Effizientes Motion Control Engineering Flexibel parametrieren und programmieren – Teil 1 von 2

Komfortableres und effizienteres Arbeiten durch neue Funktionen war der Fokus bei der Entwicklung der neuen Version eines Motion-Control-Systems. Das spiegelt sich in vielen Details zur verbesserten Handhabung wider. Dazu kommen weitere Hardware-Varianten für anspruchsvolle Anwendungen. Diese Neuerungen unterstützen Anwender bei der Umsetzung von leistungsfähigen und anspruchsvollen Aufgaben mit dem bewährten Motion-Control-System.

Die Geschäftseinheit Drive Technologies (DT) der Siemens AG hat ihr Motion-Control-System Simotion weiterentwickelt und zur SPS/IPC/Drives die Version 4.2 vorgestellt. Dabei sind die Rückmeldungen aus der Praxis stark eingeflossen. Daraus wurden neue Ideen z.B. für die Verknüpfung der Objekte im Simotion-System umgesetzt. Zusätzlich fokussiert das neue Release auf eine verbesserte Handhabung (Usability) und noch höhere Funktionalität des Engineering-Systems Simotion Scout. Darüber hinaus wurde die antriebsbasierte Hardware-Plattform Simotion D innoviert und um eine neue Variante für das obere Leistungsspektrum ergänzt. Hohe Effizienz bei der Handhabung von Objekten Bedeutsamste Neuerung im Engineering-System Simotion Scout ist die vereinfachte Anbindung an das Antriebssystem Sinamics. Mit diesem Schritt wird der Anwender durch eine weitgehend automatisierte Integration von Antrieben und deren Elementen in Simotion unterstützt. Bisher ist für die Anbindung der Antriebe gemäß Profidrive die entsprechende Kommunikation sowohl auf der Antriebs- als auch auf der Steuerungsseite zu projektieren. Durch die neue symbolische Zuordnung von Technologieobjekten (TOs) und I/Os zu Antriebsobjekten (Drive Objects/DOs) muss sich der Anwender nicht mehr um die Profidrive-Kommunikation mit Telegrammen und Adressen kümmern. Das übernimmt nun das Engineering-System. Die Zuordnung der Objekte untereinander erfolgt über ein neues \’Verschaltungs-Control\‘. In diesem Dialog sind alle passfähigen Partner hierarchisch aufgelistet, und durch einfache Auswahl der zu verschaltenden Komponenten erfolgt die Verbindung symbolisch. Im Control stehen die Sinamics-Antriebe bzw. Sinamics-Geräte und Terminal-Module mit ihren verfügbaren I/Os zur Auswahl. Dabei werden nur die passfähigen Elemente mit symbolischen Bezeichnern gelistet, wobei sogar die Klemmenbezeichnungen der Baugruppen aufgeführt sind. Das Ganze ist einfach, grafisch und erschließt sich Einsteigern wie erfahrenen Programmierern ohne lange Einarbeitung. Durch die symbolische Zuordnung… – … werden vom Engineering-System automatisch die Kommunikation zwischen Achse und Antrieb, die erforderlichen Profidrive-Achstelegramme und die verwendeten Adressen eingerichtet. – … werden abhängig von der gewählten TOTechnologie Telegramme erweitert und Verschaltungen im Antrieb automatisch angelegt. – … können Achs- und Antriebsprojektierung zunächst unabhängig voneinander vorgenommen und erst zu einem späteren Zeitpunkt die Zuordnung durchgeführt werden. – … sind auch Verknüpfungen von Schaltsignalen wie Hardware-Endschalter, Nocken und Messtaster auf vorhandene Sinamics-Hardware einfach symbolisch möglich. – … werden bei der Projektierung von I/O-Variablen auf Sinamics-I/Os automatisch die Kommunikationsverbindungen hergestellt, d.h. Telegramme und Adressen automatisch eingerichtet und die I/Os auf das Telegramm verschaltet. – … bleiben einmal eingerichtete Kommunikationsverbindungen auch bei notwendigen Adressverschiebungen erhalten. Das spart Zeit und reduziert Fehlermöglichkeiten, die bei manueller Eingabe immer gegeben sind. Die Objektverbindungen werden klar und übersichtlich dargestellt und sind dadurch einfacher zu diagnostizieren. Beispiel: Ein Nockenausgang wurde in der Vergangenheit über die logische Adresse verknüpft. In der neuen Version wird der Nockenausgang über eine \’Symbolische Referenz\‘ verbunden. Die Symbolik gibt den tatsächlichen Endpunkt, nämlich die Ausgangsklemme an. Muss dieser Ausgang über ein Profidrive-Telegramm übertragen