Folglich kann die Datensicherungsstrategie für die automatisierte Produktion wie folgt definiert werden: Es muss jederzeit ein aktueller Datensatz für jedes Automatisierungsgerät bereitgehalten werden, mit dem eine Wiederherstellung (oder engl. Restore) des letzten Originalzustandes durchgeführt werden kann. Klingt einfach, ist es aber nicht. Tatsächlich besteht die Herausforderung für eine durchgängige Datensicherungsstrategie in folgenden Details:
- Jederzeit: Jederzeit, weil der Ausfall einer Hardware (Steuerung, PC, Festplatte,…) meist ohne Vorankündigung eintritt.
- Aktueller Datensatz: Die Aktualität der Wiederherstellungsdaten ist entscheidend für den möglichen Informationsverlust zwischen dem zuletzt erstellten Backup und dem Datenstand, der verloren gegangen ist.
- Für jedes Automatisierungsgerät: Letztlich ist es nahezu unvorhersehbar, für welche prozessbeteiligte(n) Komponente(n) eine Datenwiederherstellung als Nächstes durchgeführt werden muss. Folglich ergibt sich die Notwendigkeit, für alle prozessbeteiligten Komponenten ein aktuelles Restore-Datenpaket bereitzuhalten.
Doch was bedeuten diese Herausforderungen für das Datenmanagement und in wieweit kann die Datensicherung selbst automatisiert werden, sodass jederzeit ein Restore-fähiger Datensatz verfügbar ist? Um diese Frage zu beantworten, wird im Folgenden die Frage nach einem Backup praktisch aus zwei Blickwinkeln analysiert: Zum einen was hinter dieser Frage steht und zum anderen, was bei der Antwort zu beachten ist. Ausgehend von diesen Betrachtungen werden daraus schließlich die Anforderungen an das Datenmanagement für eine durchgängige Datensicherungsstrategie abgeleitet.
Heute schon ein Backup gemacht…? Was steht hinter der Frage?
Im Umfeld der automatisierten Produktion ist diese Frage mehr als berechtigt. Sie ist die wiederkehrende Erinnerung zur Vorsorge vor einem möglichen Datenverlust, der direkt oder indirekt zu einem Produktionsstillstand führen könnte. Oder anders: Es gilt, dem zeitlichen und finanziellen Aufwand im Falle einer Proaktuelle Datensicherung vorzubeugen. Somit ist die Frage als eine Zusammenfassung folgender Aspekte zu verstehen:
- Ist zu jeder produktionsrelevanten Steuerung, SPS oder sonstiger Hardware die aktuelle Projektierung und Parametrierung bekannt? Eine verlustfreie Einspielung beziehungsweise Wiederherstellung eines SPS-Programmes ist nur dann möglich, wenn tatsächlich die letzte freigegebene Version des Programmes bekannt ist.
- Ist die Datensicherung für jedes Gerät verfügbar? Es geht nicht nur darum, die aktuelle Version schnell auf irgendeinen Datenträger als individuelle Datensicherung zu kopieren. Vielmehr ist hier ein zentraler Ablageort erforderlich, um jeden Mitarbeiter zu jeder Zeit den Zugriff auf die aktuelle Version zu ermöglichen.
- Hat sich etwas geändert? Eine Aktualisierung der Datensicherungsversion ist immer dann erforderlich, wenn Anpassungen oder Optimierungen vorgenommen wurden. Folglich: wurden Änderungen vorgenommen, ist die bisherige Version der Datensicherung veraltet und es muss eine neue erstellt werden.
- Sind die Datensicherungen dokumentiert und strukturiert abgelegt? Eine durchgängige Datensicherungsstrategie für den Produktionsbereich führt zu einer riesigen Datenmenge und Datenvielfalt. Hier ist eine systematische Dokumentation und Ablage für eine effektive Verwaltung zwingend erforderlich, da von diesen Anforderungen der Erfolg und die Geschwindigkeit für das Restore abhängen.
- Ist die Versionshistorie transparent verfügbar? Eine konsequente Versionierung und Dokumentation der aktuellen Projekte und Parameter pro Gerät ermöglicht folglich eine lückenlosen Nachvollziehbarkeit, wer wann etwas geändert hat und warum.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sollte die Frage also nicht nach einem heutigen Backup gestellt werden, sondern eher wie folgt lauten: Sind unsere zentral abgelegten Projektversionen aktuell?
Ja, heute schon ein Backup gemacht …! Was steht hinter der Antwort?
So einfach die Frage nach einem täglichen Backup klingen mag: bevor mit einem einfachen \’Ja\‘ geantwortet wird, gilt es zu überlegen, was pro Steuerung/Gerät als Sicherungskopie wirklich erforderlich ist, um im Falle eines Datenverlustes im Produktionsbereich eine Datenwiederherstellung erfolgreich durchführen zu können und um anschließend mit diesen zurückgespielten Daten eine nahtlose Weiterarbeit bezüglich zukünftiger Wartung, Anpassungen und Optimierung zu gewährleisten.
