Servoregler nutzen häufig eine traditionelle kaskadierte Konfiguration, bei der ein Drehzahlregelkreis in einen Lageregelkreis eingebettet ist. Aufgrund der Einfachheit ist dieser Ansatz stark verbreitet, stammt aber eigentlich aus einer Zeit, in der die Strom- und Drehzahlregelung mit Hardware, die Lageregelung aber mittels Software erfolgte. Der Drehzahlregler wird dann zuerst eingestellt und anschließend der Lageregler. Die Parameter für die Stromregelung werden in der Regel automatisch festgelegt. Der Lageregler bietet typischerweise einen einfachen Proportionalbeiwert, während der Drehzahlregler einen Proportionalbeiwert und einen Integralanteil besitzt (Bild 1).
Nachteil des klassischen Weges
Ein Nachteil ist dabei ein immanenter Schleppfehler bei Bewegungen proportional zur Drehzahl. Durch Vorsteuerungsmethoden lässt sich diese Abweichung meist beheben, es bleibt allerdings eine Überschwingung oder eine längere Einschwingzeit. Um diese Beschränkungen aufzuheben und die Leistung von Servoreglern in hochpräzisen Bewegungsanwendungen zu verbessern, hat Servotronix einen nicht-linearen Regelalgorithmus entwickelt. Unter der Bezeichnung HD Control (HDC) nutzt dieser eine parallele Konfiguration, bei der sich alle Zweige auf einer Ebene befinden und in jeder Abtastperiode ausgeführt werden. Für jeden Zweig wird ein variabler Verstärkungsparameter bestimmt und automatisch für hohe Verstärkung und Stabilität angepasst. Somit werden die Lageabweichung und die Einschwingzeit deutlich stärker reduziert, als bei anderen Reglern. Die Hauptkomponenten des Algorithmus sind ein variables Verstärkungsmodul, das zu einem sehr niedrigen Schleppfehler beiträgt, und ein adaptives Vorsteuermodul, das eine sehr kurze Einschwingzeit ermöglicht (BIld 2).
Variable Verstärkungsregelung
Die variablen Verstärkungen (VGd, VGp, VGiv, VGi) werden intern berechnet und während des Betriebs dynamisch durch den HDC-Algorithmus angepasst. Jede Verstärkung ist eine spezifische Funktion der Systemvariablen wie z.B. Drehzahl und Lageabweichung. Während der Bewegung können die Werte der variablen Verstärkungen bis zu zehnmal so hoch sein wie im Stillstand. Dadurch ergeben sich bei der Bewegung eine hochgenaue Pfadnachführung sowie ein geräuscharmer Betrieb bei geringer Geschwindigkeit und im Stillstand. Darüber hinaus ist die Steifigkeit des Systems während der Bewegung mehr als dreimal so hoch, was zu einem sehr geringen Schleppfehler führt. Ein geschützter Algorithmus stimmt die vier variablen Verstärkungen ab und gewährleistet die Systemstabilität. Der Zweig des Parameters Kd senkt vergleichbar mit dem Drehzahlrückführkreis die Drehzahlabweichung. Der Zweig des Parameters Kp ist ein proportionaler Lagerückführkreis zur Senkung der Lageabweichung. Der Zweig des Parameters Ki verringert als Integral des Positionsrückführkreises die Stillstandsabweichung. Der Zweig des Parameters Kiv ist eine Eigenheit der Regelung mit HD Control und vereint die Wirkung des Kp-Zweigs und des Ki-Zweigs. Die daraus resultierende Steifigkeit ist doppelt so hoch wie bei Kp, ohne dass Schwingungen entstehen. Somit wird der Schleppfehler sowohl bei der Beschleunigung als auch im Stillstand verringert. Zudem wird wie bei der integralen Rückführung (Ki) die Stillstandsabweichung eliminiert, doch die Reaktionszeit ist so kurz wie bei der proportionalen Rückführung (Kp) (Bild 3).
Adaptive Vorsteuerung
Das adaptive Vorsteuermodul sorgt für eine kurze Einschwingzeit. Aufgrund der außergewöhnlichen Effektivität der Zweige Kiv und Ki, besteht die Rückführungsantwort (Stromsollwert) im Wesentlichen aus dem Integralanteil. Während der Bewegung wird das Verhältnis zwischen Beschleunigung und Motordrehmoment überwacht und während der Verlangsamung genutzt, um den Integralanteil zu verarbeiten. Nach Abschluss der Bewegung modifiziert der adaptive Vorsteuerungsalgorithmus den Inhalt des Integralanteils entsprechend der voraussichtlichen (erwarteten) Pfadbeschleunigung, wodurch sich eine Einschwingzeit von nahezu Null ergibt. Als integrierter Baustein der Servoantriebsserien CDHD und DDHD erfolgt die Einstellung von HDC automatisch über die Schnittstellen-Software ServoStudio. In den meisten Fällen ist diese automatische Einstellung ausreichend. In einigen Anwendungen kann jedoch eine manuelle Feineinstellung zur Optimierung der Regelparameter erforderlich sein. Das Prinzip ist aber stets gleich: Bei der automatischen Einstellung wird die Qualität der Bewegung gemessen und vom Antrieb sowie der Software ausgewertet. Bei der manuellen Einstellung wird die Qualität der Bewegung vom Bediener beurteilt. In beiden Fällen werden die Parameter der Servoregelung schrittweise angepasst und der Wert mit dem besten Bewegungsverhalten ausgewählt. Die unkomplizierte Einstellung von HDC ähnelt der Vorgehensweise bei konventionellen PID-Regelungen. Die variablen Verstärkungen werden einzeln schrittweise erhöht, bis ein Schwingungsverhalten auftritt, und dann wieder um zehn bis 20% auf einen sicheren Wert abgesenkt. HD Control erweist sich als besonders vorteilhaft für Anwendungen, die eine präzise Pfadnachführung und eine geringe Einschwingzeit erfordern, wie z.B. CNC- und Schneidanwendungen, Förderernachführung, Entnahme- und Absetzvorgänge, Bohren und Montieren von Leiterplatten (PCBs), Schweißen, Lackieren, Beschichten und Kleben.