Anwendervorträge schärfen das Profil Interview mit Prof. Dr. Bender zum Kongress und den neuen Anwendersessions auf der SPS/IPC/Drives

Fragen von Dipl.-Ing. (FH) Martin Buchwitz, Chefredakteur SPS-Magazin

SPS-MAGAZIN: Prof. Bender, Sie sind ein langjähriger Begleiter und Förderer der SPS/IPC/Drives. Wie würden Sie in wenigen Worten deren Entwicklung über die Jahre hinweg beschreiben? Prof. Bender: Die SPS/IPC/Drives ist als klar fokussierte Fachmesse für elektrische Automatisierung in der Industrie-Produktion zum Selbstläufer geworden, denn sie ist gleichsam der Jahrestreff der deutschen Automatisierungsindustrie mit ihren Kunden. Nirgendwo wird so kompakt in drei Tagen auf überschaubarer Fläche so viel Information ausgetauscht wie in Nürnberg. Vor allem gefördert durch die offene, professionelle und ausstellerfreundliche Leitung des Veranstalters Mesago hat die SPS/IPC/Drives schon seit einigen Jahren die notwendige kritische Masse erreicht. Sie ist konkurrenzlos etabliert, da muss man einfach hin. SPS-MAGAZIN: Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen, wo sehen Sie die SPS/IPC/Drives in fünf Jahren? Prof. Bender: Obwohl angesichts der großen Unsicherheiten in der weltweiten Finanzpolitik mit ihren möglichen Auswirkungen auch auf die Realwirtschaft derzeit niemand fundierte Prognosen geben kann, sehe ich für die SPS/IPC/Drives auch in Zukunft eine stetige Weiterentwicklung. Aus wirtschaftlicher Sicht deshalb, weil die Mesago unterstützt durch den kompetenten Ausstellerbeirat nie einen aufgeblähten Ausbau forciert hat, und deshalb auch keine Blasen platzen können. Technologisch wird die Automatisierungstechnik auch zukünftig getrieben von den immerwährenden Fortschritten der Mikroelektronik und Software, wie das Beispiel Mechatronik zeigt, eine typische, noch längst nicht ausgereizte neue Herausforderung. Die SPS/IPC/Drives wird auch in Zukunft als Technologieplattform eine unverzichtbare Rolle spielen. SPS-MAGAZIN: Seit vielen Jahren ist der Kongress ein fester Bestandteil der SPS/IPC/Drives. Zuletzt gab es aufgrund gesunkener Teilnehmerzahl durchaus auch einige kritische Fragen zum Kongress. Was macht für Sie der Kongress heute aus und wo sehen Sie ihn in Zukunft positioniert? Prof. Bender: Der Bedarf nach anwendungsorientierten innovativen Informationen durch Fachvorträge besteht und lebt auch in Zukunft fort. Dass die Teilnehmerzahl gesunken ist, hat viele globale Ursachen, die auch bei anderen Kongressen ihre Auswirkung haben. Hausgemacht ist lediglich die Tatsache, dass die Messe so ungeheuer erfolgreich ist und den Besuchern dort auch Podiumsdiskussionen und andere Vortragsveranstaltungen angeboten werden. So macht die Messe dem Kongress natürlich auch Konkurrenz. Dennoch ergänzt der Kongress mit seinem Blick in die weitere Zukunft das Angebotsspektrum in Nürnberg. Über das aktuelle Produktangebot der Messe hinaus gibt der Kongress zusätzlich Anregungen für interessierte Anwender und ebenso für fortschrittliche neue Produktentwicklungen. Das kompetent besetzte Programmkomitee sorgt auch zukünftig für höchste Aktualität. SPS-MAGAZIN: In diesem Jahr gibt es eine Neuerung, die sogenannten Anwendersessions. Sind diese ein Teil des Kongresses und welche Ziele verfolgen Sie mit der Einführung dieses neuen, zusätzlichen Angebotes? Prof. Bender: Die Anwendersessions ergänzen die klassischen Themenfelder des Kongresses um Erfahrungsberichte von Kunden über erfolgreich abgeschlossene innovative Automatisierungsprojekte. Die Anwender und Nutzer der Automatisierungstechnik stellen ihre Lösungen vor und geben damit Anregungen für andere Anwender und deren zukünftige Projekte. Diese Anwendervorträge aus dem praktischen Einsatzfeld des Produktspektrums der Messe schärfen das Profil des Kongresses als anwendungsorientierte Veranstaltung. Der Ausstellerbeirat der Messe unterstützt die Präsentationen dieser realisierten Projekte ihrer Kunden vor allem auch als Brücke zwischen Messe und Kongress. Sie sehen, wir entwickeln den Kongress nicht nur inhaltlich, sondern auch strukturell immer weiter, um die Verzahnung mit der Messe und den Ausstellern zu erhalten. SPS-MAGAZIN: Was sind aus Ihrer Sicht die bestimmenden Themen der Automatisierungstechnik für die nächsten Jahre? Prof. Bender: Die stürmischen Entwicklungen der digitalen Kommunikation – sei es der Feldbus, Industrial Ethernet oder Wireless – sind weitgehend abgeschlossen und zum Alltagshandwerkszeug der Automatisierung geworden. Sie haben aber neue Herausforderungen ausgelöst. Die nahezu beliebige Verfügbarkeit von Prozessdaten für übergeordnete Automatisierungsebenen ebenso wie die beliebige Konfigurations- und Parametrierbarkeit von unterlagerten Automatisierungskomponenten lassen die Engineering-Aufwendungen explodieren. Nicht nur die Menge der einzelnen Maßnahmen, auch deren Komplexität steigt in einem solchen Maße an, dass der Mensch zum größten Engpass wird. Fortschritte sind zukünftig besonders durch neue Engineering-Methoden und entsprechende Rechner-Tools zu erwarten, um die verfügbaren Technologien auch nutzen zu können. Aber auch viele neue Anwendungsgebiete können so erschlossen werden. Als aktuelle Beispiele möchte ich auf die Nutzung innovativer Kommunikationstechnik für intelligente Energiesparmaßnahmen oder neue Diagnosemöglichkeiten zur Erhöhung der Verfügbarkeit verweisen. SPS-MAGAZIN: Zum Schluss noch eine etwas persönlichere Frage. Sie sind ja emeritierter Professor, also Professor im Ruhestand. Mir erscheint es eher als eine Art Unruhestand, wenn ich mir Ihre Aktivitäten so betrachte. Welche Bedeutung hatte das Thema Automatisierungstechnik und wo können wir weiterhin damit rechnen, dass Impulse von Ihrer Seite kommen? Prof. Bender: Wenn man 40 Jahre lang die Automatisierungstechnik in Lehre, Forschung und Anwendung betrieben und angetrieben hat, kann man nicht von heute auf morgen abschalten. Das könnte sonst, wie aus der Regelungstechnik bekannt, zu ungesunden Über- oder Unterschwingungen führen. Aber klar ist, dass meine bisherigen Aufgaben von Jüngeren weitergeführt werden müssen. Aus dem aktiven operativen Geschäft habe ich mich deshalb zurückgezogen. Als älterer Erfahrungsträger kann ich aber schon noch Rat, Anregungen und Hilfestellung geben. Immerhin habe ich ja über viele Jahre beobachten können, wie die Dinge laufen und was warum zum Erfolg oder Misserfolg wurde. Solche Erkenntnisse veralten nicht so schnell wie aktuelles Technologiewissen. Deshalb werden Sie mich im Umfeld der SPS/IPC/Drives auch noch einige Zeit aktiv erleben.

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