werden, erfolgt die Telegrammprojektierung automatisch durch das Engineering-System. Die symbolische Zuordnung lautet: D455.CAM_6 [DI/DO 6, X142.12] Die Bedeutung: Ausgang mit Nocken-Qualität \’CAM_6\‘ auf Gerät \’D455\‘, Klemme \’X142.12\‘, Bezeichnung des Pins \’DI/DO 6\‘ Das erhöht die Transparenz bei der Projektierung und vereinfacht eventuelle Serviceeinsätze (insbesondere an unbekannten Anlagen) und nachträgliche Projektmodifikationen. Achskonfiguration und -änderung Im Zuge dieser Neuerungen wurden auch die Masken und Vorgehensweisen bei der gesamten Achskonfiguration überarbeitet. Somit lassen sich gezielt einzelne Konfigurationsänderungen vornehmen. Dabei beschränkt sich der Arbeitsablauf für den Anwender nur auf die absolut notwendigen Angaben. So können z.B. für die Anbindung eines zusätzlichen Gebers oder weiterer Achsdatensätze bereits vorhandene Einstellungen kopiert und angepasst werden, was weitere Zeit spart. Komfortabler Detailvergleich auch in grafischen Sprachen Die bei Verwendung von Structured Text (ST) bekannten Möglichkeiten des Detailvergleichs stehen jetzt in den grafischen Programmiersprachen KOP/FUP und MCC (Motion Control Chart) zur Verfügung. Das ermöglicht grafische Vergleiche von Programmen, wobei identische und voneinander abweichende Strukturen und Befehle anhand einer unterschiedlich farblichen Darstellung auf einen Blick erkennbar sind (Bild 1). Das System zeigt identische Stellen in den Programmen auf gleicher Höhe an, um maximale Übersicht zu bieten. Dabei können einzelne Programmteile oder Befehle über den Detailvergleich einfach ins Referenz-Projekt übernommen werden. Das steht sowohl für Online-Offline-Vergleiche als auch bei reinen Offline-Vergleichen zur Verfügung. Durch weitere Detailvergleiche für andere Projektkonfigurationen wie z.B. I/Os, TO-Verschaltungen, TO-Alarme und CPU-Einstellungen ist ein kompletter, detaillierter Geräte- Vergleich und ein Abgleich der Unterschiede möglich. Damit wird alles transparent. Auch das Zusammenführen (Mergen) von Programmen wird vereinfacht. Vereinheitlichtes Look&Feel aus der Office-Welt Die Darstellung sämtlicher Listen im System wurde vereinheitlicht und an das bekannte Look&Feel der Office-Anwendungen angepasst. Dabei wurde bei der Umsetzung auch auf Datensicherheit geachtet. Bei eventuellen Bedienfehlern, z.B. bei fehlerhaftem Copy&Paste, restauriert das System die Daten wieder. Nichts kann verloren gehen. So können auch Einsteiger intuitiv, schnell und sicher mit der Engineering-Software umgehen. In der zur Adressliste erweiterten I/O-Liste werden in einer neuen Ansicht alle Verschaltungen einschließlich der Technologieobjekte und der TO-spezifischen I/Os übersichtlich angezeigt. In dieser Ansicht können Verschaltungen ebenfalls modifiziert oder umfangreich geändert werden. Die hier implementierte tabellarische Darstellung findet auch in anderen Listen wie den Symbol-Browsern und Watch-Tabellen Verwendung. Große Datenmengen lassen sich übersichtlich darstellen und bearbeiten. Der Anwender kann nach seinen Wünschen filtern, strukturieren, sortieren und gruppieren oder auch Bereiche aus- und wieder einblenden. Verschiedene Testfunktionen verschaffen Durchblick Eine wichtige Neuerung zur Analyse oder Systemoptimierung ist der sogenannte System-Trace. Damit können bis zu 128 Signale aus mehreren, über Profinet miteinander vernetzten Simotion-Controllern synchron aufgezeichnet werden. Dabei stehen dieselben Trigger-Kriterien zur Verfügung wie beim Trace einzelner Geräte, so z.B. das Überschreiten eines bestimmten Schwellwertes einer Variablen. Dieses wird auf einer CPU erkannt und die Aufzeichnung auf allen konfigurierten Geräten gestartet. Anschließend können die Daten grafisch analysiert und daraus Optimierungen abgeleitet oder Fehlverhalten schnell lokalisiert werden. Vor allem bei komplexen Anlagen wie Druckmaschinen mit mehreren modularen Steuerungen und geräteübergreifendem Gleichlauf wird dies die Inbetriebnahme und auch Serviceeinsätze deutlich verkürzen. In Simotion können Technologieobjekte zur Laufzeit durch