Sollen beim Datenaustausch große Entfernungen störungsfrei überbrückt werden, bietet sich eine optische Umsetzung der Kommunikation als zuverlässige Lösung an. Zur Weiterleitung von hochfrequenten Messdaten via Ethernet eignen sich entsprechende Protokolle mit kurzen Zykluszeiten. Hier ist es jedoch wichtig, dass die Verzugszeiten bei der Umsetzung von Kupferkabeln auf Lichtwellenleiter (LWL) gering sind. Vor diesem Hintergrund empfehlen sich Medienkonverter für Windenergieanlagen (WEA), die nur die Hälfte der Latenzzeit von Standardgeräten benötigen.
Ausführliche Leistungs- und Belastungsmessungen
Das international agierende Unternehmen Senvion entwickelt und produziert Windenergieanlagen und vertreibt sie über die ganze Welt. Überall dort, wo die Anlagen systemische Lösungen zur Regelung nutzen, darf in puncto Sicherheit und Zuverlässigkeit nichts dem Zufall überlassen werden. Denn bei den teilweise ausgesprochen harten Betriebsbedingungen sind auch die Anforderungen an die Mechanik und Elektronik entsprechend hoch. Deshalb führt Senvion bei der Inbetriebnahme neuer Anlagentypen ausführliche Leistungs- und Belastungsmessungen durch. Sie bilden die Basis für die Festlegung und Bestätigung von Leistungskurven und Kennlinien. Insbesondere bei Prototypen muss sichergestellt sein, dass deren Standfestigkeit den Anforderungen entspricht. In neuen Windparks errichtet der Anlagenbauer daher temporär einen Messmast, der die gleiche Höhe wie die WEA aufweist (Bild 1). Der Messmast liefert dann alle meteorologischen Daten wie Temperatur, Luftfeuchte und -druck sowie Windgeschwindigkeit und -richtung. In den Anlagen ermitteln DMS-Messstreifen die mechanischen Belastungsgrößen. Zusammen mit den Anlagendaten wie Drehzahl und Pitch-Winkel werden die Informationen in der WEA gesammelt und anschließend extern ausgewertet.
Latenzzeit halbiert
Torsionsmessungen erfolgen u.a. an der sogenannten schnellen Welle im Triebstrang. Das CAN-Netzwerk, das sämtliche Messempfänger an die Basisstation ankoppelt, wird durch die hochfrequente Abtastrate allerdings zu sehr ausgelastet. Für diesen Kommunikationsknoten bietet sich das Echtzeit-Ethernet-Protokoll Ethercat an. Die Verbindungsleitung von der Gondel zum Messrechner im Fuß des Turms erstreckt sich jedoch über mehr als die maximale Ethernet-Übertragungslänge von 100m. Deswegen wird hier auf die Vorteile des optischen Datenaustausches via LWL-Technik zurückgegriffen. Neben der höheren Reichweite kommen auch die Vorteile der galvanischen Trennung sowie des Schutzes gegen Überspannungen durch Blitzeinschlag zum Tragen. Die in den Applikationen verbauten Medienkonverter FL MC 2000T von Phoenix Contact sind auf den Einsatz zeitkritischer Protokolle wie Ethercat, Powerlink, Profinet oder Sercos 3 ausgelegt (Bild 2). Standard-Medienkonverter und Switches mit LWL-Ports setzen die Telegrammpakete im Store&Forward-Verfahren um. Die Übertragungsverzögerung hängt dabei von der Frame-Größe ab und ist deshalb für Echtzeitanwendungen zu hoch. Alle Geräte der Produktfamilie FL MC 2000T werten die Pakete hingegen im Cut-Through-Verfahren aus, bei dem nicht das komplette Datenpaket analysiert wird, sondern nur der Teil, der die Zieladresse beinhaltet. Daher ist die Latenzzeit immer gleich groß und mit 0,7µs lediglich halb so lang wie bei Standardgeräten.
