Integrierte Safety

F-CPU macht Dampf

Beim Retrofit Ablaufsteuerung, Regelung und Safety integriert - Synergien reichen über das aktuelle Projekt hinaus
Neue fehlersichere CPUs ermöglichen die Integration von Ablaufsteuerung, Regelung und Sicherheitsfunktionen in nur einer Steuerung - auch bei größeren Anlagen, z.B. zur industriellen Dampferzeugung. Das spart Hardware sowie Aufwand und ermöglicht maßgeschneiderte und systemintegrierte Safety-Funktionsbausteine.

Der Systemintegrator Suatec hat als Solution Partner von Siemens die Steuerungstechnik einer Dampferzeugungsanlage für einen deutschen Konsumgüterkonzern modernisiert. Die fehlersichere Simatic-Steuerung, der 1984 in Betrieb gegangenen Anlage, war in die Jahre gekommen. Auf lange Sicht war die Ersatzteilverfügbarkeit nicht mehr gesichert. Nun, da die Automatisierung samt Visualisierung wieder auf einen zeitgemäßen Stand gebracht werden sollte, lag der Schwerpunkt auf Zukunftssicherheit der neuen Automatisierung. \“Damit bot das Projekt Anlass für unseren ersten Einsatz der neuen fehlersicheren Simatic-Steuerung S7-1500F, und zwar mit Nutzung des Engineering Frameworks TIA Portal auch für die sicherheitsgerichteten Funktionen\“, schildert Geschäftsführer Heiko Scholz die Herangehensweise. \“Mit Steuerungen der Reihe Simatic S7-300F haben wir im Laufe der Jahre viele Anlagen automatisiert und Lösungen für entsprechende Anwendungen fertig in der \’Schublade\‘. Dieses Retrofit-Projekt bot die Gelegenheit einer exemplarischen Migration unseres Know-hows auf die neueste Siemens-Steuerungsgeneration.\“ Mit dem TIA Portal hatten die Programmierer von Suatec bereits nicht-fehlersichere Steuerungsaufgaben und HMI-Oberflächen realisiert. Nun sollte der nächste Schritt folgen: das integrierte Engineering der Safety-Funktionalität.

Ablaufsteuerung, Regelung und Safety-Funktionalität integriert

Die redundant ausgelegte Dampferzeugungsanlage besteht aus zwei baugleichen Kesseln mit einer thermischen Leistung von je 10MW. Jeder Kessel wird mit einem Öl-/Gasbrenner befeuert und separat gesteuert. Der aktuell aktive Kessel liefert Prozessdampf bis 13bar für verschiedene Produktionsanlagen im Werk. Bei länger anhaltenden Störungen wird automatisch der redundante Dampferzeuger aus dem Stand-by-Betrieb heraus aktiviert, um die Prozessdampfversorgung abzusichern. Die Steuerung dieser beiden Anlagen galt es zu modernisieren, das überlagerte Leitsystem sollte unverändert beibehalten werden. Im Rahmen eines früheren Retrofits waren der Ablauf- und der Regelungsteil schon von Suatec auf eine CPU der Reihe Simatic S7-300 portiert und auf einem Simatic Operator Panel visualisiert worden. Aber bislang konnten die Ablaufsteuerung und die Regelung von Füllstand, Dampfdruck und Dampfmenge nur getrennt von den sicherheitsrelevanten Aufgaben realisiert werden. Auf der leistungsstarken Simatic-CPU der Reihe S7-1500F ließen sich nun Ablaufsteuerung, Regelung und Safety-Funktionalität erstmals integriert umsetzen. Das hat den Hardware- und Verdrahtungsaufwand reduziert sowie das Engineering (auch des HMI-Teils) integriert und vereinheitlicht.

Anbindung über Profibus

Über die interne Profibus-Schnittstelle der CPU 1516F (Bild 2) und über Interface-Module des Typs IM153-2 ließen sich sowohl Standard- als auch Safety-Peripheriebaugruppen der Reihen Simatic ET200SP und ET200MP einfach anbinden. Das war besonders wichtig, bei in sich fehlersicher ausgeführten bauteilzertifizierten Brenner- und Kesselkomponenten, wie Flammenwächtern und Sicherheitsventilen, aber auch bei Druck-, Füllstands- oder Leitfähigkeitswerterfassung. Die sicherheitsgerichteten Sensoren und Aktoren sind nun über Profibus und das Profisafe-Protokoll zweikanalig mit der Steuerung verbunden. Diese unterbricht bei sicherheitsrelevanten Fehlern das Hochfahren entsprechend der vorgeschriebenen Sicherheitskette und schaltet die Anlage sicher ab. Die Regelungsaufgaben für die eigentliche Dampferzeugung können im Standardsteuerungsteil der F-CPU ablaufen. Der Austausch mit dem überlagerten Leitsystem erfolgt über eine der integrierten Profinet-/Ethernet-Schnittstellen der F-CPU, also ohne zusätzliche Kommunikations-Hardware.