Konfigurationsdaten, Systemvariablen und Befehle aus verschiedenen Programmen und Ablaufebenen beeinflusst werden. Durch den neuen TO-Trace lassen sich alle auf ein Technologieobjekt einwirkenden Ereignisse in Echtzeit aufzeichnen und im Detail in einer zeitlichen Reihenfolge im Engineering-System darstellen. Das führt zu einer verbesserten Erkennung sporadischer Fehler in der Applikation und damit zu beschleunigter Inbetriebnahme. Erweiterte Funktionen und ­Diagnosemög-lichkeiten bieten auch die Watch-Tabellen. In diesen Tabellen hat der Anwender die Möglichkeit, vielfältige Variable des Projektes (auch unterschiedlicher Geräte) zu sammeln. Er kann Variablen frei wählen und verschieden konfigurierte Watch-Tabellen für unterschiedliche Aufgaben erstellen. Diese Watch-Tabellen können mit den aktuellen Werten übersichtlich dargestellt und gesteuert werden. Über hinterlegte Steuerwerttabellen lassen sich u.a. umfangreiche Testsequenzen schnell und einfach durchführen. Für mehr Übersicht bei Diagnose und Fehlersuche sorgen auch Neuerungen wie die \’Leuchtspur\‘ im MCC-Editor, die den Programmablauf auch bei schnellen Befehlsübergängen sichtbar und nachvollziehbar macht, oder \’sprechende\‘ Symbole in den Reiterlaschen der geöffneten Programme, die auf die aktiven Status- oder Debug-Funktionen hinweisen. Kleine, unscheinbare Hilfen in unterschiedlichen Lagen Mehr Übersicht und Effizienz im Programmieralltag bieten auch ganz unscheinbare Dinge wie die Anzeige der Variablenart und des aktuellen Wertes bei bestehender Online-Verbindung und eventuell hinterlegter sprachabhängiger Kommentare beim Überfahren im Code mit dem Mauszeiger (\’Tooltips\‘). Rollout-Tips geben dem Anwender Hinweise bei Fehleingaben oder noch fehlenden System-Informationen beim Arbeiten in Tabellen oder Eingabefeldern. Die systemweit wirkende automatische Vervollständigung der Benutzereingaben (\’Auto-Complete\‘) mit automatischer Berichtigung der Groß-/ Kleinschreibung macht das Editieren ebenfalls effizienter und sorgt für gut lesbaren Programmcode. Komfortabel gestaltete Bahninterpolation Zur allgemeinen Nutzung freigegeben ist nun auch die Funktion \’Conveyor Tracking\‘. Damit lassen sich Handling-Bewegungen durch einfaches Parametrieren ebenfalls auf frei im Raum verlaufende Förderbänder synchronisieren, beispielsweise für das Abnehmen und/oder Aufsetzen von Produkten im schnellen Durchlauf. Noch anschaulicher und dadurch weiter vereinfacht wird die Konfiguration gängiger Handling-Kinematiken durch bebilderte Konfigurationsmasken. Neben den Systemfunktionen zur Interpolation steht eine Standardapplikation für flexible Handling-Anwendungen mit zusätzlichen Funktionen wie z.B. Zonenüberwachung, Produktregister, freie Kinematikschnittstelle und HMI mit kompletten Bedienmasken sowie Verfahrprogramm-Editor zur Verfügung. Höhere Steuerungs- und Antriebsrechenleistung Die skalierbare antriebsbasierte Plattform Simotion D wird um zusätzliche Varianten erweitert. Die beiden Gerätevarianten Simotion D445-2 DP/PN und Simotion D455-2 DP/PN sind für hohe Anforderungen konzipiert (Bild 3). Wie die Bezeichnungen verraten, haben beide Steuerungen Profinet-Funktionalität und drei integ­rierte PN-Ports bereits eingebaut. Die leistungsfähigste Variante Simotion D455-2 ist für große Mengengerüste konzipiert, mit bis zu 128 Motion-Control-Achsen, oder für Anwendungen mit kürzesten Regeltakten. Neu ist die Möglichkeit, neben zwei verschiedenen Interpolationstakten gleichzeitig zwei unterschiedliche Servotakte nutzen zu können. Damit lassen sich beispielsweise dynamische Lage-/Druckregelungen an Hydraulikachsen mit Zykluszeiten von bis zu 250µs über die Profinet-Schnitt­stelle(n) und \’langsamere\‘ elektrische Servoachsen mit Zykluszeiten bis zu 0,5ms über die integrierte Profidrive-Schnittstelle realisieren – das Ganze aufgrund äquidistanten Verhaltens praktisch ohne Laufzeitabweichungen (Jitter <1µs), sodass eine hohe Regelgüte und damit letztlich eine hohe Prozess- bzw. Produktqualität gewährleistet ist. Schneller bei der Umsetzung von Anwendungen

