Das geheime Potenzial der Industrie 4.0

Die Erreichbarkeit des breiten industriellen Mittelstandes
Angela Merkel und andere deutsche Politiker rufen zur vierten industriellen Revolution auf. Die Ansage ist eindeutig: Deutschland übernimmt beim Thema Industrie 4.0 auf globaler Ebene die Rolle des Vorreiters. Mittlerweile kommt das Thema auch in der Industrie selbst an. Vielerorts beginnt die Konzeptarbeit. Im Vordergrund stehen die technischen Herausforderungen. Autonome cyber-physische Systeme nutzen die Internet-Infrastruktur zur Datenkommunikation und bringen den Fortschritt. Bisher vernachlässigte Facetten in der Diskussion um die Anatomie der Industrie 4.0 bergen das Potenzial der wahren Revolution: neue Paradigmen in der Bedienbarkeit und den Geschäftsmodellen. In ihnen liegt die große Chance für die Erreichbarkeit des breiten industriellen Mittelstandes.

Im Moment ist es so, dass nach wie vor die breite Masse von kleinen und mittleren Produktionsunternehmen an der Einführung von Systemen wie Manufacturing Execution Systeme (MES), Lösungen zur Maschinendatenerfassung (MDE), Betriebsdatenerfassung, ERP-Systeme, Instandhaltungs-Lösungen usw. scheitern. Studien zeigen, dass die hohe Komplexität und der Ressourcen-Aufwand bei der Einführung dieser IT-Projekte für die Unternehmensgröße eine oft große Hürde darstellen. Das Optimierungspotenzial (und damit der Return on Invest) sind meist unklar, das Risiko bzw. der Umsetzungsaufwand zum erwarteten Nutzen scheint teilweise zu hoch. Das sind Gründe, warum bereits heute verfügbare, hochtechnologische IT-Systeme im breiten industriellen Mittelstand sehr schwer Einzug finden. Der Markt spiegelt genau diese Situation auch real wider: System-Hersteller kämpfen im Marktsegment der industriellen Großunternehmen um Kunden. Die breite Masse der Kleinst- und mittelgroßen Betriebe ist weniger attraktiv. Die Probleme in der Produktion sind jedoch unabhängig von der Unternehmensgröße die gleichen. Der Bedarf wäre also da. Der Trend zu Internet-vernetzten Systemen scheint seit dem Aufkommen von Themen wie \’Machine-2-Machine (M2M) Communication\‘, \’Internet of Things\‘, \’Big Data\‘, uvm. als logischer nächster Schritt. Diese Einflüsse liefern neuartige Technologien, die neue System-Architekturen zulassen. Sie liefern die technische Basis für die Industrie 4.0.

Die Rolle neuer Paradigmen

Mit der neuen Technologie werden wichtige erste Hürden bei der Erschaffung der Industrie 4.0 genommen. M2M, Big Data etc. für sich alleine sind jedoch nicht das Allheilmittel zur Erreichung der breiten Masse. MDE und MES haben es in den letzten 20 Jahren nicht in alle mittelständischen Unternehmen geschafft, und das liegt nicht nur an der Technologie alleine. Im Moment erscheinen die Forschungs- und Entwicklungsbemühungen wie ein teurer \’Spielplatz\‘ für die altbewährte Zielgruppe: große Produktionsunternehmen. Erweitert man neue technologische Konzepte um die Facetten Einfachheit und Geschäftsmodell erhält man Systeme, die einer größeren Zielgruppe zugänglich sind.

Einfachheit

Transparenz ist eine wichtige Grundlage für alle Optimierungsbemühungen und Entscheidungen (Wartung, Neuanschaffung Anlagen). Meist reichen hier simple Informationen wie Anzahl und Dauer von Signalen (Stückzahlen, Störungen, Auslastung) oder Sensor-Daten (Temperaturen, Energieverbräuche). Die Erfassung dieser Daten, die in dem heterogenen Umfeld der Produktion meist von physikalischen Signalen abgeleitet werden müssen, sollte einfach und mit geringem Aufwand möglich sein. Dafür müssen möglichst viele Aufgaben und Abhängigkeiten von anderen Personen/Abteilungen beseitigt werden – wie im Fall der Datenerfassung der IT-Aufwand für die Übertragung, Speicherung, Aufbereitung und Visualisierung der Daten. Schlanke IT-Lösungen müssen für alle Mitarbeiter einfach verfügbar und so simpel zu benutzen sein wie Werkzeuge. Wie ein Multimeter, mit dem Mitarbeiter Spannungen messen können. Mitarbeiter in der Produktion kennen die Anlagen ja meist sehr genau und wissen, was sie gerne erfassen würden – ihnen fehlt oft nur das Werkzeug.

