Oliver Stöckl, Phoenix Contact

\“Unsere Lösungen bringen Mehrwert für Kunden\“

Seit dem 1. Juli verantwortet Oliver Stöckl als neuer Leiter die Division Control and Industry Solutions (CIS) bei Phoenix Contact. Nach knapp 100 Tagen im Amt verabredeten wir uns mit Ihm zum Interview. Dort erläuterte er uns, wie sich Phoenix Conctact vom Komponentenlieferanten nun auch zum Lösungsanbieter entwickelt hat und welche Vorteile auch Lösungs-Kunden von dem riesigen Baukasten des Unternehmens haben.

Phoenix Contact kommt ursprünglich aus dem Bereich elektromechanischer Komponenten. Mit dem Feldbus ist auch die Elektronik bei Ihnen eingezogen. Wie groß ist der Bereich Steuerungstechnik heute?

Stöckl: Die Division Control & Industry Solutions, über die wir hier sprechen, setzt sich zusammen aus dem Bereich Business Unit Control Systems – also Steuerungstechnik – und der Business Unit Industry Solutions – zuständig für das industrielle Lösungsgeschäft – sowie unserem Software Competence Center. Der Bereich umfasst weltweit derzeit etwa 400 Mitarbeiter.

Sie erwähnten gerade den Bereich \’Industry Solutions\‘. Das klassische Geschäft von Phoenix Contact ist doch aber die Komponente, oder?

Stöckl: Absolut richtig, das Komponentengeschäft ist zweifelsohne die DNA des Unternehmens. Das Komponentengeschäft hat das Unternehmen seit 1923 groß gemacht. 90 Jahre jung sind wir also. Begonnen hat Phoenix Contact mit elektromechanischen Komponenten, gefolgt von Industrieelektronik sowie Kommunikations- und Steuerungssystemen. Heute bieten wir unseren Kunden einen komplexen Lösungsbaukasten, bestehend aus Hardware, Software und Dienstleistungen. Unser Lösungsgeschäft hat vor vielen Jahren in der Automobilindustrie begonnen. Heute bieten wir unseren Kunden in allen Fokusbranchen industrielle Gesamtlösungen. Hiermit beschäftigt sich die Business Unit Industry Solutions, die aus dem gesamten Produkt-Portfolio von Phoenix Contact ihre industriespezifischen Bauteile bezieht, um sie in Systemlösungen zu integrieren.

Für welche Branche bietet Phoenix Contact seine Lösungen an?

Stöckl: Der Geschäftsbereich Industry Solutions konzentriert sich auf fünf Fokusindustrien: die Automobilindustrie, die Öl- und Gasindustrie, Windenergie, Solarenergie und das Thema der urbanen Infrastruktur. Als Phoenix Contact erwirtschaften wir mit den Teilbereichen Wasser-/Abwasserwirtschaft, Energieübertragung und -verteilung und Verkehrsinfrastruktur etwa ein Drittel bis die Hälfte des Gesamtumsatzes mit diesen fünf im Fokus stehenden Industrien!

Das erfordert vermutlich ein neues Vertriebsmodell.

Stöckl: Sie haben vollkommen Recht. Das Vertriebsmodell im Komponentengeschäft ist ein anderes als im Lösungsgeschäft. Im Lösungsgeschäft stellen wir den Nutzwert eines Systems bzw. \’added value\‘ in den Vordergrund. Dieser Ansatz im Vertriebsprozess unterscheidet sich vom etablierten Komponenten-Vertrieb. Daher haben wir Vertriebsteams in Deutschland sowie auch in den ausländischen Tochtergesellschaften gebildet, die speziell auf diesen Lösungsansatz trainiert sind, und aufgrund ihrer Erfahrung die spezifische Anforderungen der jeweiligen Branchen bestens kennen. Diese Vertriebsteams werden häufig von Mitarbeitern geführt, die in diesem Bereich selbst langjährige Anwendungserfahrungen haben. Beispiele für Bereiche, in denen wir sehr etabliert sind, sind die Automobilindustrie, der Bereich Wasser- und Abwasserwirtschaft oder auch die Windenergie. Das Lösungsgeschäft haben wir in der Vergangenheit bereits sehr erfolgreich betrieben und werden es daher auch in Zukunft Stück für Stück weiter ausbauen.

