Netzteil in IP54 für Förderanwendungen und mehr

Kompetenz ausgebaut

Interroll ist vor allem für seine Antriebs- und Fördertechnik bekannt: Das Portfolio erstreckt sich von der einzelnen Motorrolle bis hin zum kompletten Intralogistikmodul und Sorter. Mit Vorstellung der neuen DC Platform bietet das Unternehmen jetzt erstmals auch ein eigenentwickeltes Netzteil an. Das SPS-MAGAZIN hat mit dem Produktverantwortlichen Daniel Heinen darüber gesprochen, welche Vorteile daraus für den Anwender resultieren.
Bild: Interroll (Schweiz) AG

Präsentiert wurden die beiden neuen Netzteile HP5424 und HP5448 von Interroll erstmals als Teil der DC Platform auf der Logimat 2019. Kurz darauf wurden schon die ersten Geräte ausgeliefert. Der Hersteller hat die Geräte als Dreiphasennetzteile für die Bereitstellung von 24 bzw. 48DCV ausgelegt und zielt damit primär auf die verschiedenen hauseigenen Förderlösungen. Es kann grundsätzlich aber auch abseits davon für die Spannungsversorgung in industriellen Anwendungen genutzt werden. „Es handelt sich bei den Netzteilen um Produkte, die weit über unseren klassischen Kundenkreis hinaus große Vorteile bieten“, betont Daniel Heinen, der verantwortliche Global Product Manager bei Interroll. Das entscheidende Detail: Durch das robuste Gehäuse in Schutzart IP54 kann das Netzteil direkt an der Anlage verbaut werden.

Daniel Heinen, Interroll: „Es reicht nicht, die Intelligenz auf der Feldbebene zu dezentralisieren. Auch die Stromversorgung muss diesen Weg mitgehen können.
Daniel Heinen, Interroll: „Es reicht nicht, die Intelligenz auf der Feldbebene zu dezentralisieren. Auch die Stromversorgung muss diesen Weg mitgehen können.“Bild: Interroll (Schweiz) AG

Kosten sparen, Fehler vermeiden

Lange Kabelstrecken und die Peripherie eines Schaltschranks lassen sich so smart umgehen – was im Vergleich zu klassischen Stromversorgungen für die Hutschiene mögliche Fehlerquellen reduziert sowie Installationszeit und Investitionskosten spart. Die vier Ausgänge der 24V-Version werden über Mehrfachklemmstellen angeschlossen. So sind keine speziellen und kostenintensiven Stecker erforderlich. „Lange Versorgungsleitungen sind nicht nur ein Kostenfaktor, sondern machen eine Anlage im Zweifel auch störungsanfälliger“, erklärt Heinen. Mit den kurzen Kabelstrecken der neuen Interroll-Lösung gebe es so gut wie keinen Spannungsabfall mehr. „Die hohe Leistung kann zudem die Anzahl der benötigten Netzteile in einer Anlage bis zu 50 Prozent verringern.“ Dafür wird die Anlage in Segmente unterteilt, die jeweils von einem direkt montierten Netzteil versorgt werden.

Wenig Bauraum, einfache Inbetriebnahme

„Im Rahmen unserer neuen DC Platform gehen wir bewusst einen neuen Weg“, führt der Product Manager weiter aus. Durch die hohe Schutzart und das robuste Gehäuse, wird der Schaltschrank überflüssig. Gleichzeitig nimmt das Netzteil aufgrund des integrierten Kühlsystems deutlich weniger Platz ein, als es mit einem Schaltschrank der Fall wäre. Zudem sind die Geräte direkt betriebsbereit, was Installation sowie Inbetriebnahme vereinfacht und verkürzt. „Bei unserer Lösung heißt es: Netzteil auspacken, anschließen, fertig“, bringt es Heinen auf den Punkt. Mit dem Design des Netzteils reagiere man auch auf den Trend zur Dezentralisierung in der Produktion. „Es reicht nicht, im Sinne der smarten Fabrik, die Intelligenz auf der Feldbebene zu dezentralisieren. Auch die Leistungselektronik und Stromversorgung muss diesen Weg mitgehen können.“ Die UL-zugelassenen Netzteile lassen sich in der Regel unterhalb der Förderstrecke integrieren. Nach dem Anschluss bekommt der Techniker über entsprechende LEDs umgehend Rückmeldung, ob alle Ausgänge angeschlossen sind. Darüber hinaus kann er das Gerät über einen Digitalausgang mit der Steuerung, der MultiControl verbinden und z.B. über Profinet den Status an eine SPS kommunizieren. Die Kombination von Motorrolle, Steuerung und Netzteil erlaubt laut Interroll die Umsetzung von Logistik 4.0. „Daten zur Anlagenoptimierung und vorbeugenden Wartung können durch das Produktpaket ausgelesen und entsprechend zur Analyse genutzt werden.“ kommentiert Heinen. „Wir sehen heute, ein Jahr nach Markeinführung, dass wir damit große Begeisterung geweckt haben.“

