Teleservice-VPN mit IoT-Technik

Die Wartung von Maschinen und Anlagen geschieht immer öfter proaktiv, um eine möglichst ununterbrochene Verfügbarkeit zu erreichen. Je mehr und je eher entsprechende Informationen zur Verfügung stehen, desto früher können Servicekräfte reagieren und Störungen oder sogar Anlagenstillständen entgegenwirken. Moderne und sichere Teleservicelösungen helfen heute, um im Fehlerfall bedarfsgerecht und schnell reagieren zu können.

Das Handy klingelt und der Servicetechniker schaut auf die eingetroffene Alarm-SMS. Jetzt schnell ans Notebook und auf die Anlage aufschalten, denkt er sich. Doch nach dem Aufbau der Verbindung kommt die Ernüchterung. Ein Schwellwert wurde überschritten und die Störung besteht bereits seit über einer Stunde. Seitdem arbeitet die Anlage nur noch mit einem Viertel ihrer Sollleistung. Das gibt Ärger, denkt sich der Servicetechniker. So oder ähnlich geschieht es derzeit vielerorts, denn zur Alarmierung im Störungsfall dient bei einer Vielzahl von Anlagen auch im Zeitalter von Smartphones und 100Mbit-Internet nach wie vor die klassische SMS. Obwohl diese Nachrichtenform nicht besonders zuverlässig ist und auch Zusatzkosten verursacht, setzen viele Unternehmen sie immer noch ein. Oftmals, um im Falle einer Störung nach Erhalt der Alarm-SMS per Teleservice-VPN auf die Anlage zuzugreifen. Durch die Verwendung moderner Technik aus dem Bereich des Internet der Dinge (Internet of Things = IoT) stehen heute allerdings sehr viel leistungsfähigere Möglichkeiten zur Verfügung. Mit moderner IoT-Technik und auf das wesentliche reduziertem Datentransfer kann heute von Servicetechnikern weltweit permanent der Onlinestatus vernetzter Geräte abgefragt werden, Störmeldungen angezeigt und ausgewertet oder die aktuelle Konfiguration verändert werden.

Vergangenheit und Gegenwart

Ein Teleservice-VPN (Virtual Private Network) dient seit längerem als die gängige und sichere Connectivity-Lösung, um eine ständige Anlagenüberwachung zu gewährleisten und Ausfälle abzuwenden. Wartungszugriffe und Störungsbeseitigungen werden so ohne teure und zeitintensive Reisen zur Anlage schnell und direkt vom PC eines Servicemitarbeiters aus erledigt. Hierzu muss der Servicetechniker allerdings zunächst einmal über den aufgetretenen Störungsfall informiert sein, bevor er per PC und VPN auf die Anlage zugreift. Bislang kommt hierfür klassischerweise eine SMS zum Einsatz, die aus der Anlage heraus per SMS-Alarmmodem versendet wird. Eine solche Kurznachricht ist aus drei Gründen unzuverlässig:

  • 1. Es gibt keine Garantie, wann und ob sie überhaupt beim Empfänger ankommt,
  • 2. eine Quittierung ist nicht vorgesehen – die SMS kommt zwar beim Mitarbeiter an, wird aber evtl. nicht ausreichend beachtet und
  • 3. die SMS wird im Klartext übertragen und bietet keinerlei Datensicherheit.

Darüber hinaus verursacht ein SMS-Alarmmodem durch Anschaffungs- und Betriebskosten, die sich heutzutage durchaus einsparen lassen. Das Internet der Dinge steckt, genau wie sein Ableger, das \’Industrial Internet of Things\‘ hierzulande Industrie 4.0 genannt, noch in den Anfängen. Die notwendigen Voraussetzungen und Komponenten existieren allerdings bereits und sollten – unabhängig vom IoT-Marketing-Hype – selbstverständlich auch in Automatisierungs- und Teleservicelösungen zum Einsatz kommen und ihre Vorteie ausspielen. Das Förderprojekt Internet of Things Architecture (IoT-A) der Europäischen Union etwa beschreibt ein universelles und anbieterneutrales Referenzmodell, wie künftige IoT-Anwendungen aussehen sollten. Sensoren, Aktoren und Devices – also die Dinge des Internet of Things – bilden in diesem Modell die physikalischen Geräte, zu denen wiederum jeweils eine virtuelle Repräsentanz – quasi ein digitales Abbild – gehört, das über das Netz angesprochen, ausgelesen und gesteuert werden kann. Im Falle einer Teleservicelösung erfolgt dies durch ein auf IoT-Technik basierendes Serviceportal. Dort wird der aktuelle Zustand von Sensoren und Aktoren oder auch einer kompletten Anlage gespeichert und bei Bedarf (zum Beispiel bei Zustandsänderung) aktualisiert. Auf den aktuellen Datenbestand können weitere Systeme und Benutzer über geeignete Software-Schnittstellen (etwa sogenannte Rest-APIs) zugreifen und anschließend weiterverarbeiten. Ein solches Cloud- bzw. IoT-Service-API unterstützt in der Regel unterschiedliche Protokolle und plattformunabhängige Datenformate. Darüber hinaus ist das Serviceportal meist unter einer festen Adresse zu erreichen und verfügt über geeignete Sicherheitsmechanismen, damit z.B. auch externe Servicedienstleister eines Anlagenherstellers diese zu Service-, Analyse- oder Visualisierungszwecken nutzen können.

