Permanentmagnetbremsen im Vergleich

High-Torque oder klassisch?

Das konventionelle Design der Permanentmagnetbremse setzt Grenzen: So kann es z.B bei Minustemperaturen zu Fehlfunktionen durch Überkompensation kommen und die Bremse öffnet nicht mehr zuverlässig. Mit High-Torque-Bremsen ist das nicht zu befürchten, denn ihr magnetischer Kreis ist so aufgebaut, dass bis -40°C keine Fehlfunktionen auftreten. Entsprechend eignen sich diese Bremsen gut für anspruchsvolle Outdoor-Anwendungen.

Permanentmagnetbremsen (PM) mit Notstoppfunktion gehören heute zu den weit verbreiteten Sicherheitsbremsen in der Robotik und im Maschinenbau. Sie bieten in Bezug auf die Baugröße hohe Drehmomente, einen verschleiß- und restmomentfreien Betrieb, kurze Schaltzeiten und Verdrehspielfreiheit. Damit eignen sie sich für den Einsatz an Servomotoren in den unterschiedlichsten Einsatzbereichen. An der Festlagerseite des Motors montiert, ist die Bremse im unbestromten Zustand geschlossen; der Anker wird vom Permanentmagnetfeld gegen den Stator bzw. das Erregersystem gezogen. Im bestromten Zustand entsteht ein elektromagnetisches Feld, das die Anziehungskraft der Permanentmagnete aufhebt und den Anker vom Erregersystem löst. Die Bremse lüftet. Durch die kraftschlüssige Verbindung zwischen Anker, Nabe und Welle ist die PM-Bremse spielfrei. Die Leistungsdichte ist üblicherweise doppelt so hoch wie bei Federdruckbremsen (FD). Da der Anker vollständig durch die Feder gelüftet wird, gibt es anders als bei FD-Bremsen auch keinen Abrieb. PM-Bremsen sind zudem sehr temperaturstabil und haben über den gesamten Temperaturbereich ein garantiert hohes Drehmoment, während bei FD-Bremsen der organische Reibbelag mit Änderungen des Reibwerts und erhöhtem Verschleiß auf Temperaturerhöhung reagiert.

Die Grenzen des bisherigen Magnetkreises

Der Betriebstemperaturbereich ist allerdings auch bei PM-Bremsen nicht für alle Anwendungen ausreichend, was mit dem normalerweise üblichen Aufbau des Magnetkreises zusammenhängt. Liegt keine Spannung an, ist die Bremse geschlossen; sie öffnet sobald die Lüftungsspannung U1 anliegt (Bild 3). Wenn der Wert U2 erreicht wird, kommt es zu einer Überkompensation; dass heißt, die – eigentlich geöffnete -Bremse schließt wieder. Konventionelle PM-Bremsen sind deshalb im Spannungsabstand zwischen U1 und U2 so ausgelegt, dass eine sichere Funktion bei den im industriellen Umfeld üblichen Temperaturen zwischen -5 und +120°C gewährleistet ist. An diesem Temperaturfenster lässt sich nicht so einfach rütteln, da sich der Spulenwiderstand linear mit der Temperatur verändert. Liegen die Umgebungstemperaturen nun außerhalb des Fensters, kommt es zu Fehlfunktionen. Schließlich bleibt die angelegte Spannung mit typischerweise 24V gleich, der Widerstand der Spule verändert sich jedoch in Abhängigkeit von der Temperatur, was wiederum Auswirkungen auf den Spulenstrom und damit die Stärke des elektromagnetischen Feldes hat. Wird es zu kalt, sinkt der Widerstand und dadurch steigt der Spulenstrom; die Überkompensationsspannung U2 sinkt unter 24V und die Bremse schließt fälschlicherweise wieder. Andersherum steigt bei zu hohen Temperaturen die Lüftungsspannung U1 auf über 24V; die Bremse kann nicht öffnen.

Anforderungen an zukünftige Systeme

Diese Eigenschaften des Magnetkreises konventioneller PM-Bremsen lassen sich kaum verändern; sind sie doch mit der möglichen Spulenleistung und Bauform eng verknüpft. So lässt sich beispielsweise die Spulenleistung wegen der damit verbundenen Wärmeentwicklung nicht beliebig erhöhen. Bezüglich Temperaturbereich, Haltemoment und Spannungstoleranzen haben konventionelle PM-Bremsen also durchaus ihre Grenzen. Allerdings sind diese weit gesteckt und kommen in den meisten Anwendungen in Handhabungstechnik und Robotik nicht zum Tragen. Es gibt jedoch auch Bereiche, die durchaus höhere Anforderungen an die Bremsen haben. Outdoor Anwendungen z.B. in Windkraftanlagen erfordern einen erweiterten Temperaturbereich. Außerdem gibt es Anwendungen, bei denen eine konstante 24V-Versorgungsspannung nicht immer gewährleistet ist. Hier sollten die Bremsen auch bei Spannungsschwankungen zuverlässig arbeiten. Auch gibt es zunehmend neue Motorbaureihen am Markt, die höhere Drehmomente liefern und bei gleichem Bauraum stärkere Bremsen brauchen. High Torque-Bremsen werden diesen Anforderungen gerecht.

High Torque: Schalenmagnet statt Scheibe

Die Grundlage liefert ein neuer Aufbau des magnetischen Kreises und eine verbesserte Lage der Polflächen. Im Gegensatz zur konventionellen PM-Bremse ist bei der High-Torque-Ausführung der Permanentmagnet nicht ring-, sondern schalenförmig ausgeführt. Durch diesen patentierten Aufbau verändert sich bei geöffneter Bremse und bestromter Spule der Verlauf des magnetischen Flusses – Reaktionen auf Temperaturänderungen oder Spannungsschwankungen fallen deutlich geringer aus. Eine Überkompensation bei extremen Temperaturen oder unsauberer Versorgungsspannung wird so sicher vermieden. Die zulässigen Betriebstemperaturen bei High-Torque-Bremsen dürfen dann zwischen -15 und +120°C liegen; bei Sonderbauformen sind sogar bis zu -40°C möglich. Auch bei in dieser Hinsicht anspruchsvollen Anwendungen lassen sich dadurch die Vorzüge der PM-Bremsen nutzen. Man muss nicht zwangsläufig zu FD-Bremsen greifen und die damit verbundenen Nachteile wie niedrigere Leistungsdichte oder Verschleiß der Reibbeläge durch das Anlaufmoment in Kauf nehmen. Letzteres ist gerade in Windkraftanlagen unerwünscht, da Wartungsarbeiten hier besonders aufwendig und kostenintensiv sind. Ähnliches gilt aber durchaus auch für anspruchsvolle Anwendungen in Robotik oder Medizin- und Sicherheitstechnik. Die High-Torque-Bremsen gibt es in unterschiedlichen Ausführungen mit Drehmomenten von 0,1 bis 500Nm. Sie sind einfach zu montieren und sehr robust. Als Option stehen unterschiedliche Ankerausführungen zur Verfügung.

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Kendrion (Villingen) GmbH
http://www.kendrion-electromagnetic.com

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