Intelligente Steuerköpfe: Dezentrale Automatisierung auf allen Prozessebenen

In der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, aber auch bei der Herstellung von Medikamenten und Kosmetika, spielt die Hygiene im Prozess- und Anlagenumfeld eine zentrale Rolle. Dafür sorgen weltweit die strengen Regeln und Vorgaben der Gesetzgeber. Intelligente Steuerköpfe ermöglichen es Maschinen- und Anlangenbauern, dass die Hygieneanforderungen für eine dezentrale Automatisierung auf allen Prozessebenen erfüllt werden können.

Standards wie Hazard Analysis and Critical Control Points (HACCP) bei der Lebensmittelherstellung bzw. Good Manufacturing Practise (GMP) für FDA-konforme Prozesse in der pharmazeutischen Industrie stellen hohe Anforderungen an Sauberkeit, Sicherheit und Produktqualität. Hinzu kommt die ebenfalls vom Gesetzgeber geforderte lückenlose Prozessüberwachung und -dokumentation in diesen Bereichen. Da der globale Wettbewerb gleichzeitig immer härter wird, sind die Unternehmen dieser Branche gezwungen, ihre Produktion möglichst effizient und wirtschaftlich zu gestalten und Prozesse konsequent zu optimieren. Die Folge ist ein kontinuierlich wachsender Automatisierungsbedarf auf allen Ebenen der Prozess- und Hilfskreisläufe. Pneumatisch betätigten Prozess- und Regelventilen kommt bei der Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken, der Milchverarbeitung sowie in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie eine Schlüsselrolle zu. Sie sind das Herzstück praktisch jeder Anlage und übernehmen dort unterschiedliche Aufgaben. Eine konventionelle, zentral aufgebaute Automatisierung ist für diese Prozessarmaturen unter ökonomischen und hygienischen Aspekten jedoch nicht unproblematisch. Der Planungs-, Installations- und Wartungsaufwand ist bei klassischer Steuerung durch Schaltschränke mit Ventilinseln, I/O-System und Feldbusanschaltung gerade in komplexen Anlagen erheblich. Eine Vielzahl langer Steuerluftleitungen und diskreter Rückmelderleitungen verbindet bei dieser Technik die Armaturen der Feldebene mit den zentralen Steuerungen in den Schaltschränken. Neben der aufwendigen Planung und Installation ist eine solche Lösung auch aus hygienischer Sicht nicht optimal. Jede zusätzliche Steuerluft- oder Rückmeldeleitung innerhalb einer Produktionsanlage ist im Sinne von HACCP eine potenzielle Quelle für Gefahren und Verunreinigungen und muss mit entsprechend hohem Aufwand überwacht, gewartet, sauber gehalten und dokumentiert werden. In der Betriebspraxis machen sich die häufig langen Steuerluftleitungen zudem durch einen hohen Luftverbrauch und lange Schaltzeiten für die Armaturen bemerkbar. Hinzu kommt ein nicht unerheblicher Energiebedarf u.a. für das Entlüften von Kammern und Schläuchen der unter dem Aspekt der Energieeffizienz nicht wünschenswert ist. Durch die Zuordnung der Pilotventil-Handebene weit entfernt von der Armatur werden Inbetriebnahme, Wartung und Anlagenerweiterung erschwert. Gleiches gilt für die Prozessüberwachung und das Monitoring. Intelligente Ventilsysteme machen Schaltschränke überflüssig Eine Alternative zum Einsatz zentraler Schaltschränke ist die Integration der erforderlichen Automatisierungsfunktionen in den Armaturen selbst. Dabei erfolgt nur noch die Steuerung und Statusüberwachung zentral über das Prozessleitsystem. Auf der Feldebene kommen pneumatisch betätigte Ventile zum Einsatz, in die sämtliche erforderlichen Automatisierungskomponenten wie Pilotventil mit Handbetätigung, elektrischer Rückmelder und optische Statusanzeige, Feldbusschnittstelle und sogar Positioner und Prozessregler für Regelaufgaben integrierbar sind. Durch die Integration eines AS-Interface als Feldbusschnittstelle können die Vorteile dieses Ansatzes optimal genutzt werden. Für die Spannungsversorgung, Rückmeldung und Kommunikation ist dann nur noch eine einzelne zweiadrige Leitung als Verbindung zwischen SPS und bis zu 62 Ventilen erforderlich. Jedes Prozessventil ist mit der durch das Feld verlaufenden Hauptdruckluftversorgung auf möglichst kurzem Weg verbunden. Die Verschlauchung und Verdrahtung reduziert sich damit auf ein Minimum. Für Hilfskreisläufe wie Dampf, Druckluft oder Reinigungsmedien bietet der Ventilspezialist Bürkert Fluid Control Systems mit den intelligenten Ventilsystemen der Element-Serie bereits seit längerem entsprechende Lösungen für eine dezentrale Automatisierung an. Dieses Lösungsportfolio ergänzt der Steuerkopf Typ 8681, der für den Einsatz mit pneumatisch betriebenen hygienischen Medienventilen konzipiert wurde. Die Vorteile einer dezentralen Automatisierung lassen sich so in hygienischen Produktionsprozessen nicht nur in den Hilfskreisläufen, sondern anlagenübergreifend auf allen Prozessebenen nutzen. Bei der Planung neuer