Siemens AG
http://www.siemens.de/simotino

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Bild: Ceratizit Deutschland GmbH
Bild: Ceratizit Deutschland GmbH
Werkzeuge – immer passend

Werkzeuge – immer passend

Eine digitalisierte Fertigung hat viele Gesichter… und Recker Technik aus Eschweiler setzt ihr auf jeden Fall einen Smiley auf. Dort bringt die Produktion mit digitalen Zwillingen mehr Effizienz in den Alltag sowie gleichzeitig mehr Überblick über das Toolmanagement und die Werkzeugkosten. Mit dabei: Zwei Tool-O-Maten, die intelligenten Werkzeugausgabesysteme von Ceratizit – dank denen immer das passende Werkzeug für den Job zur Hand ist.

mehr lesen
Bild: Hainbuch GmbH
Bild: Hainbuch GmbH
„Wie passende Spanntechnik die Automation voranbringt“

„Wie passende Spanntechnik die Automation voranbringt“

Zunehmend individuellere Kundenanforderungen, mehr Schwankungen im Auftragseingang und weniger Fachkräfte – diese Faktoren beeinflussen die Fertigungsplanung zunehmend. Gerade bei kleinen Herstellungschargen mit Losgrößen unter 100 macht in diesem Spannungsfeld die Automatisierung, etwa von Hainbuch, den Unterschied. Ein entscheidender Ansatzpunkt in der Umsetzung ist neben Maschine, Roboter und Bediener der Rüst- und Spannprozess.

mehr lesen
Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik
Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik
Futter für die Ewigkeit

Futter für die Ewigkeit

Siemens Energy setzt für die Präzisionsbearbeitung an einer Horizontaldrehmaschine Magnos Elektropermanent-Magnetspannfutter von Schunk ein. Dank der gleichmäßig dauerhaft wirkenden Magnetspannkraft erfolgt das Spannen der Werkstücke deformations- und vibrationsarm – für eine ausgezeichnete Bearbeitungs- und Oberflächenqualität. Mit der zugehörigen App lässt sich die Spannsituation simulieren und sicher parametrieren.

mehr lesen