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„Technologietransfer und die komplette Wertschöpfungskette“

Im Interview mit Marc Siemering, Senior Vice President Industry, Energy & Logistic Hannover Messe, zeigen wir Kontinuität und Veränderung auf der diesjährigen Hannover Messe auf.
Marc Siemering, Geschäftsbereichsleiter Hannover Messe, Deutsche Messe AG.
Marc Siemering, Geschäftsbereichsleiter Hannover Messe, Deutsche Messe AG.Bild: Deutsche Messe AG

Vom 23. bis zum 27. April öffnet die Hannover Messe wieder ihre Tore. Dort gibt es alles zu sehen, was für produzierende Unternehmen und OEMs derzeit von Bedeutung ist, wenn es darum geht die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Das besondere an Hannover ist, dass man die gesamte Wertschöpfungskette dort abgebildet findet, von der Sensorik über die Steuerung und die Antriebe bis zur Cloud und darüber hinaus. Mit der Einbindung der Cemat ist nun auch die Lieferkette und Logistik Thema der Veranstaltung. Außerdem ist in diesem Jahr Prämiere bei der Fusion von Industrial Automation und Motion, Drives und Automation unter dem Namen ‚Integrated Automation, Modtion & Drives‘, kurz IAMD. Im Interview erläutert uns Marc Siemering, Senior Vice President Industry, Energy & Logistic der Hannover Messe, wo die Veranstaltung in diesem Jahr ihre Schwerpunkte gelegt hat, was sich im Messekonzept verändert und wo die inhaltliche Ausrichtung hingeht.

Ab diesem Jahr treten die Leitmessen Industrial Automation (IA) und die Motion, Drive & Automation (MDA) unter dem gemeinsamen Dach ‚Integrated Automation, Motion & Drives‘ (IAMD) an. Warum kam es zu der Fusion?

Marc Siemering: Industrie 4.0 lässt Branchengrenzen verschwinden und Innovationszyklen werden kürzer. Darauf müssen nicht nur Unternehmen, sondern auch wir als Messe reagieren. Der Wunsch nach einem einjährigen Messeturnus für die Antriebs- und Fluidtechnik war das eine, zumal immer mehr Unternehmen aus der Antriebs- und Fluidtechnikbranche in den Zwischenjahren ausgestellt haben, wenn keine MDA stattgefunden hat. Das andere ist, dass Industrial Automation und MDA technologisch in den vergangenen Jahren ohnehin immer näher zusammengerückt sind. Denn im Zeitalter der Digitalisierung kommen Produkte nicht nur immer schneller zur Marktreife oder eröffnen völlig neue Geschäftsmodelle. Vielmehr macht die Betrachtung der einzelnen Komponente oder des Teilsystems nur noch im Gesamtkontext Sinn. Mit der Fusion folgen wir also konsequent einer technologischen Marktentwicklung, die immer mehr branchen- und systemübergreifende Lösungen sowie vernetzte Produkte anbietet und nachfragt. Gleichzeitig stärken wir so die Position der Hannover Messe als Weltleitmesse für Industrie 4.0. Von der intelligenten Komponente bis hin zum Datenmanagement in der Cloud bietet sie wie keine andere den Blick auf die gesamte Lösung und nicht nur auf einzelne Bausteine.

Wie reagiert der Markt auf die Zusammenlegung der beiden Messen?

Siemering: Die Resonanz aus dem Markt ist sehr positiv. Die Fusion zur neuen IAMD ist schließlich auch auf ausdrücklichen Wunsch führender Aussteller und Verbände geschehen. Dass wir mit dieser Entscheidung richtig liegen, zeigt unter anderem, dass wir dieses Jahr mit der erwarteten Ausstellungsfläche aus dem bislang zweijährlichen Antriebs- und Fluidbereich deutlich über den Erwartungen liegen. Es gibt aber natürlich auch Aussteller, die lieber im Zwei-Jahres-Turnus bleiben wollen. Für diese Unternehmen haben wir einen flexiblen, erweiterbaren Ausstellungsbereich geschaffen. Sie sind dann eben alle zwei Jahre fester Bestandteil der IAMD.

Wie wird die Hannover Messe 2018 im Bereich Robotik aufgestellt sein?

Siemering: Robotik nimmt eine Schlüsselrolle ein im Prozess der digitalen Transformation und der Automatisierung innerhalb der Industrie. Und die Hannover Messe ist der weltweite Hotspot für Industrie 4.0. Deshalb kommen die marktführenden Hersteller genauso wie innovative Start-ups nach Hannover. Nur dort finden sie die Fachbesucher an einem Ort, die für die Robotik-Branche entscheidend sind. ABB, Epson, Kawasaki, Kuka, Mitsubishi, Schunk, Stäubli, Universal Robots, Franka Emica, Yamaha oder Yaskawa sind nur einige Namen, die wir auf der Hannover Messe sehen werden. Positiv ist auch, dass sich diese Robotik-Anbieter dafür entschieden haben, jedes Jahr in Hannover dabei zu sein und zu zeigen, welche Lösungen sie zur Smart Factory beitragen. Wir freuen uns auch, dass unser Partnerland Mexico das Thema Robotik als einen Schwerpunkt setzen wird.

Auch auf der Cemat, die erstmals parallel zur Hannover Messe stattfindet, wird Robotik eine große Rolle spielen?

