Richtlinien und Normen im internationalen Vergleich

In den meisten Ländern der Welt gibt es verbindliche Vorschriften zum Schutz des Menschen bei der Absicherung von Maschinen und Anlagen. Das Bewusstsein, dass sichere Anlagen die Motivation und Produktivität der Mitarbeiter steigen, ist gewachsen. Je nach Region ist die Form der Vorschriften in einem zum jeweils passenden rechtlichen und kulturellen Umfeld gestaltet.

Die Spanne der Vorschriften reicht von zwingenden Gesetzen bis hin zu Empfehlungen von unverbindlicher Qualität. Auch die Instanzen, welche die Einhaltung gewährleisten, sind durchaus unterschiedlich. In einigen Regionen genügt eine Selbstzertifizierung, anderswo führen wirtschaftliche Institutionen Prüfungen nach eigenen Regeln durch und in wieder anderen Bereichen erfolgt eine Zertifizierung durch von staatlichen Stellen autorisierten Institutionen. Abgrenzung zwischen Richtlinien und Gesetzen Hauptsächlich im europäischen Raum werden Sicherheitsnormen über Richtlinien und Gesetze geregelt. Der Begriff Gesetz bezeichnet etwas Gesetztes, etwas Festgelegtes. Ein Gesetz ist also im eigentlichen Sinn des Wortes eine Festlegung (von Regeln). Im Gegenzug ist eine Richtlinie eine Handlungsvorschrift mit bindendem Charakter. Sie ist jedoch kein Gesetz. Eine Richtlinie wird von einer Organisation ausgegeben. In Deutschland sind dies beispielsweise die DIN oder DKE. Eine Richtlinie ist gesetzlich ermächtigt und hat einen Geltungsbereich, der z.B. arbeitsrechtlich sanktionierbar ist. Eine Besonderheit stellen hierbei EG-Richtlinien im Rechtsverhältnis der Europäischen Union dar. Die EU verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung eines bestimmten Ziels. EG-Richtlinien sind keine Richtlinien im ursprünglichen Sinne. Sie richten sich vielmehr an die nationalen Gesetzgeber der EU. Diese sind aufgefordert und vertraglich verpflichtet, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Maschinenrichtlinie Das Thema der Maschinensicherheit wird in Europa im Besonderen von der Maschinenrichtlinie (MRL) geprägt, deren heutiger Stand in der Version von 1998 als MRL 98/37/EG zum Einsatz kommt. Mit Wirkung zum 29.12.2009 wird diese durch die MRL 2006/42/EC übergangslos abgelöst werden. Der grundlegende Aufbau und der Inhalt beider Richtlinien sind nahezu deckungsgleich, wobei die neue MRL als Präzisierung der bisherigen verstanden werden kann. Darüber hinaus schafft die neue Richtlinie in erster Linie eine bessere Rechtssicherheit, indem unklare Passagen präzisiert wurden und der Anwendungsbereich eindeutiger beschrieben ist. Insbesondere die Kapitel zu Gültigkeitsbereich und der Konformitätsbewertung sollte jeder Maschinenbauer kennen, da einige Maschinen und Komponenten nun explizit in den Gültigkeitsbereich der Richtlinie mit aufgenommen wurden. Da sich außerdem das Konformitätsbewertungsverfahren verändert hat, ist auch hier individuell zu prüfen, ob entsprechender Nutzen gezogen werden kann. Besonders für Unternehmen mit einem umfassenden Qualitätssystem hat sich das Konformitätsbewertungsverfahren teils erheblich vereinfacht. Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht Die Adressaten der Richtlinien sind die Mitgliedsstaaten, welche die Pflicht haben, die europäischen Richtlinien in nationales Recht umzusetzen. Beispielsweiße in Deutschland wird dies in der Regel über das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) realisiert. Viele Aussagen der EG-Richtlinien bedürfen der Konkretisierung. Solche Konkretisierungen dürfen die EG-Mitgliedstaaten jedoch nicht durch gesetzliche Vorschriften vornehmen. EG-Richtlinien werden also nicht mit genauen Definitionen erweitert. Gesetzlich festgeschrieben werden nur ihre allgemeinen Aussagen. Zur Konkretisierung wird ein System von Sicherheitsnormen geschaffen. Dabei handelt es sich nicht um Normen einzelner nationaler Organisationen, wie etwa des DIN, sondern um sogenannte \’harmonisierte Europanormen\‘. Diese Normen müssen zumindest von allen Normungsorganisationen der EU-Staaten anerkannt werden. Da diese auf weitere Normen verweisen, entsteht somit ein komplexes Netzwerk von anzuwendenden Normen. Richtlinien und Gesetze in Übersee Die Rechtsgrundlagen in den USA sind als ein Mix aus Produktstandards, Fire Codes (NFPA), elektrischen Codes (NEC) sowie nationalen Gesetzen zu sehen. Die Einhaltung und Durchsetzung dieser Codes werden hoheitlich durch die lokalen Regierungsstellen überwacht. In den USA kennt man primär zwei Arten von Standards: OSHA (Occupational Safety and Health Administration) und ANSI (American National Standards Institute). Die OSHA-Standards werden von staatlicher Seite herausgegeben, deren Einhaltung vorgeschrieben ist. Die OSHA-Standards lassen sich daher mit den europäischen Richtlinien vergleichen, lediglich mit dem Unterschied, dass OSHA weniger abstrakte Anforderungen als mehr technische Beschaffenheitsanforderungen beschreibt. Die Entwicklung von ANSI-Standards erfolgt dagegen durch autorisierte Organisationen, deren Anwendung in der Regel nicht zwingend erforderlich ist. Häufig finden sich ANSI-Normen jedoch als Vertragsbestandteil wieder. Darüber hinaus werden ANSI-Standards auch von OSHA übernommen. Richtlinien und Gesetze in Japan Das Gesetz über Arbeits- und Gesundheitsschutz (Industrial Safety and Health Law) stellt einige konstruktionstechnische Anforderungen an bestimmte Maschinen (Kran, Aufzug usw.). Das Gesetz legt darüber hinaus fest, dass der Maschinenbetreiber verantwortlich für die Durchführung von Risikoanalysen ist. Zudem hat er für die Sicherheit am Arbeitsplatz Sorge zu tragen. Es wird davon ausgegangen, dass der Betreiber den Maschinenhersteller beim Erwerb zur Ausstellung eines Risikoanalyseberichts auffordert, und dass die Maschine sicher konstruiert ist. Es enthält weiterhin Anforderungen an Druckbehälter, persönliche Schutzausrüstung, Verpackungsmaschinen der Nahrungsmittelindustrie sowie an Maschinen, die auf öffentlichen Straßen bewegt werden. Die meisten der IEC- und ISO-Normen werden als JIS-Normen (Japan Industrial Standards) übernommen, das Gesetz über Arbeits- und Gesundheitsschutz verweist jedoch nicht auf jede dieser Normen. Zusammenfassung Die obige Gegenüberstellung nur dreier Wirtschaftsräume zeigt durchaus wesentliche Unterschiede in der Herangehensweise an Normen. Es ist damit auch klar, dass die Kenntnis der nationalen Begebenheiten beim Export unverzichtbar ist. Gleichzeitig zeigt sich aber auch die Bedeutung der Europäischen Normen. In den meisten Ländern hat eine Zertifizierung nach IEC-, EN- und auch ISO-Normen ein großes Gewicht, da die lokalen Vorschriften sich häufig an diese Normen anlehnen. Dies beinhaltet zwar nicht eine automatische Übernahme von Zertifikaten, aber eine Zertifizierung in diesen Ländern ist häufig erheblich vereinfacht, falls eine Zertifizierung nach Europäischen Normen vorliegt.

Safety Network International e.V.
http://www.safetybus.de

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