Keine Reichweitenreduzierung
Die meteorologischen Messpunkte am externen Messmast sowie die Belastungsmesspunkte im Turm und in der Gondel sind über CAN vernetzt (Bild 3). Wegen der großen zu überwindenden Distanz zu den einzelnen CAN-Knoten bedient sich Senvion hier ebenfalls der Vorteile der optischen Umsetzung. Die installierten LWL-Konverter PSI-MOS-DNET von Phoenix Contact umfassen eine besondere Funktion, die per DIP-Schalter aktivierbar ist. Im Extended-Mode lässt sich nun erstmals die maximale Übertragungsreichweite ohne Reduzierung der Datenrate im Kupfersegment nutzen. Die integrierte optische Diagnose liefert sowohl bei der Inbetriebnahme als auch im laufenden Betrieb permanent Informationen über die Signalqualität der LWL-Strecke. Das Diagnoseergebnis wird dann für jeden Kanal durch einen vierstufigen Bargrafen visualisiert. Somit bleibt dem Anwender das aufwändige Einmessen mit speziellem Equipment erspart. Sollte die optische Signalqualität nachlassen, setzt ein Schaltkontakt beim Erreichen der Sicherheitsreserve eine Warnung ab. Eine solche präventive Meldung ermöglicht vorbeugende Wartungsmaßnahmen und verhindert Kosten, die sich aus einem Ausfall der Anlage ergeben.
Schnelle Feldkonfektionierung
Bei der Inbetriebnahme sowie bei späteren Serviceeinsätzen legt Senvion Wert auf die einfache Feldkonfektionierung von Steckverbinder und LWL-Leitung. Denn insbesondere die temporäre Vernetzung zum Einsammeln der Messedaten bedingt ein hohes Maß an Flexibilität. Deshalb kann der Anwender die LWL-Steckverbinder problemlos vor Ort konfektionieren. Die von Senvion verwendeten Leitungen müssen eine Entfernung bis 500m überbrücken, weshalb sich HCS-Fasern anbieten. Aufgrund ihrer Beschaffenheit lassen sie sich erheblich besser als Multimode- oder Singlemode-Glasfasern konfektionieren. Die dazu genutzten Werkzeuge erfordern kein aufwändiges Polieren, Kleben und Aushärten bei der Steckermontage. Phoenix Contact stellt in diesem Umfeld eine HCS-GI-Faser zur Verfügung, die sich von den standardmäßig eingesetzten stufenindexbasierten HCS-Fasern darin unterscheidet, dass das neue Gradientenindexprofil eine erhöhte Bandbreite erlaubt. So lassen sich in Fast-Ethernet-Systemen mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 100MBit/s Distanzen bis 2.000m überwinden. Das HCS-GI-Kabel umfasst einen robusten PUR-Außenmantel und ist schleppkettentauglich. Damit widersteht es bei der Verlegung im Turm den Torsionsanforderungen des Kabel-Loops zur Gondel.
Die Ethernet-Medienkonverter der Produktfamilien FL MC 2000E und FL MC 2000T ermöglichen die optische Umsetzung für Echtzeit-Anwendungen. In der Betriebsart Cut Through werden die Verzugszeiten im Vergleich zu Standard-Mechanismen halbiert. Deshalb bieten sich die Medienkonverter zur Nutzung in zeitkritischen Ethernet-Applikationen wie Ethercat, Powerlink, Profinet oder Sercos 3 an. Die für Multimode- und Singlemode-Glasfaser ausgelegten Geräte im robusten Metallgehäuse eignen sich für extreme Umgebungsbedingungen. Ein erweiterter Temperaturbereich von -40 bis 75°C erlaubt die Realisierung vielfältiger Anwendungen. Werden Singlemode-Glasfasern verwendet, lassen sich Distanzen bis 40 Kilometer überbrücken. Neben zahlreichen Diagnose-LEDs umfassen die Geräte die Funktion Link-Fault-Pass-Through, die für eine permanente Link-Überwachung der Verbindung sorgt. Tritt ein Link-Verlust auf, wird dieser über den ganzen Verbindungsweg transparent abgeschaltet. Dadurch können im Bedarfsfall sofort Redundanz-Mechanismen greifen. Darüber hinaus informiert ein Relaisausgang über einen Spannungs- oder Link-Verlust. Die Geräte der Serie FL MC 2000E sind speziell für den Einsatz in der Energietechnik entwickelt worden. Aufgrund ihrer hohen EMV-Verträglichkeit lassen sie sich in Schaltanlagen montieren, die den Anforderungen der IEC61850-3 oder der IEEE1613 entsprechen müssen.