Für Rollenantriebe ausgelegt

Wie eingangs beschrieben ist das Netzteil vielseitig in der Industrie einsetzbar. „Mittlerweile haben wir schon alle möglichen Anwendungsfälle gesehen“, sagt Heinen. „Ich denke jedoch, dass die überwiegende Mehrzahl die Netzteile zur Versorgung unserer RollerDrive einsetzen wird.“ Denn mit der hohen Spitzenleistung ist das Gerät für den Betrieb von Elektromotoren ausgelegt. Weil diese Antriebe oft über eine Rückspeisung verfügen, ist direkt im Netzteil ein Bremswiderstand integriert, der bereits für die anzuschließenden Motorrollen ausgelegt ist. „Werden in RollerDrive-Applikationen unsere Steuerung und das Netzteil kombiniert, ist dies meist die beste Lösung hinsichtlich der Rückspeisung“, versichert Heinen. „Verwendet der Kunde eine eigene Steuerung oder eine Fremdsteuerung, dann werden meistens noch externe Brems-Chopper eingebunden. Das ist natürlich aufwändiger und teurer.“

Mehrfache Sicherheit

Bei den Netzteilen erhält die Sicherheit einen hohen Stellenwert. Zum einen ist ein Sicherungsautomat im Gerät integriert, der es vor Überlast schützt. „Das 24V-Netzteil ist auf 40A ausgelegt, hält aber für vier Sekunden auch 60A stand – erst danach schaltet es ab“, so Heinen. Bei 48V bietet das Netzteil 20A und schafft kurzzeitig 30A. Auch ein vorab einstellbarer Leitungsschutz für die DC-Seite ist verbaut, den der Anwender gemäß seiner Anforderungen über einen Jumper auslegen kann. Eine weitere wichtige Eigenschaft laut Heinen: „Die 400V lassen sich von einem Netzteil zum nächsten durchschleifen.“ An einer 400V-Leitung können also mehrere Netzteile hängen – je nach Leitungslänge und Querschnitt. Der Hauptschalter sorgt dann z.B. bei Wartungsarbeiten dafür, dass nur die entsprechenden Abschnitte abgeschaltet werden und nicht die gesamte Anlage. Weiterhin lässt sich der Hauptschalter mit einem Schloss mechanisch verriegeln. Dadurch ist ausgeschlossen, dass Netzteile unbefugt angeschaltet werden oder in Situationen in Betrieb genommen werden, die für Mitarbeiter eine Gefahr darstellen.

Neuer Kompetenzbereich

Doch inwieweit passt das Netzteil überhaupt in den Kompetenzbereich von Interroll? Auf diese Frage entgegnet der Product Manager: „Mit dem Thema Gleichspannung setzen wir uns seit der Geburtsstunde unserer RollerDrive auseinander. Dem Netzteil kam dabei als Bestandteil des Systems lange Zeit nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit zuteil.“ Das habe sich mittlerweile komplett geändert. „Im Gegensatz zum Vorgängermodell handelt es sich beim HP5424 und HP5448 um eine Eigenentwicklung.“ Dem ging bei Interroll eine langfristige strategische Entscheidung voraus. „Es war viel Aufwand und eine größere Investion nötig. Beides hat sich aus heutiger Sicht absolut gelohnt“, lässt Heinen durchblicken. Allein deshalb, weil man bei der Entwicklung ganz genau auf die Anforderungen der Anwender eingehen konnte. „Viele der neuen Features sind direkt auf das Feedback unserer Kunden zurückzuführen“, unterstreicht Heinen diesen Ansatz. Man habe im Vorfeld umfangreiche Spezifikationen definiert. „Bei Netzteilen im Schaltschrank bedarf es immer der Ergänzung und Verkabelung von Komponenten – z.B. eines Leitungsschutzes. Dies und der Schaltschrank selber erübrigt sich mit unseren Geräten und ist, so unsere Kunden, ein enormer Vorteil. Wir sind sehr zufrieden mit der durchgehend positven Resonanz“, zieht Daniel Heinen Bilanz. (mby)

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