Safety-Engineering – einfach, effizient und komfortabel

Zur Projektierung und Programmierung von F-CPUs wird das Engineering Framework um das Optionspaket Simatic Step 7 Safety Advanced V13 erweitert. Dann lassen sich auch die fehlersicheren Controller der Reihe S7-1500 in der gleichen Engineering-Umgebung wie Standard-CPUs handhaben – und mit denselben Mechanismen wie Drag&Drop, Copy&Paste oder kontextsensitiven Auswahlmöglichkeiten. Die grundlegende Struktur des Sicherheitsprogramms (F-Ablaufgruppe) und auch die F-Adressen werden beim Einfügen einer F-CPU automatisch angelegt und im Hintergrund verwaltet. So kann sich der Nutzer auf das Wesentliche konzentrieren. In allen Programmteilen und Editoren sind nun die sicherheitsrelevanten Elemente gelb hervorgehoben (Bild 3) und somit deutlich als solche erkennbar: von der Hardware in der grafischen Geräteansicht über die systeminternen zertifizierten Sicherheitsbausteine der F-Library bis hin zu einzelnen Kontakten in den Netzwerken. \“Wir haben aus unserem umfassenden Fundus eigener Sicherheitsbausteine die für die Brennersicherheitskette, den Gasdichtetest und die Ventilansteuerung benötigten Funktionen ausgewählt und auf das neue Engineering-System übertragen\“, erläutert Projektleiter und Programmierer Dirk Tenzer. \“Dabei wurden, wo es sinnvoll und praktikabel erschien, die bereits zertifizierten Sicherheitsbausteine von Step 7 Safety Advanced V13 und auch die neuen Funktionen des Systems genutzt.\“ Durch die Offenheit des Systems lassen sich Bausteine schnell und einfach an individuelle Gegebenheiten anpassen.

Bibliothek für Funktionsbausteine und Module

Neu im TIA Portal ist das sogenannte Bibliothekskonzept. Damit lassen sich einmal erstellte Funktionsbausteine oder auch ganze Module für die lokale (im jeweiligen Projekt) oder globale (unternehmensweite) Verwendung einschließlich Signatur abspeichern und wiederverwenden. Einmal als sogenannte Funktionstypen deklarierte Programmteile erhalten automatisch eine Versionsnummer, die bei jeder Änderung ebenfalls automatisch erhöht wird. Als hilfreich bei der Inbetriebnahme hat sich der Versionsvergleich im Online-Betrieb erwiesen, anhand dessen Unterschiede zum Offline-Projekt jederzeit sichtbar sind. \“Das Safety-Engineering ist mit TIA Portal sehr viel einfacher, effizienter, komfortabler und übersichtlicher geworden\“, so Tenzer. \“Daraus resultiert eine deutliche Zeitersparnis.\“ Auch die Sicherheitsabnahme profitierte von dem integrierten Engineering-Ansatz. Nach dem Erstellen des sicherheitsgerichteten Codes in F-FUP (FUP: Funktionsplan) wurden Netzwerk für Netzwerk, Baustein für Baustein mit dem TÜV abgesprochen und mit den Anforderungen der Norm abgeglichen. Dieses Vorgehen wurde beschleunigt durch die normkonforme Programm-Dokumentation, die TIA Portal auf Knopfdruck bietet.

Visualisierung unter einem Dach

Als eine Software für alles, mit der sich sämtliche Automatisierungsaufgaben integriert lösen lassen, charakterisiert Scholz das TIA Portal. Der Suatec-Geschäftsführer hatte bereits den letzten Steuerungswechsel an den Dampferzeugern selbst absolviert und weiß darum die Vorteile des integrierten Engineerings gut einzuschätzen. \“Per Mausklick von der SPS- in die HMI-Programmierung unter Simatic WinCC V13 zu wechseln und dann mit einheitlichem Look&Feel die Bedienoberfläche (Bild 4) für ein Simatic Comfort Panel TP1500 zu erstellen, das führt schneller denn je zum Ziel.\“ Als komfortabel hat sich dabei die automatische, editorenübergreifende Nachführung von Änderungen an Variablen erwiesen. Das gewährleistet eine projektweite Datenkonsistenz. Über die standardisierte, ohne Programmieraufwand verfügbare Systemdiagnose für S7-1500F-CPUs hinaus hat Suatec in kurzer Zeit ein sehr detailliertes Diagnosekonzept für die Anlage umgesetzt. Der Betreiber erhält zu jeder Störung eine aussagekräftige Meldung, die ihn schnell und direkt zur jeweiligen Ursache führt, was eventuelle Stillstandszeiten kurz hält. Die eigentliche Umstellung und Inbetriebnahme vor Ort dauerte fünf Tage und ist nach Plan verlaufen. Seitdem läuft die Anlage ohne Störungen und damit zur besten Zufriedenheit des Betreibers.

Die 1999 in Büchen (Schleswig-Holstein) gegründete Suatec GmbH hat sich mit individuell maßgeschneiderten Steuerungs- und Automatisierungslösungen einen sehr guten Ruf und breiten Kundenstamm erarbeitet. Seit 2006 ist das Unternehmen auch im süddeutschen Kitzingen präsent und damit noch näher und schneller beim Kunden. Insgesamt beschäftigt der zertifizierte Siemens Solution Partner Automation/Drives derzeit über 60 Mitarbeiter. Das Leistungsspektrum von Suatec deckt alle Phasen der industriellen Automatisierung ab: Planung und Projektierung, Engineering, Software-Entwicklung, Integration, Elektrokonstruktion, Elektromontage, Schaltschrankbau, Service und Wartung. Suatec ist ISO9001 und UL zertifiziert und weltweit im Einsatz. Zu den Spezialitäten von Suatec zählen Anwendungen in der Feuerungs- und Sicherheitstechnik sowie die Automatisierung und Visualisierung von Anlagen und Systemen im kommunalen und industriellen Umfeld in diversen Branchen.

Siemens AG
http://www.siemens.de

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