns in einem Markt, der weit von der Sättigung entfernt ist. Es gibt da keine Marktstudien, aber ich gehe davon aus, dass das, was wir in Deutschland bisher an Markt-Abdeckung erzielt haben, sicherlich unter einem Prozent liegt und weltweit ist das sicher noch eine Größenordnung weniger. Insofern macht es nur bedingt Sinn, die Finger nach allen möglichen Bereichen auszustrecken, solange es hier noch einen riesigen weißen Fleck gibt. Aber auszuschließen ist es nicht. Das hängt natürlich auch vom Wettbewerb ab, den es aber momentan fast gar nicht gibt.

Wo glauben Sie, dass sich generell das Thema Engineering hin entwickelt? Wir reden beispielsweise in der SPS-Programmierung schon lange drüber, dass Hochsprachenprogrammierung mit Objekt-Orientierung einzieht.

Schnäbele: Das ist nicht so einfach zu sagen. Ich denke, es gehört eine gewisse Mentalität zur objektorientierten Programmierung. Um die zu erreichen, ist auch ein entsprechender Aufwand für Schulung und Weiterbildung notwendig. Das ist ähnlich wie in der PC-Programmierung, da ging es vor etlichen Jahren mal los von C zu C++, da konnte man objektorientiert programmieren. Die meisten haben zwar einen C++ Compiler verwendet, aber trotzdem weiter C programmiert. Ansonsten ist es meine Beobachtung, dass die Entwicklung in der Automatisierungstechnik nicht so rasend schnell geht, wie in anderen Bereichen, vor allem der normalen IT. Wenn einer eine Produktionslinie baut die 20 Jahre laufen muss, dann hat er einen anderen Ansatz, wie eine Firma, die gerne mal etwas Neues ausprobiert.

Inwieweit tangiert Sie die Entwicklung in Richtung Tablets, Mobil etc.?

Schnäbele: Das ist durchaus ein Thema für uns. Zum einen, um tatsächlich auch solche Mobil-Geräte zu unterstützen, zum anderen um auch eine gewisse Rückwärts-Kompatibilität sichern zu können. Wir werden voraussichtlich Anfang nächsten Jahres die erste Version unseres Webclients haben. Das ist für uns bisher nicht so dringend gewesen, weil unsere Software ja installationslos läuft. Trotzdem hat ein Webclient natürlich den Vorteil, dass er prinzipiell unabhängig von verwendeter Hard- und Software ist. Man kann damit auf dem iPhone einen Vergleich von Projektdaten initiieren, zum Beispiel von einem S7-Programm oder von einer CoDeSys-Applikation und sich das Vergleichsergebnis auf dem iPhone betrachten.

Ist da der Abgleich und die Aktualisierung über Cloud auch ein Thema?

Schnäbele: Bisher gab es nur einmal eine Nachfrage. Da müsste ich ja Automatisierungsgeräte aus der Produktion mit einem Cloud Server übers Internet verbinden. Das hieße, die Produktions- und Projektierungsdaten, die ja teilweise auch eine Menge Know-how enthalten, lägen dort. Demgegenüber gibt es die Bestrebung, die Automatisierungsanlagen mehr gegen externen Zugriff zu sichern, was auch damit zusammenhängt, dass in solchen Anlagen häufig auch recht alte Rechner stehen. Wir haben z.B. relativ viele Kunden, die noch Windows NT Rechner einsetzen. Da ist es sicherlich auch nicht gewünscht, ein neues Schlupfloch aufzubauen.

Vielen Dank für das Interview.

AUVESY GmbH
http://www.versiondog.de

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