Was macht das Lösungsgeschäft aus Ihrer Sicht bei Phoenix Contact so erfolgreich?

Stöckl: Wir kommen von der Komponente und auf dieser Vielfalt innovativer und exzellenter Komponenten basiert der Erfolg unseres Lösungsgeschäfts. Nachdem Phoenix Contact nun mal einen hervorragenden Namen aus dem Komponentengeschäft hat, stehen uns die Türen auch im Lösungsgeschäft offen. Man kennt Phoenix Contact eben als verlässliches, sicheres Unternehmen.

Auf welchen Komponenten beruht dieses Lösungsgeschäft?

Stöckl: Wir haben in einer Untersuchung analysiert was Anwender für ihre Lösungen wirklich benötigen. Dazu haben wir uns typische Anwendungen beispielsweise in der Automobil- oder in der Solarindustrie angesehen. Der steuerungstechnische Anteil liegt hier in der Regel bei nur ca. 30%. Der Rest entfällt auf sämtliche andere Geschäftsbereiche, die wir im Unternehmen zur Verfügung haben. Während eine Lösung früher oft nur mit Automatisierung verbunden wurde, entwickelt sie sich heute zu einer Querschnittsaufgabe, die vom Überspannungsschutzmodul, über die Klemme und das Interface, bis zur Automatisierung geht. Aufgrund der Breite unseres Angebotes können wir unseren Kunden eine deutlich umfassendere Lösung anbieten, als viele Wettbewerber. Dazu nutzen wir das gesamt Produktportfolio von Phoenix Contact, um diese umfassende Lösung zu erstellen. Dieser Ansatz geht stets quer durch alle Business Units. Unsere Teams versuchen immer ein rundes Package aus allem zu schnüren. Damit erweitert sich unser Lösungs-Begriff und geht über die reine Automatisierung hinaus – quer durch den gesamten Katalog.

Welche Rolle spielt dann noch die Automatisierungstechnik bei Phonix Contact?

Stöckl: Die Automatisierung spielt im Lösungsgeschäft natürlich eine absolute Schlüsselrolle und viele der Lösungen sind nur möglich, weil wir über diese ausgezeichnete Automatisierungstechnik verfügen, in Kombination mit Automatisierungs- und Visualisierungssoftware. Wir bieten unseren Kunden ein umfangreiches Automatisierungsportfolio für den gesamten Korridor zwischen der Sensorik- bzw. Aktorik-Ebene bis hinauf zum Leitsystem. Sensorik und Aktorik ist nicht unser Thema, ebenso nicht das Leitsystem. Aber das gesamte Produktportfolio dazwischen, die gesamte Steuerungsinfrastruktur, angefangen bei I/Os, Netzwerktechnik, Stromversorgungen, HMIs, IPCs und natürlich Steuerungssystemen und Software.

Wie sieht es aus mit der Antriebstechnik?

Stöckl: Entsprechend der von mir genannten Definition gehört die Antriebstechnik nicht zur Kernkompetenz von Phoenix Contact und wir werden dieses Thema auch nicht vorantreiben. Wir fokussieren klar auf unsere Kernkompetenzen. Mit den Unternehmen, die diese Technologie anbieten stehen wir in gutem Kontakt und gerade für das Lösungsgeschäft sind wir – falls erforderlich – offen, deren Komponenten in unsere Lösungen einzubinden. Aber wir binden uns nicht an bestimmte Antriebslieferanten. Die Aussage ist ganz klar: Antriebstechnik steht nicht auf unserer Agenda.

Gibt es hier eine Tendenz, daraus vorgefertigte Lösungen zu entwickeln?

Stöckl: Absolut, das ist genau das Ziel. Sie sprachen das Projektgeschäft an. Das Projektgeschäft macht nur dann nachhaltig Sinn, wenn man aus dem dort entstandenem Engineering eine Lösung generiert, die als Lösungsprodukt definiert wird. So entstehen multiplizierbare Lösung, die möglichst weltweit einsetzbar sein sollten. Das ist Bestandteil unserer Strategie.

Welche Rolle spielt die Sicherheitstechnik in ihrem Angebot?