Schlüsselfertiges Komplettpaket

Die Datenabbilder – quasi die alter Egos der Geräte – und die dazugehörenden APIs bilden den eigentlichen Kern einer IoT-Anwendung. Über die APIs sind externe Komponenten, vom Sensor über den Antrieb bis hin zu den übergeordneten IT-Systemen (Scada, ERP, CRM, MES, SQL usw.) sowie Smartphone-Apps und Web-Anwendungen in die IoT-Applikation eingebunden. Mit Hilfe der IoT-Service-APIs werden Datenobjekte angelegt und verwaltet, einzelne Datenelemente gelesen, mit neuen Werten versehen und – falls erforderlich – im Anschluss daran auch wieder gelöscht. Die Daten selbst werden in einer speziellen Datenbank vorgehalten. Für die externe Benutzer- bzw. Anwendungsansicht kommen herstellerunabhängige Datenformate wie JSON oder XML zum Einsatz, wie zum Beispiel bei den JSON-basierten Real Time Data Channels (RTDC), die Teil einer neuen, skalierbaren und bei Bedarf Schritt für Schritt erweiterbaren IoT-Teleserviceplattform von SSV sind. Vor nicht allzu langer Zeit noch war die Vernetzung von Anlagen vor allem für kleinere Unternehmen und Hersteller utopisch. Sowohl die Anschaffungs- wie auch die Betriebskosten und der Aufbau der Infrastruktur einer Teleservicelösung mit Server, Backup etc. waren hoch. Mittlerweile gibt es hierfür skalierbare und sofort einsatzfertige Komplettlösungen, bei denen ggf. sogar lediglich das anfallende Datenvolumen berechnet wird. In der Praxis lassen sich über die RTDC-Plattform auch Daten aus verschiedenen, räumlich weit entfernten, Anlagen und Automatisierungskomponenten mit Sensor- und Zählerdaten nahezu beliebig in einem Projekt zusammenfassen und übersichtlich verwalten. Limitierungen hinsichtlich der Datenanzahl existieren lediglich durch die Hardware-Ressourcen der Server, auf denen diese IoT-Teleserviceplattform läuft.

Remote Access & Monitoring Gateway

In vielen Teleservicelösungen mit Zugriff auf komplette Maschinen und Anlagen oder auch nur einzelne Automatisierungskomponenten kommen keine einfachen VPN-Router, sondern spezielle Remote Access & Monitoring Gateways wie das IGW/922 zum Einsatz. Dieses verbindet sich per VPN über Mobilfunk oder Ethernet mit der Teleserviceplattform und liefert über eine nach aktuellem Stand der Technik verschlüsselte Verbindung die jeweils aktuellen Zustandsdaten. Über eine Smartphone-App wird anschließend entweder einem einzelnen oder auch einer Gruppe von Servicemitarbeitern jederzeit der aktuelle Maschinen- bzw. Anlagenzustand angezeigt. Da für die Kommunikation zwischen Serviceplattform und App mit MQTT (mqtt.org) ein modernes Message-Protokoll mit Echtzeitverhalten verwendet wird, kann die Smartphone-App die angestaubte SMS-Alarmierung vollständig ersetzen. Möglich wird dies in erster Linie durch das ereignisgesteuerte MQTT-Publish/Subscribe-Verhalten. Jedes Mal, wenn sich mindestens ein überwachter Wert in der Anlage verändert hat, übermittelt das Gateway diese Daten an den IoT-Service. Von dort werden die geänderten Werte sofort an alle Abonnenten weitergeleitet, in diesem Fall an die Smartphone-Apps. Vom Prinzip her kennt man diese Technik bereits von Messaging-Diensten wie z.B. WhatsApp. Nur dass in diesem Fall der IoT-Service die eingehenden Daten permanent darauf prüft, ob ein Alarm vorliegt und eine Mitteilung zu erfolgen hat. Ist dies der Fall, erzeugt die App einen Klingelton bzw. löst den Vibrationsalarm aus und sendet eine entsprechende Nachricht. Diese Alarmierung bleibt solange bestehen, bis ein Mitarbeiter die Alarmierungsursache beseitigt, ob per VPN aus der Ferne oder direkt vor Ort an der Maschine- bzw. Anlage.

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SSV Software Systems GmbH
http://www.ssv-embedded.de

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