In den letzten zwölf Beiträgen dieser Serie wurden neben technologischen Grundlagen auch Anwendungen und Nutzungshinweise beschrieben. In diesem Artikel sollen nun der Stand des Erreichten zusammengefasst und die nächsten Entwicklungsschritte angedeutet werden.
Abgedeckte Informationsmengen
Grundidee der Automation Markup Language, oder kurz der AutomationML, ist die synergetische Kombinierbarkeit aller Informationsinhalte, die im Entwurfsprozess von Produktionssystemen relevant sind und zwischen Entwurfswerkzeugen ausgetauscht werden sollen. Dabei wurden anfänglich vorrangig Informationen zur Anlagentopologie, zur Geometrie und Kinematik und zu steuerungstechnischem Verhalten untersucht. In der Zwischenzeit ist die abbildbare Informationsmenge stark angestiegen, was Bild 1 verdeutlicht. Neben den klassischen Informationsmengen der Mechanikkonstruktion (Anlagentopologie, Geometrie, Kinematik), der Roboterprogrammierung (Anlagentopologie, Geometrie und Kinematik, steuerungstechnisches Verhalten) und der Steuerungsprogrammierung (Anlagentopologie, steuerungstechnisches Verhalten) kamen in den letzten Jahren Informationen für die Beschreibung von Netzwerken sowohl für die Beschreibung von Kommunikationsnetzen als auch für elektrische, hydraulische oder pneumatische Netze, die konsistente Beschreibung von Anlagenbausteinen für den mechatronischen Entwurf und die virtuelle Inbetriebnahme und die Beschreibbarkeit von grundlegenden betriebswirtschaftlich relevanten Eigenschaften (z.B. für den Einkauf) hinzu. Damit kann AutomationML prinzipiell die gesamte grundlegende Informationsmenge, die im Entwurfsprozess eines Produktionssystems relevant ist, abbilden.
Bestehende Anwendungen
Für die meisten der Entwurfsschritte im Entwurfsprozess konnte der Nachweis der Nutzbarkeit von AutomationML bereits in Pilotanwendungen erbracht werden. In einigen Anwendungsbereichen ist bereits die \’Serienreife\‘ erreicht, das heißt, das Datenformat hat den produktiven Einsatz erreicht. Bild 2 gibt das anschaulich wieder. Je grüner hier der Entwurfsschritt dargestellt ist, desto weiter ist die Anwendung von AutomationML fortgeschritten. Einige der Anwendungshighlights sind die folgenden:
- Bei den Firmen Daimler und Audi wurden im Jahre 2013 umfassende Teile neuer Anlagen zur Produktion von PKW-Karosserien virtuell in Betrieb genommen. Dazu hat z.B. die Firma Rücker EKS eine entsprechende, auf AutomationML basierte Werkzeugkette entwickelt, die produktiv im Einsatz ist.
- Die Firma Lenze nutzt AutomationML zum Datenaustausch beim Entwurf von Antriebssträngen und hat es dazu in den Drive Solution Designer integriert.
- ABB nutzt AutomationML im Rahmen seines Werkzeuges \’RobotStudio\‘. Hier werden notwendige Geometrie- und Kinematikinformationen für die Roboterprogrammierung und -simulation ausgetauscht.
Neben diesen produktiven Anwendungen sind bereits in Piloten beim Fraunhofer IOSB, bei der tarakos GmbH, der Universität Magdeburg und der Cenit AG (um nur einige zu nennen) nachgewiesen worden, dass die Layoutplanung, die Mechanikkonstruktion, die Erreichbarkeitssimulation und der Leitsystementwurf entsprechend unterstützt werden können. Für den Netzwerkentwurf, die Elektrokonstruktion und die Steuerungsprogrammierung sind entsprechende Pilotanwendungen derzeit in der Umsetzung.
Besondere Vorteile
In den verschiedenen Anwendungen und Piloten kommt eine der wichtigsten Eigenschaften des AutomationML-Datenformates zum Tragen: die semantische Flexibilität und Erweiterbarkeit. Dazu nutzt AutomationML eine Struktur mit drei Bibliothekstypen. Insbesondere die Rollenklassenbibliotheken (RoleClassLib) und die Komponentenbibliotheken (SystemUnitClassLib) ermöglichen eine anwendungsfallspezifische Erweiterung der austauschbaren Semantiken. Hier können standardisierte und noch nicht standardisierte/ private Inhalte koexistieren und gemeinsam eindeutig ausgetauscht werden. Dazu können Werkzeugschnittstellen anwendungsfallspezifisch konfiguriert und der aktuelle Anwendungsfall über globale Projektattribute erkannt werden. Bild 3 zeigt dazu eine übliche Projektstruktur. Damit löst AutomationML eines der wichtigsten Probleme der Standardisierung: das wechselseitige Warten von Werkzeugentwicklern und Anwendern. Es muss nicht mehr die \’große standardisierte Lösung\‘ abgewartet werden. Bereits mit kleinen standardisierten Bausteinen, die wichtige Probleme lösen können, kann produktiv gearbeitet werden. Diese \’kleinen Lösungen\‘ können bei Erfolg erweitert und standardisiert werden.