Für die Lösung von Automatisierungsaufgaben gibt es immer wieder Situationen, in denen extrem schnelle Reaktionszeiten notwendig sind, sei es um eine Funktion überhaupt erst möglich zu machen oder die Qualität sicherzustellen bzw. die Produktionsleistung zu erhöhen. Während die klassische Automatisierungstechnik mit Reaktionszeiten im Bereich von Millisekunden agiert, geht es hier um Mikrosekunden. \“Das Thema ist nicht neu\“, erläutert uns Anton Meindl. Er ist Business Manager Controls bei B&R. \“Die Anforderungen hat es schon seit vielen Jahren und in vielen Anwendungen gegeben, mögen das nun Anwendungen in Papiermaschinen, Druckmaschinen oder in Spritzgießmaschinen gewesen sein: Für solche Aufgaben musste der Anwender immer auf proprietäre Spezialhardware zurückgreifen – mit all den Problemen, die dadurch entstehen.\“
Standard statt proprietär
Mit der Reaction Technology hat B&R im vergangenen Jahr ein System vorgestellt, das die Anforderungen solch extrem schneller Anwendungen aus dem Standard-System erfüllt. Markus Sandhöfner, Geschäftsführer Deutschland bei B&R, erläutert:\“Neu ist, dass wir diese Anforderungen mit Reaction Technology heute aus dem Standard-Automatisierungsbaukasten von B&R abdecken können und damit auch die Probleme eliminieren, die durch den Einsatz proprietärer Geräte entstehen, weil diese immer einen Systembruch darstellen.\“ Bereits seit vielen Jahren hatte B&R selbst Spezial-Lösungen für bestimmte Branchen im Sortiment, beispielsweise für die Druckmarkenerkennung oder für Regelungsumschaltung in Spritzgießmaschinen. Mit Reaction Technology hat man die Erfahrungen aus diesen Spezialanwendungen auf eine universelle Plattform portiert. Meindl dazu: \“Reaction ist ein offenes System mit einem universellen Zugang. Die Programmierung von Reaction – und das ist der große Unterschied – erfolgt mit den Standard-IEC-Editoren, dem Funktionsblockeditor im Automation Studio 4. Damit ist für diese Applikation kein Spezialwissen mehr erforderlich. Wer Applikationen mit Funktionsblöcken schreiben kann, was ja sehr simpel ist, der kann auch Applikationen im Mikrosekundenbereich realisieren!\“
FPGA-Technologie als Basis für die Geschwindigkeit
Doch wie funktioniert die Reaction Technology nun genau? Grundsätzlich setzt das System auf FPGA-Technologie auf, was die eingesetzte Physik und die Elektronik angeht. Meindl: \“Wir nutzen die Möglichkeiten der FPGAs. Auf dieser Basis haben wir eine programmierbare Hardware entwickelt, um quasi-parallele Prozesse abbilden zu können. Damit erreichen wir Geschwindkeiten, die wirklich heruntergehen bis auf eine Mikrosekunde.\“ Um diese Reaktionszeit zu verdeutlichen, verwendet Meindl ein einfaches Bild: \“Mit Reaction Technology könnten Sie theoretisch eine Gewehrkugel aufhalten, die mit voller Geschwindigkeit aus einem Zentimeter Entfernung auf ein Objekt zufliegt.\“
Integration in das Automation Studio
\“Der Clou an der Technologie ist der Programmierzugang und der Zugang im ganzen Konfigurations- und Programmmanagement\“, erklärt Sandhöfner. \“Denn hier bewegen sich Anwender in einem bekannten Bereich: gefühlt programmiert man die Steuerung, also die SPS. Wir haben die ganze komplizierte FPGA-Technologie so einfach handhabbar gestaltet, dass wirklich jeder SPS-Anwender nun Hochgeschwindigkeits-Funktionen programmieren kann. Dazu nutzt er einfach das Automation Studio 4 mit all den Vorteilen einer zentralen Programmierung, einer zentralen Parameterhaltung und einer zentralen Programmverwaltung.\“ B&Rs Engineering-Umgebung Automation Studio 4 erlaubt schon seit vielen Jahren die modulweise Aufteilung der Software auf verteilte Hardware. Um sich das genauer vorstellen zu können: Im Gerätebaum sieht der Anwender natürlich die Module, in denen das Ganze ausgeführt wird. Mit dem Funktionsblock-Editor erstellt er nun sein Programm. Bei dieser Programmerstellung wird er von der Reaction Library unterstützt. Das fertige Programm kann dann wie ein Task auf einer Standard-SPS ausgetestet und simuliert werden. \“Das Ganze läuft auf der SPS quasi in Zeitlupe in der Größenordnung Faktor 1000 langsamer, als es dann wirklich auf der Baugruppe ausgeführt wird, aber für Testzwecke ist diese Möglichkeit sehr hilfreich\“, erläutert Anton Meindl. \“Der Unterschied zur Simulation ist abgesehen davon lediglich, dass ich das ganze Programm einem anderen Target zuweise. Dann läuft es Tausendmal schneller, aber mit der gleichen E/A-Zuweisung.\“