Beispiel für eine S7-Steuerung
Üblicherweise spricht man bei einer Datensicherung im Zusammenhang mit der S7-Steuerung von einem AG-Abzug (AG für Automatisierungsgerät). Über diesen Weg wird eine Möglichkeit geboten, um den Speicherinhalt der Steuerung in ein Backup zu packen, das auch für die Wiederherstellung des Programmes im Falle einer Steuerungsstörung geeignet ist. Allerdings werden die Kommentare, Symbolik-Liste und Netzwerküberschriften nicht auf der Steuerung gespeichert. Dies hat leider zur Folge, dass das Programm, das über einen AG-Abzug gesichert wurde, oftmals nur sehr schwer nachvollziehbar und erweiterbar ist, da nur die reinen Verknüpfungen quasi in einer steuerungsnahen Sprache zu lesen sind. Folglich kann zwar das Backup einer S7-Steuerung via AG-Abzug als Datensicherung für ein Disaster Recovery verwendet werden, aber letztlich kann sie nicht die vollwertige Datensicherungsstrategie für den Fall eines Datenverlustes darstellen, denn immerhin: In den Kommentaren und Symbolen sind sowohl Ablauf, Struktur, Anmerkungen und somit auch das enthaltene Know-how des S7-Programms dokumentiert, was schließlich die Grundvoraussetzung ist für eine effektive und zielführende Wartung und Optimierung. Fazit: Ein AG-Abzug ist durchaus eine berechtigte Strategie, um kurzfristig ein Backup parat zu haben. Für eine nachhaltige Datensicherungsstrategie muss vor allem aber auch die originale Programmversion, die auch die Symbole und Kommentare enthält, berücksichtigt werden. Somit gilt es vor allem sicherzustellen, dass die Programmversion in der Steuerung der aktuellen Projektierungsversion entspricht.
Beispiel für eine CoDeSys-basierte Steuerung
Was ist das Backup bei einer CoDeSys-basierten Steuerung? Das Bootprojekt erscheint plausibel, aber ist es wirklich der Stand, der im Speicher der Steuerung aktiv ist? Was ist, wenn das Bootprojekt gar nicht zum aktuellen Onlinestand passt? Und was genau ist das Bootprojekt? Es ist ein Kompilat, d.h. ein speziell übersetzter Programmcode, der zwar durch die Steuerung interpretiert und ausgeführt werden kann, für den Anwendungsentwickler aber nicht mehr lesbar und somit ungeeignet für die Wartung und Erweiterung ist. Fazit: Es geht nicht einfach darum, ein Backup aus der Steuerung zu abzuziehen. Um also für eine CoDeSys-Steuerung die Bereitstellung einer aktuellen und weiterverwendbaren Datensicherung sicherzustellen, muss zyklisch die Übereinstimmung der Version des Kompilats im Steuerungsspeicher mit der Version des Bootprojektes und mit der zentral abgelegten Projektierungsversion geprüft werden. Sind diese drei Versionen gleich, ergibt sich folgende Sicherheit für die Produktion:
- Der aktuelle Stand in der Steuerung ist bekannt
- Sollte die Steuerung neu gebootet werden, ist sichergestellt, dass das gleiche Programm wieder in den Speicher geladen wird
- Zentral steht jederzeit die letzte gültige Projektierungsversion bereit, aus der sowohl ein neues Kompilat für einen erforderlichen Restorevorgang erstellt werden kann oder mit dem Optimierungen oder Anpassungen vorgenommen werden können.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sollte die Antwort nicht einfach nur die Erstellung eines Backups aus der Steuerung bestätigen. Vielmehr geht es darum eine durchgängige Strategie für die Datensicherung zu verfolgen, bei dem für jedes Gerät und für jede Hardware die entscheidenden Daten für eine Datenwiederherstellung sowie für die zukünftige Weiterentwicklung vorgehalten werden. Somit sollte die Antwort auf die Frage zum täglichen Backup wie folgt lauten: Ja, die zentral abgelegten Projekte stimmen mit den produktiven Programmen überein.
Resultierende Anforderungen
Ausgehend von den oben aufgeführten Überlegungen zu einer täglichen Datensicherung sind folgende Anforderungen an das Datenmanagement für die automatisierte Produktion zu stellen, um eine durchgängige Datensicherungsstrategie anbieten zu können:
- Das System koordiniert die allzeitige Bereitstellung der letzten gültigen Version.
- Die Bereitstellung eines Restore-fähigen Datenpakets muss einheitlich und unabhängig von Hersteller und Gerätetyp möglich sein.
- Das System übernimmt die zyklische Überprüfung, ob der aktive Projektstand in der Steuerung der letzten gültigen Projektversion des Verwaltungssystems entspricht. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass jederzeit ein gültiges Backup bereitgehalten wird.
- Wird ein Unterschied vom aktiven Projektstand in der Steuerung zum vorherigen Backupstand festgestellt, so wird automatisch ein Report generiert, sodass eine entsprechende Reaktion durch den Anwender eingeleitet werden kann.
- Das System ist in der Lage, die detektierten Unterschiede detailliert darzustellen.
- Das System soll über die Datensicherungsstrategien für die typischen Automatisierungsgeräte (SPS, HMI Stationen, Roboter, PC-basierte Spezialsysteme und intelligente Feldgeräte) der automatisierten Produktion hinaus die übliche Protokolle (UNC, FTP, SSH) beherrschen, um so Arbeitsverzeichnisse, Daten aus der Arbeitsvorbereitung, Festplatten und sonstige EDV-Geräte sichern zu können.
Eine softwaretechnische Lösung
Hat man sich erst einmal auf ein solch umfassendes Verständnis von \’Backup\‘, wie oben beschrieben, eingelassen, so wird schnell klar, welche erweiterten Handlungs- und Erkenntnisspielräume sich dadurch auch in der täglichen Arbeit eröffnen. Wichtig wird dann die Entscheidung für ein alltagstaugliches Softwaresystem, das ein solchermaßen einsetzbares Backup auch automatisiert erstellt. Auvesys versiondog baut in seinem Grundverständnis genau darauf auf. Datensicherung auf diese Weise betrieben, ermöglicht eine ganz neue Qualität im Umgang mit der Automatisierungstechnik im Planungs- wie im Produktionsumfeld.