Die Innovationsallianz Green Carbody Technologies hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Energiemenge, die in der Automobilfertigung bei der Karosseriefertigung aufgewendet wird, deutlich zu reduzieren. Zukünftig will man mit 50% der heute notwendigen Energie auskommen. In insgesamt fünf Verbundforschungsprojekten suchte man in allen Fertigungsschritten der Karosserie bis hin zur Lackierung nach Möglichkeiten, um die Energieeffizienz zu erhöhen. Eines der Verbundprojekte, InnoCaT 4, hatte den \’Energie- und ressourceneffizienter Karosseriebau im Lebenszyklus\‘ zum Thema. Neben verschiedenen Teilprojekten, die sich u.a. mit Fügeprozessen wie dem Laserstrahlschweißen beschäftigen, stand bei einem der Teilprojekte die energieeffiziente Schaltschrank-Klimatisierung im Mittelpunkt. Die Projektpartner Rittal und Friedrich Lütze arbeiteten in diesem Projekt gemeinsam an möglichst effizienten Wegen, um die Wärme aus Schaltschränken abzuführen. Gefördert wurde das Projekt, wie die gesamte Innovationsallianz, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Suche nach Verbesserungspotenzialen
Um zu beurteilen, inwieweit überhaupt Potenziale für Energieeinsparungen existieren, hat Rittal etwa 400 bereits installierte Schaltschränke unter die Lupe genommen. Die Anwendungen, in denen die Schaltschränke installiert sind, umfassen einen Querschnitt über verschiedene Branchen – also nicht etwa ausschließlich die Automobilindustrie. Bei der Untersuchung legten die Spezialisten von Rittal das Augenmerk besonders auf die klimatechnische Auslegung. Tatsächlich zeigte die Untersuchung eine große Fülle an Verbesserungspotenzialen. So weisen beispielsweise 19% aller untersuchten Schaltschränke mit Kompressor-Kühlgeräten einen Luftkurzschluss auf, sodass sich ein Teil der Kühlleistung nicht nutzen lässt. Bei zwei Drittel der Schaltschränke liegen die aktiven Komponenten, die ja einen großen Teil der Wärme produzieren, nicht im Luftstrom zwischen Aus- und Einlass des Kühlgerätes. Auch bei der Auswahl der Klimatisierungslösung zeigen sich deutliche Fehler: Etwa 50% aller untersuchten Kompressor-Kühlgeräte sind deutlich überdimensioniert. Offensichtlich wurde hier die tatsächliche Verlustleistung im Schaltschrank überschätzt. Auch bei der Anordnung der Komponenten innerhalb des Schaltschrankes lassen sich deutliche Verbesserungspotenziale ausmachen. Die Planung scheint in den meisten Fällen rein nach der elektrischen Funktionalität zu erfolgen. Die Planer achten bei der Anordnung der Komponenten offensichtlich vor allem auf eine möglichst einfache Installation mit kurzen Kabelwegen sowie auf die Übersichtlichkeit und Servicefreundlichkeit. Die optimale Führung der kühlen Luft, die Umströmung der zu kühlenden Komponenten oder die Vermeidung sogenannter \’Hot Spot\‘ wird dagegen oft vernachlässigt. Auf Basis der Feldstudie haben die Projektpartner Ansätze erarbeitet, um die Klimatisierung von Schaltschränken energieeffizienter zu gestalten. Ein Hauptaugenmerk lag dabei auf einer besseren Unterstützung der Planer beispielsweise durch geeignete Planungssoftware.
Klimatisierungs-Auslegung in die Planungssoftware integrieren
Da viele der festgestellten Mängel ihren Ursprung bereits in der Planung haben, war ein Lösungsansatz nötig, der die Klimatisierungsplanung soweit vereinfacht, dass diese leicht durchzuführen ist und möglichst wenig Ingenieurkapazitäten in Anspruch nimmt. Optimal wäre es, wenn bereits eine Engineering-Software, die im Rahmen der Elektroprojektierung und bei der Planung des Schaltschrankaufbaus zum Einsatz kommt, eine Klimatisierungsauslegung beinhaltet. Mit diesem Ansatz wurde im Rahmen des Teilprojektes auf Basis der Eplan-Plattform eine Demonstrations-Software entwickelt. Wesentlich für die energieeffiziente Auslegung einer Klimatisierungslösung ist die passende Dimensionierung unter Berücksichtigung der Aufstellsituation und der Umgebungsbedingungen. Dabei müssen im Vorfeld einige Fragen beantwortet werden: Wie ist die Aufstellungsart des Schaltschrankes, freistehend, angereiht oder integriert? Welche Temperaturen herrschen in der Umgebung? Die von Lösungsanbieter Eplan realisierte Demonstrations-Software erlaubt es, alle erforderlichen Parameter sowohl projektbezogen als auch pro einzelnem Schaltschrank zu definieren. Diese Parameter dienen anschließend als Basis für die Planung der Klimatisierungslösung. Auf diese Weise kann der Planer während der Elektroplanung die Klimatisierungslösung integrieren und das Schaltschrank-Layout unter klimatisierungstechnischen Gesichtspunkten optimieren.
Anordnung der Komponenten im Schaltschrank optimieren
Die häufigste Ursache für die Überschreitung der zulässigen Temperatur im Schaltschrank ist aber nicht etwa die zu geringe Kälteleistung des Kühlgerätes. In den meisten Fällen liegt das Problem in der Anordnung der Komponenten innerhalb des Schaltschrankes. Die fehlende Umströmung einer Komponente wird häufig durch eine Verblockung des Luftstroms durch andere Komponenten oder die Verdrahtung verursacht. Auch die Ein- und Auslassöffnungen von Komponenten mit Eigenlüftung sind teilweise durch andere Komponenten blockiert. Wenn thermische Mindestabstände zwischen Komponenten, die in der Regel vom Hersteller angegeben werden, zu gering sind, führt dies häufig zu überhöhten Temperaturen. Um die Komponenten korrekt im Schaltschrank anzuordnen, ist es wichtig, dass die Herstellerinformationen – beispielsweise zu Mindestabständen oder Strömungsrichtungen von Komponenten mit Eigenlüftung – berücksichtigt werden. Nur so lässt sich ein optimales und energieeffizientes Schaltschrank-Layout realisieren. Die Demonstrations-Software berücksichtigt diese Herstellerinformationen und visualisiert bei der Planung die thermischen Mindestabstände sowie Lüftungsvektoren an Ein- und Auslässen von Klimageräten und aktiv belüfteten Komponenten. Gleichzeitig führt sie eine Online-Kollisionskontrolle durch. Eine fehlerhafte Positionierung, die z.B. wichtige Lüftungsöffnungen blockiert, lässt sich so vermeiden. Eine weitere Visualisierungsmöglichkeit des \’Green Carbody Demonstrator\‘ verhindert wirkungsvoll, dass sich sogenannte Hot-Spots bilden. Diese entstehen, wenn aktive Komponenten, die zur gleichen Zeit viel Wärme produzieren, in unmittelbarer Nähe zueinander angeordnet werden. Indem die Software die Verlustleistung aller Komponenten durch einen Farbcode visualisiert, kann der Planer leicht erkennen, an welchen Stellen im Schaltschrank Hot-Spots entstehen können.