Anlagen kann konsequent auf den Einsatz konventioneller Schaltschränke verzichtet werden. Bestehende Altanlagen lassen sich schrittweise und unter Verwendung der vorhandenen Medienventile von einer zentralen auf eine dezentrale Automatisierung umstellen. Neuer universeller Steuerkopf für hygienische Prozessarmaturen Der Steuerkopf Typ 8681 lässt sich über Adapter universell anpassen und kann herstellerunabhängig mit allen handelsüblichen Ventilbauformen wie Klappen, Kugelhähnen sowie Ein- und Doppelsitzventilen kombiniert werden. Im Rahmen eines dezentralen Automatisierungskonzepts übernimmt er als zentrale Einheit für die hygienischen Prozessventile die komplette pneumatische Ansteuerungs-, Rückmelde- und Diagnosefunktion bis hin zur Buskommunikation. Je nach Prozessventil lassen sich dabei bis zu drei pneumatische Antriebskammern unabhängig voneinander ansteuern. Die Schaltstellungen des hygienischen Prozessventils werden vom Steuerkopf über einen induktiven, analog arbeitenden Wegaufnehmer mit einer Huberfassung bis 85mm ermittelt und an die übergeordnete Steuerung rückgemeldet. Nach der Montage des Steuerkopfes auf dem Ventilantrieb werden diese Schaltstellungen von einer Teach-In-Funktion zuverlässig und schnell automatisch ermittelt. Zeitintensive manuelle Einstellarbeiten können dadurch entfallen. Sollte eine zusätzliche vierte Schalterstellung erforderlich sein, kann diese über einen extern montierten induktiven Näherungsschalter eingelesen werden. Zur optimalen Anpassung an das jeweilige Ventil und den Prozess kann die Schaltgeschwindigkeit jeder Antriebskammer über eine im Pilotventil integrierte Drosselfunktion individuell für beide Bewegungsrichtungen eingestellt werden. Ein Rückschlagventil verhindert darüber hinaus rückdruckbedingte Fehlschaltungen anderer Antriebskammern der Prozessventile. Unabhängig von der Spannungsversorgung kann jedes Pilotventil zusätzlich mit einer mechanischen Handbedienung geschaltet werden. Mithilfe einer patentierten magnetisch codierten Handbetätigung lässt sich der Hauptantrieb zu Wartungszwecken von außen auch bei komplett geschlossenem Gerät schalten. Dadurch bleibt zu jeder Zeit der volle IP-Schutz erhalten. Für optimale Übersicht auf der Feldebene sorgt eine weithin sichtbare dreifarbige, optische Statusanzeige mit Hochleistungs-LEDs, die im Steuerkopf integriert ist. Sie signalisiert zusätzlich zur elektrischen Rückmeldung an die übergeordnete Steuerung jederzeit die aktuelle Schaltstellung des Prozessventils und erleichtert die Diagnose und Wartung in der Anlage. Diagnosefunktionen wie Wartungsbedarf oder Fehlerzustände werden ebenfalls optisch angezeigt und können im Detail über eine Serviceschnittstelle ausgelesen werden. Das kann entweder drahtlos über ein Bluetooth-Modul oder über die integrierte USB-Schnittstelle geschehen. Hygienische Regelventile lassen sich dezentral automatisieren Durch Verwendung eines der Stellungs- bzw. Prozessregler der Element-Serie lassen sich ergänzend zu den Prozessventilen auch Regelventile dezentral automatisieren. Die Element Prozessregler sind für die Abreinigung und Verwendung im Nassbereich hygienischer Prozessanlagen optimiert und entsprechen in ihrer Außengeometrie, Werkstoffauswahl, Oberflächenqualität und Dichtungsgestaltung den EHEDG-Richtlinien. Die kompakten Stellungsregler werden Platz sparend direkt am pneumatischen Antrieb angebaut und benötigen aufgrund interner Steuerluftführung keine externe Verschlauchung. Die Installation und Inbetriebnahme sind durch intelligente Stellungsregler mit automatischer Selbstanpassung sowie Prozessregler mit automatischer Regelkreiserkennung und Parameteroptimierung einfach durchführbar. Die Kommunikation erfolgt über Profibus DPV1, Devicenet oder das AS-Interface. Eine dezentrale Systemlösung für alle Prozessebenen Mit der Erweiterung der Element-Serie um den Steuerkopf Typ 8681 bietet Bürkert für die Lebensmittel- und Getränkeproduktion, Brauereien, sowie die milchverarbeitende und pharmazeutische Industrie ein komplettes Produktportfolio zur dezentralen Prozessautomatisierung an. Die Bandbreite reicht vom Prozessventil mit integriertem Pilotventil sowie elektrischer und einfacher optischer Rückmeldung bis hin zur dezentralen Steuerung aseptischer, hygienischer Regelventile mittels Steuerkopf und Prozessregler in komplexen Produktionsanlagen. Die dezentrale Automatisierung wird damit prozessübergreifend für komplette Anlagen und Installationen nutzbar und ermöglicht den Anwendern aus diesen Branchen, die Anforderungen an Hygiene und Sicherheit mit einem hohen Automatisierungsgrad und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen.

Bürkert GmbH & Co. KG
http://www.buerkert.de

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