Schaltschranklose Stromversorgungen in IP54 bis IP67

Umstieg erleichtern

Der Anlagenbau wird weltweit vom zunehmenden Bedarf nach zuverlässigen, modularen Systemen geprägt. Als ein wichtiger Erfolgsfaktor hat sich dabei die Dezentralisierung erwiesen. Doch die Stromversorgung war für viele Unternehmen bislang eine Hürde auf dem Weg zur durchgängigen Dezentralisierung. Der Stromversorgungshersteller Puls bietet mit der neuen Produktfamilie Zero Cabinet hierfür jetzt eine Lösung an.
 Mit der Produktfamilie Zero Cabinet möchte Puls den Umstieg hin zu einer schaltschranklosen Stromversorgung erleichtern.
Mit der Produktfamilie Zero Cabinet möchte Puls den Umstieg hin zu einer schaltschranklosen Stromversorgung erleichtern.Bild: Puls GmbH

Die Dezentralisierung ermöglicht eine flexiblere Planung von Anlagen und Maschinen. Sie erleichtert zudem die Wartung und modulare Erweiterung. Die Anlagenverfügbarkeit steigt und es können Platz, Kosten und Zeit eingespart werden. Angesichts dieser Vorteile ist es somit kein Wunder, dass immer mehr Systemkomponenten mit hoher Schutzart (IP54, IP65, IP67) ausgestattet und direkt im Feld installiert werden. Zentrale Schaltschränke können somit durch kleinere Versionen ersetzt oder sogar komplett aufgelöst werden.

 Zero-Cabinet-Stromversorgungen bieten eine Alternative zum dezentralen Schaltkasten.
Zero-Cabinet-Stromversorgungen bieten eine Alternative zum dezentralen Schaltkasten. Bild: Puls GmbH

Stromversorgung: der Status Quo

Im dezentralen Anlagen- und Maschinenbau lassen sich grundsätzlich drei gängige Strategien bei der Realisierung der Stromversorgung beobachten:

1. Dezentrale Vor-Ort-Schaltkästen

Die Stromversorgung und weitere Standard-Komponenten wie elektronische Sicherungen oder Schalter werden aus dem zentralen Schaltschrank herausgelöst und in kleineren, dezentralen IP67-Schaltkästen direkt im Feld installiert. Die Konzeption, Umsetzung und Installation dieser Kästen übernehmen die Unternehmen dabei oft selbst. Das schließt die Auswahl der verschiedenen Komponenten ein, genauso wie deren Bestellung Lagerung und letztlich das Zusammenfügen zu einem System durch einen Techniker.

2. Kundenspezifische Lösung

Der Systementwickler beauftragt die Entwicklung einer kundenspezifischen, dezentralen Stromversorgung speziell für diese Anwendung. Eine kundenspezifische Lösung ist jedoch recht zeitaufwändig, kostenintensiv und lohnt sich erst ab größeren Stückzahlen.

3. Keine Dezentralisierung der Stromversorgung

Die Stromversorgung wird aus dem Prozess der Dezentralisierung ausgeklammert und verbleibt in den zentral platzierten Schaltschränken. Für die Versorgung der bereits dezentralisierten Komponenten im Feld werden lange Kabel mit entsprechend großem Querschnitt verlegt. Die langen Kabel führen zu Leistungsverlusten, die mit einer entsprechend größer dimensionierten Stromversorgung kompensiert werden müssen.

 Zur Leistungserhöhung oder Redundanz lassen sich die Geräte der Basic-Serie parallel schalten.
Zur Leistungserhöhung oder Redundanz lassen sich die Geräte der Basic-Serie parallel schalten.Bild: Puls GmbH

Vorteile der dezentralen Stromversorgung

Lösungsansatz 1 und 2 zeigen, dass viele Unternehmen bereits selbst aktiv geworden sind, da sie die Vorteile einer dezentralen Stromversorgung erkannt haben. Weitläufige Anwendungen, wie Förderbänder oder Fertigungslinien, können dezentral deutlich effizienter und flexibler mit Energie versorgt werden. Dank einer Installation direkt neben der Last, können kürzere Kabel mit geringerem Querschnitt verlegt werden. Das spart Kosten für Kupfer und die Stromversorgung muss nicht länger überdimensioniert werden. Die einzelnen Bestandteile der Anlage können freier geplant und modular aufgebaut werden. Diese Module lassen sich schneller und effektiver ergänzen, warten und umrüsten. Zudem kann durch die Verkleinerung oder den Wegfall von Schaltschränken der neu gewonnene Platz für den Ausbau von wertschöpfenden Bestandteilen der Anlage genutzt werden. Doch der Aufwand für eine effiziente, dezentrale Lösung war bislang recht hoch. Aufgrund der Vielfalt an Anwendungen und Anforderungen fehlte eine dezentrale Standard-Stromversorgung. Um eine echte Alternative in allen drei zuvor genannten Fällen zu bieten, müsste diese ab Lager bestellbar, einfach ins System zu integrieren und in zahlreichen Varianten verfügbar sein. Mit der neuen Produktfamilie Zero Cabinet schließen die Puls-Entwickler nun diese Lücke in der Dezentralisierung und bieten Anwendern mehr Flexibilität in der Planung ihrer Anlagen und Maschinen. Mit dieser Lösung können Schaltschränke laut Anbieter kleiner dimensioniert oder sogar ganz aufgelöst werden.

