Dolmetscher im Dschungel des IoT

Das Internet der Dinge erleben wir nicht erst seit heute. Schon seit vielen Jahren sind Geräte und Maschinen miteinander vernetzt. Die Vernetzung, gewachsen aus den Möglichkeiten der Kommunikation, auch im Shop-floor, ist aber nur die Voraussetzung. Wichtiger ist eine gemeinsame Sprache.

Geschlossene Systeme werden in Konstruktionsbüros entworfen, offene Systeme durch Standardisierungsgremien geprägt. Ohne diese Offenheit wird eine 4. industrielle Revolution nicht möglich sein. Mit dem Entwurf von RAMI 4.0 sind wir auf einem guten Weg. Für die Migration bestehender Systeme ist die Industrie-4.0-Komponente (I4.0-Komponente), die im Rahmen von RAMI entwickelt wird, das erste Etappenziel. Die I4.0-Komponente folgt sowohl dem Ansatz der Komponentenorientierung als auch der Service Oriented Architectue. D.h. eine I4.0-Komponente hat nicht nur eine formal definierte Schnittstelle, sondern sie ist identifizerbar und gibt auch über sich selbst Auskunft. Mit dieser Komponentenbeschreibung ist sie auf eine offene Welt vorbereitet. Aussichtsreiche Kandidaten für einen Standard im Kontext von RAMI 4.0 sind sicherlich OPC UA für die Schnittstelle und AutomationML für die Selbstbeschreibung der Komponente, die zusammen die Basis für die Verwaltungsschale bilden. Eine standardisierte, allgemeine Beschreibungssprache könnte somit die Lösung sein. Ein Blick in die Wirklichkeit lehrt uns aber, dass ein Esperanto zwar eine schöne Idee ist, sich aber als Sprache nie durchgesetzt hat. Tatsächlich kooperieren verschiedenste Geräte, Maschinen und Systeme bereits miteinander. Sie brauchen nur die Möglichkeit untereinander zu kommunizieren und ein Gateway, das die unterschiedlichen Sprachen übersetzt, so wie ein Reisestecker, der verschiedenste Steckdosenformate miteinander verbinden kann. Der entscheidende Schritt ist dabei die Modellierung der Schnittstellen, der Formate und der Protokolle. Für viele Protokolle, Geräte und Datenformate liegen diese Modelle vor oder können leicht abgeleitet werden. Um beim Bild des Reisesteckers zu bleiben wird eine Art Transformator, also ein Dolmetscher gebraucht, der einen sicheren Informationsaustausch gewährleistet. Im SOA-Konzept bedeutet das, dass sich Systeme miteinander verbinden lassen, solange sie über passende Schnittstellen verfügen, unabhängig davon, was die jeweiligen Systeme intern an Technologien benutzen. Im System Quality Center am Fraunhofer Fokus geht man noch einen Schritt weiter. Durch die formalen Beschreibungen der Schnittstellen (Verwaltungsschalen) können Model-Transformatoren verwendet werden, die diese Dolmetscher-Dienste sogar automatisiert erzeugen. Dies ist durch die konsequente Anwendung modellbasierter Entwicklungstechniken möglich. Auf diese Weise werden sowohl die notwendigen Softwarebestandteile, als auch bspw. entsprechende Testfälle für die Qualitätssicherung semi-automatisch erzeugt. Statt eines universellen Reisesteckers wird dabei genau der Adapter generiert, der für eine konkrete Steckverbindung benötigt wird. Dies entspricht genau der Idee der individualisierten Massenproduktion, Stichwort Losgröße eins. Damit ist auch garantiert, dass Anpassungen während der Lebenszeit eines solchen Dienstes punktgenau und qualitätsgeprüft durchgeführt werden können. Theoretisch lassen sich diese Dolmetscherdienste sowohl im Gerät als auch in der IT-Welt etablieren. Jedoch würde es in jedem Fall einen erheblichen Eingriff in deren Lifecyle-Management bedeuten. Dieses Dilemma kann umgangen werden, indem (wie beim Reisestecker) ein Switch verwendet wird, der beide Seiten versteht. Dieser Switch verbindet die Feldebene mit der IT-Welt. Durch einen integrierten VPN-Tunnel hat er auch die notwendigen Security-Eigenschaften, um in eine offene Kommunikation mit eingebunden zu werden. Verwaltet wird der Security-Dienst von dem Tosibox Central Lock. Hierzu hat Yacoub Automation eine Kooperation getroffen. Dadurch können bis zu 4000 Verbindungen gleichzeitig, mit einem Verschlüsselungs-Durchsatz von über 700 Mbit/s bewältigt werden. Dieses System ist ideal, wenn dutzende Anwender Zugang zur Anlage oder dem Shop Floor benötigen. Die Zugriffe können individuell oder in Zugangsklassen konfiguriert werden. Auf dem Switch werden dann die Industrie-4.0-Komponenten implementiert, die nach außen eine sichere Verbindung in die IT-Welt und nach innen einen zuverlässigen Zugriff auf die Geräte garantieren.Yacoub Automation und das System Quality Center (SQC) von Fraunhofer Fokus arbeiten bereits in vielen Projekten zusammen. Eine gemeinsame Etablierung dieser innovativen Komponententechnologie eröffnet neue Chancen. Darüber hinaus sind allerdings auch noch andere Hürden zu überwinden. Durch die Offenheit der Architektur, in der Komponenten eingebunden werden, sind die Qualitätsanforderungen an sie besonders hoch. Von der Anforderungsanalyse bis zum Abnahmetest sollte der Entwicklungsprozess daher diesen Qualitätsanforderungen genügen und jederzeit überprüfbar und nachweisbar sein. Dabei müssen verschiedenste Entwicklungswerkzeuge miteinander kooperieren und geordnet zusammenspielen. Das Fraunhofer-Institut Fokus bietet mit dem ModelBus eine verteilte Entwicklungsumgebung, mit der sich unterschiedlichste Systeme unter Einsatz eines ganzen Portfolios von Softwarewerkzeugen entwickeln lassen. ModelBus selbst folgt dabei wiederum dem Dolmetscher-Prinzip und sorgt für eine ungetrübte Kommunikation in der heterogenen Welt der Entwicklungswerkzeuge.

Yacoub Automation GmbH
http://www.yacoub.de

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