Siemering: Ja, so ist es. Nicht nur in der modernen Produktion, auch aus dem automatisierten Lager sind Roboter und fahrerlose Transportsysteme nicht mehr wegzudenken. Sie setzen in der Mensch-Maschine-Kollaboration stetig neue Maßstäbe. Und auch der Trend, dass immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen kostengünstige und flexible Roboterlösungen für sich entdecken, geht ungebrochen weiter. Ein spannendes Beispiel auf der Cemat wird das junge Unternehmen Magazino aus München sein. Die Roboter dieses Herstellers werden in E-Commerce-Versandlagern eingesetzt.

Software und Digital Services werden in der Automatisierung sowie in der Antriebs- und Fluidtechnik immer wichtiger. Wie nutzen Sie hier die Synergien zur Digital Factory?

Siemering: Die Automatisierer sind die Enabler der digitalen Fabrik. Gemeinsam mit den Ausstellern aus der Digital Factory bilden sie den Kern der Hannover Messe als globaler Hotspot für Industrie 4.0. Es gehört zu den großen Vorteilen der Hannover Messe, dass wir eine solche Branchenvielfalt haben. Synergieeffekte ergeben sich zwischen fast allen Bereichen. In der Kommunikation gegenüber unseren Besuchern setzen wir deshalb auch vor allem auf die Themen. Wenn wir dann Guided Tours anbieten zum Thema Automation & IT gehen diese selbstverständlich in sämtliche Hallen, die dazu Interessantes zu bieten haben.

Sie sprechen die Themenvielfalt an. Was zeichnet die Hannover Messe 2018 noch aus?

Siemering: Die Hannover Messe hat es in ihrer mehr als 70-jährigen Geschichte immer wieder geschafft, sich weiterzuentwickeln und Trends zu setzen. Aktuell sind wir mitten im Prozess der digitalen Transformation. Den Begriff Industrie 4.0 hat die Hannover Messe auf die Agenda gesetzt und zeigt nun Jahr für Jahr, wie der Stand der Dinge dazu ist und wie es weitergeht. Mehr als 200.000 internationale Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Forschung kommen jedes Jahr im April nach Hannover, um sich dort über die Digitalisierung der Produktions- und Energiesysteme zu informieren. Nur die Hannover Messe bietet die einmalige Chance, weltweite Visionen und Konzepte zu Industrie 4.0 zu vergleichen. Und sie ist die bedeutendste Plattform für den Technologietransfer sowie weltweit die einzige Veranstaltung, die die komplette industrielle Wertschöpfungskette abbildet: von der Produktentwicklung bis hin zur Fertigung. Das schließt auch den Energiebereich mit ein. Eine effiziente Energieversorgung oder auch der Ausbau eine Infrastruktur für Elektromobilität gehören zu den wichtigsten Themen unserer Zeit.

Das Leitthema der Hannover Messe 2018 lautet ‚Integrated Industry – Connect & Collaborate‘. Was genau ist damit gemeint?

Siemering: Mit dem diesjährigen Leitthema heben wir darauf ab, dass Industrie 4.0 mit der Vernetzung und neuen Formen der Kollaboration die nächste Stufe erreicht und sich daraus enorme Potenziale ergeben. Die Vernetzung in der Industrie schafft ganz neue Formen des Wirtschaftens, des Arbeitens und der Kollaboration. Ergebnisse sind ganz konkret: mehr Wettbewerbsfähigkeit, bessere Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Konnektivität verändert die Rolle des Mitarbeiters in der Fabrik. Er arbeitet in Mensch-zu-Mensch sowie in Mensch-zu-Maschine-Konstellationen. Er hat unmittelbaren Zugriff auf alle relevanten Produktions- und Maschinendaten, während ihn intelligente Maschinen bei der Entscheidungsfindung unterstützen.

Wo konkret werden Industrie 4.0 und Vernetzung in Hannover diskutiert?

Siemering: Das Thema wird sich als roter Faden durch sämtliche Hallen ziehen. Ein großer Teil der Aussteller greift das Leitthema auf und präsentiert sich entsprechend in Hannover. Im Mittelpunkt stehen Industrie 4.0 und Vernetzung aber natürlich auch in den Foren, also etwa im Forum Industrie 4.0 in Halle 8, in der Sonderausstellung Smart Power Transmission and Fluid Power Solutions in Halle 23, im Forum Automation in Halle 14, dann im Logistik 4.0 Hub in Halle 24 in der CeMAT oder auch im zentralen Forum Industrial Supply in Halle 4. Gleiches gilt für den Energy-Bereich. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) stellt am Messemontag im Rahmen der Sonderschau Digital Energy die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zu Potenzial und Akzeptanz digitaler Technologien für die intelligente Kopplung von Industrie 4.0 und den Energieversorgungsstrukturen von Industrie- und Gewerbeunternehmen vor.

Um welche Fragestellungen wird es 2018 im Forum Industrie 4.0 gehen?

Siemering: Aus der Vernetzung in der Produktion ergeben sich zahlreiche neue Herausforderungen. Ein Schwerpunkt des Forums Industrie 4.0 meets the Industrial Internet wird die Diskussion über Standards für die Kommunikation im industriellen Internet der Dinge sein. Für die firmenübergreifende Vernetzung und die Integration verschiedener Wertschöpfungsnetzwerke sind Normen und Standards von grundlegender Bedeutung. Weitere Themen sind das Industrial Internet of Things oder auch IT-Sicherheit, die übrigens in einem neuen Ausstellungsbereich namens „Industrial Security“ besondere Aufmerksamkeit findet. Und übrigens spiegelt sich die Vernetzung auch auf der Ebene der Organisation wider. Seit 2006 richten der VDMA, der ZVEI, die Plattform Industrie 4.0 und das Industrial Internet Consortium IIC das Forum Industrie 4.0 meets the Industrial Interent gemeinsam aus.

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