Geschäftsmodell

Die produzierende Industrie war in den letzten Jahrzehnten nicht sehr aufgeschlossen gegenüber innovativen Geschäftsmodellen. Projekte folgen in der Regel immer demselben Muster: Das Unternehmen entscheidet sich, ein System einzuführen und beginnt mit der Evaluierung. Mögliche Anbieter bieten ihre Lösung mittels herkömmlicher Vertriebsstrategien an. Es wird während der Evaluierungs- und Angebotsphase schon relativ exakt spezifiziert, was die Lösung leisten muss – die Lizenz-/Projektkosten sind ja abhängig vom Umfang. Bis die Lösung in Betrieb geht, vergehen meist Monate. Durch die lange Projektlaufzeit und die hohen Investitionskosten ist das Risiko für das Unternehmen relativ hoch. n anderen Bereichen der Industrie haben in den vergangenen zehn Jahren neue Modelle wie z.B. \’Software as a Service\‘ Fuß gefasst. Es handelt sich dabei um Lösungen, die sich auf einen Funktionsumfang spezialisieren – diesen aber so einfach und intuitiv wie möglich gestalten. Diese Lösungen werden entweder nach Nutzung am Monatsende abgerechnet oder können meist für einen bestimmten Zeitbereich (mit entsprechenden Rabatten) gemietet werden. Sie eignen sich vor allem für Anforderungen, die wenig Individualisierung benötigen. Wenn es z.B. um das Schaffen von Transparenz in der Fertigung geht, eignet sich das Modell jedoch sehr gut.

Die Vorteile dieser schlanken Lösungen mit neuen Geschäftsmodellen liegen auf der Hand:

  • der Inbetriebnahme-Vorgang wird auf ein Minimum reduziert;
  • da es keine Investitionskosten und Bindung gibt, ist das Projektrisiko sehr gering und der Return on Invest tritt weit früher ein;
  • die Abhängigkeit vom System fällt weg, eine temporäre Nutzung bzw. der Umstieg auf eine andere Lösung ist jederzeit möglich;
  • die Anzahl der involvierten Stakeholder (Lieferanten, interne/externe Experten) wird stark reduziert.

Die Mischung aus neuen Technologien, schlanken Prozessen und neuartigen Geschäftsmodellen schafft damit eine neue Art von Lösungen, die vor allem Einstiegshürden bei kleinen und mittelständischen Unternehmen senken können. Werkzeuge, die in der Produktion für Transparenz sorgen und die Basis für Optimierungsmaßnahmen sind, werden damit in Zukunft Unternehmen aller Größen zur Verfügung stehen.

Beispiel aus der Praxis

Das junge Startup LineMetrics hat dieses Konzept umgesetzt und bietet Unternehmen eine sehr einfache und schlanke Gesamtlösung zur Erfassung, Analyse und Weiterverarbeitung von Daten aus der Produktionsumgebung. Die Lösung besteht aus einer M2M-Datenlogger-Hardware, die physikalische Daten (Zustände, Sensordaten) erfasst und an das Cloud-basierte LineMetrics Web-Portal sendet. Beide Teile sind natürlich perfekt aufeinander abgestimmt. Der Inbetriebnahme-Prozess ist daher denkbar einfach – der Kunde selbst verbindet die Datenlogger-Hardware mit der Anlage bzw. den Sensoren, die Visualisierung und einige Statistiken der erfassten Daten sind sofort mittels Web-Browser verfügbar und können mit wenigen Mausklicks zu Kennzahlen weiterverarbeitet werden.

Dem Kunden stehen zwei Preismodelle zur Verfügung:

1. Möchte der Kunde die Lösung testen oder benötigt er das System nur über einen bestimmten Zeitraum (z.B. \’Standortbestimmung\‘, während der Behebung eines konkreten Problems) steht das Mietmodell zur Verfügung. Am Monatsende wird je nach Nutzung (Anzahl aufgezeichneter Datenpunkte + benötigte Hardware) verrechnet.

2. Für eine permanente Nutzung der Lösung (z.B. als Maschinendatenerfassung) kann ein Unternehmen das Produkt für einen bestimmten Zeitraum (ab einem Jahr) erwerben. Die Gebühr orientiert sich an der Höhe der jährlichen Wartungsverträge von Produkten des Mitbewerbs. Die typischen Investitionskosten entfallen weitgehend, da die Inbetriebnahme ja vom Kunden selbst durchgeführt wird und die Kosten der benötigten Erfassungs-Hardware in der Nutzungsgebühr enthalten sind. Damit LineMetrics diese schlanke Preisstruktur bieten kann, sind auch neue Ansätze in der Vertriebsstrategie notwendig. Die Homepage von LineMetrics bietet Kunden dabei aktive Unterstützung zu Themen wie Transparenz und Produktionsoptimierung und transparente Preise. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Applikation jederzeit in einer Demo-Umgebung zu testen bzw. direkt zu erwerben. Durch die Zufriedenheits-Garantie und Erfahrungsberichte anderer Nutzer bietet LineMetrics die entsprechende Sicherheit beim \’Kauf über das Internet\‘. Das LineMetrics-Team ist fest davon überzeugt, dass durch Einfachheit und Transparenz in allen Bereichen des Produktes – bei der Inbetriebnahme und bei der Nutzung, beim Preismodell und im Support – die Chance zur wahren Revolution schon heute gegeben ist. Zur Revolutionierung IT-gestützter Systeme in der gesamten Industrie, nicht nur im \’oberen Preissegment\‘.

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