 Drei Varianten aus der neuen Produktfamilie
Drei Varianten aus der neuen ProduktfamilieBild: Puls GmbH

Schaltschrankloses Stromversorgungssystem

Zero Cabinet ist ein Puzzleteil auf dem Weg zur vollständigen Dezentralisierung. Mit den aktuell 24 verschiedenen Varianten der Zero Cabinet-Familie eröffnen sich Anwendern neue Freiheiten in der schaltschranklosen Planung ihrer Anlagen und Maschinen. Die Produktfamilie basiert auf einer modularen Plattform. Die Grundlage dafür bilden einphasige und dreiphasige Stromversorgungen mit 300W oder 500W Ausgangsleistung. Alle Geräte der Zero Cabinet-Familie liefern 120% Leistung dauerhaft (bei bis zu +45°C Umgebungstemperatur) und 200% für 5s. Dadurch sind sie zum Starten stromintensiver Lasten geeignet und beugen einer Überdimensionierung der Stromversorgung vor. Die Produkte sind in verschiedenen Schutzarten verfügbar, beginnend bei IP54 (staubgeschützt, spritzwassergeschützt), über IP65 (staubdicht, strahlwassergeschützt) bis hin zu IP67 (staubdicht, zeitweiliges Untertauchen möglich). Auch der weite Temperaturbereich von -25°C bis +55°C – ohne Leistungsminderung (mit Derating bis +70°C) – ermöglicht einen problemlosen Einsatz in nahezu jeder Umgebung. Dank eines hohen Wirkungsgrads von mindestens 95% entstehen weniger Verluste und damit auch weniger Wärme im Gerät. Deshalb konnte bei den Zero Cabinet-Geräten auf den Verguss der Elektronik, der für den Schutz vor zu hohen Temperaturen eingesetzt wird, verzichtet werden. Das ermöglicht ein umweltfreundliches Recycling der Geräte. Auf dieser Plattform basieren die verschiedenen Versionen mit zahlreichen Steckerkonfigurationen sowie optionalen Sicherungs- und Redundanzfunktionen. Puls unterteilt die Produktfamilie dabei in die Zero Cabinet-Produktserien Basic und eFused.

 Kamil Buczek:
Kamil Buczek: „Wir haben auf einen Schlag eine neue Produktfamilie mit 24 verschiedenen Gerätetypen am Start. Dezentrale Stromversorgungen spielen insgesamt eine sehr wichtige Rolle bei unserer Strategie für die nächsten Jahre.“Bild: Puls GmbH

Flexibilität im Fokus

Die Geräte der Basic-Serie besitzen einen Ausgang, für den verschiedene Steckverbinder, wie z.B. M12-L/-T/-A, 7/8″ oder die Han-Q-Serie, verfügbar sind. Zudem sind die Basic-Versionen auch für eine flexible N+1-Parallelschaltung zur Erhöhung der Ausgangsleistung geeignet. Durch den Parallelbetrieb von mehreren identischen Zero Cabinet-Geräten werden Leistungen im Kilowattbereich möglich. Damit die Geräte bei diesem Anwendungsfall gleichmäßig ausgelastet sind, verfügen sie über eine geneigte Kennlinie (Droop-Funktion). Das erhöht die Lebensdauer. Liegt der Fokus vor allem auf der Betriebssicherheit der Anlage, können auch weitere redundante Zero Cabinet-Geräte in “Reserve“ installiert werden. Diese Einheiten stellen den nötigen Laststrom zur Verfügung, sobald eine andere Stromversorgung im System ausfällt. Ein ausgangsseitiger, integrierter Entkopplungs-Mosfet (O-Ring-Funktion) ermöglicht diesen Aufbau sogar ohne zusätzliches Redundanzmodul. So lässt sich mit Zero Cabinet der der Aufbau von sicheren, redundanten IP54 – IP67 Stromversorgungssystemen außerhalb des Schaltschranks realisieren.

Bis zu vier strombegrenzte Ausgänge

Die eFused-Serie verfügt über bis zu vier intern abgesicherte Ausgänge, ebenfalls mit verschiedenen Anschlussoptionen wie z.B. M12-L/-T/-A, und 7/8″. Durch die eingebaute Strombegrenzung lassen sich mit diesen Geräten eine selektive Stromverteilung und Absicherung direkt im Feld realisieren. Die Konfiguration und Überwachung der Ausgänge erfolgt über IO-Link oder über das Human Machine Interface an der Gerätefront. Durch die selektive Stromverteilung eignen sich die eFused-Versionen, um elektromechanische Lasten (z.B. Motoren) und empfindliche Verbraucher (z.B. Steuerungen, Sensoren) gleichzeitig mit einem dezentralen, abgesicherten Netzteil zu versorgen. So können die Geräte beispielsweise auch für den Aufbau von NEC-Class-2-Stromkreisen genutzt werden. Im Fehlerfall schalten die Geräte selektiv nur die fehlerhaften Ausgänge ab und melden dies über IO-Link oder Output-OK-Signal und das LED-Interface an der Gerätevorderseite. Dank aktiver Strombegrenzung werden alle anderen Ausgänge ohne Einschränkungen weiter mit Spannung versorgt. Das ist besonders für sicherheitskritische Lasten wichtig und sorgt für eine hohe Anlagenverfügbarkeit. Die Geräte verfügen zudem über eine Selektivitätsfunktion, die einen priorisierten Schutz empfindlicher Lasten ermöglicht. Ausgang 1 hat dabei die höchste Priorität, Ausgang 4 die niedrigste. Wird das Strombudget überschritten, schaltet das Gerät somit zuerst die Ausgänge mit der niedrigsten Priorität ab. Nach dieser Priorität werden die Ausgänge im Übrigen auch in Schritten von 100ms gestaffelt eingeschalten. Durch ihren Funktionsumfang bieten die Geräte der eFused-Serie damit eine All-in-One-Alternative zu Stromversorgungen, die entweder mit einem externen, elektronischen Vier-Kanal-Sicherungsmodul, vier Leitungsschutzschaltern oder vier externen Schmelzsicherungen abgesichert sind.

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