Stöckl: Safety ist heute ein absolutes Muss im industriellen Umfeld. Somit haben wir Safety nicht nur als Komponente im Produktportfolio, sondern bieten darüber hinaus auch Dienstleistungen z.B. in Sachen Maschinensicherheit an, wo wir auch wirklich Komponenten-unabhängig Consulting für Maschinenbauer anbieten, die im europäischen Raum arbeiten wollen. Versteht man Sicherheit als Security, haben wir ebenfalls Lösungen für unsere Kunden. In der vernetzten Welt nimmt das Thema eine immer dominantere Stellung ein. Die jüngsten Entwicklungen zum Thema Netzwerk und Datensicherheit belegen dies ja leider eindrucksvoll. Wir von Phoenix Contact integrieren das Thema Security Schritt für Schritt bereits bei der Entwicklung unserer Automatisierungskomponenten. Sehr gut passt natürlich, dass wir mit unserer Tochter Innominate einen absoluten Spezialisten auf diesem Gebiet im eigenen Haus haben, die wir zum Thema Security bereits bei der Entwicklung mit ins Boot holen. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Safety ist heute Standard. Daher sind in der sehr nahen Zukunft integrierte Safety- und Security-Lösungen das Muss. In diese Richtung gehen wir auch voran.

Bieten Sie für diesen Bereich auch Consulting an?

Stöckl: Consulting im Security-Bereich ist natürlich ein Thema von Innominate. Wenn es um Safety-Beratung geht, haben wir bei Phoenix Contact eine eigene Consulting-Gruppe, die sich mit diesem Thema befasst.

Welche Rolle spielt der Bereich \’erneuerbare Energien\‘ bei Phoenix Contact?

Stöckl: Das Thema \’erneuerbare Energien\‘ begleitet uns schon seit vielen Jahren. Im Segment Windenergie treten wir seit zwölf Jahren als Komplettanbieter auf; ebenfalls im Bereich der Solarenergie. Mit intelligenter, smarter Verbindungstechnik sind wir heute in der Lage unseren Kunden eine komplette Lösung anzubieten, von der Verbindungstechnik über das komplette Parkmanagement bis hin zum Einspeise-Management. Das lässt sich konsequent fortführen: Lösungen zum Thema Smart Grid, Einspeise-Management im Bereich Infrastruktur, das Thema Energie und deren Verteilung und natürlich das große Gebiet der Elektromobilität, für den wir sogar ein eigenes Unternehmen gegründet haben. All dies sind Bereiche, in denen wir sehr aktiv sind.

Bieten Sie für diesen Bereich spezielle Steuerungen an?

Stöckl: Unsere Lösungen im Bereich der Steuerungstechnik in erneuerbaren Energien basieren auf unseren Axioline- und RFC-Steuerungssystemen sowie auf PC Worx, unserer Standard-Automatisierungssoftware. Wir haben mit unserer Tochter KW-Software einen hervorragenden Unternehmensbereich, der uns auch im Bereich erneuerbarer Energien kompetent im Lösungsgeschäft unterstützt. Das ist aber nur die Steuerungsseite: Wie gesagt, Phoenix Contact hat ein ungemein breites Portfolio; der Baukasten ist riesig. Im Lösungsgeschäft fügen wir diese einzelnen Elemente logisch zusammen und generieren daraus einen neuen Mehrwert für unsere Kunden.

Was spricht aus Anwendersicht für das Lösungsportfolio von Phoenix Contact?

Stöckl: Wir dürfen mit Stolz sagen, dass wir auf ein Produktportfolio blicken, das seines gleichen sucht. Wir haben im Unternehmen einen Innovationsprozess verankert, der uns jedes Jahr eine Flut von neuen, innovativen Produkten beschert, die für unseren Kunden Nutzwert bringen und deren Effizienz steigern. Dieses umfangreiche Portfolio beinhaltet in einzigartiger Weise innovative elektromechanische und elektronische Komponenten, von der Klemme angefangen bis hin zu Steuerungssystemen, Softwarelösungen und Consulting. Basierend hierauf und dem Verständnis der speziellen Anforderungen unserer Zielindustrien, schaffen wir industrielle Lösungen, die für unsere Kunden enorme Vorteile bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen bieten. Außerdem: Man kennt Phoenix Contact als verlässliches, sicheres Unternehmen.

Das Interview entstand im September 2013 und wurde von Kai Binder geführt.

Phoenix Contact GmbH & Co. KG
http://www.phoenixcontact.de

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