Rechtlich verbindlich, aber oft schwer umzusetzen: Gefahrenanalyse im Maschinen- und Anlagenbau

Technik einzusetzen, bedeutet immer auch ein gewisses Sicherheitsrisiko. Ausfälle und Fehlfunktionen von Maschinen und Anlagen können zu Risiken für Personen, Umwelt oder Sachwerten führen. Maschinensicherheit ist deshalb ein zentrales Thema im betrieblichen Arbeitsschutz und wird durch die zunehmende Automatisierung der Produktionsprozesse immer wichtiger. Wie die Erfahrung zeigt, sind jedoch die heute geltenden, rechtlich verbindlichen Forderungen, Normen und Richtlinien in der Praxis leider oft schwer umzusetzen.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden in verschiedenen Industriebereichen Verfahren entwickelt, um die von Maschinen und Anlagen ausgehenden Gefahren und Risiken zu analysieren und dadurch bereits im Vorfeld weitestgehend zu vermeiden. Dampfkessel und chemische Anlagen übernahmen dabei eine Vorreiterrolle. In der Folgezeit wurden die rechtlichen Forderungen im Zusammenhang mit Vorsorge- und Vorbeugemaßnahmen ständig weiter verschärft, und heute muss jeder Hersteller einer Maschine oder Produktionsanlage eine Gefahrenanalyse gemäß der EG-Maschinenrichtlinie durchführen und dokumentieren: \“Der Hersteller ist verpflichtet, eine Gefahrenanalyse vorzunehmen, um alle mit seinen Maschinen verbundenen Gefahren zu ermitteln. Er muss die Maschine dann unter Berücksichtigung seiner Analyse entwerfen und bauen\“. Die Gefahrenanalyse ist damit Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung und das Inverkehrbringen einer Maschine oder Anlage. Man muss sich folglich frühzeitig in der Entwicklung oder Konzeption darum kümmern und dabei natürlich auch die geforderte Dokumentation berücksichtigen. Genau hier fangen aber für viele die praktischen Probleme an. Unzureichende Dokumentation – fatale Folgen Maschinen- oder Anlagenkonstrukteure haben nur selten die Zeit, eine gründliche und praxisgerechte Gefahrenanalyse zusätzlich zu ihren eigenen Aufgaben zu erstellen, einschließlich der dazu notwendigen technischen Dokumentation. Schon die Richtlinien- und Normenrecherche, also die Suche nach den für den Einzelfall zutreffenden Vorschriften, die zwangsläufig am Anfang jeder Gefahrenanalyse stehen muss, fordert viel Zeit (Bild 1). Doch welche Abteilung im Betrieb sollte sonst dafür zuständig und in der Lage sein, die entsprechenden Arbeiten zu übernehmen, zumal standardisierte, einfach einführ- und anwendbare Vorgehensweisen nicht definiert sind? Die Folgen dieser Situation können fatal sein. Schaut man sich die Praxis an, stellt man allzu häufig fest, dass Gefahrenanalysen gar nicht oder nur unzureichend gemacht werden; die Dokumentation entpuppt sich als lästiges Übel und wird dementsprechend gehandhabt und gestaltet. Dahinter steckt keineswegs böse Absicht oder Mangel an Motivation, sondern für jeden nachvollziehbare Ursachen wie Zeitknappheit, Unsicherheit und fehlendes Know-how. Letztendlich können sich daraus jedoch schwerwiegende Probleme ergeben, die bis zum finanziellen Ruin eines Unternehmens reichen. Denn gegen solche \’Verfehlungen\‘ gibt es keinen Versicherungsschutz. Mancher Anlagenbetreiber kam schon nach einem kleineren Unfall ins Schwitzen, wenn sich zeigt, dass die vorhandenen Dokumentationen zur Gefahrenanalyse nicht komplett und richtlinienkonform sind. Auch Kontrollbesuche durchs Gewerbeamt können tief greifende Folgen haben, wenn Gefahrenanalyse und technische Dokumentation den geltenden Anforderungen nicht genügen, ganz zu schweigen von Schäden durch den damit verbundenen Imageverlust. Outsourcing: Entlastung für den Hersteller Um solche Fehler zu vermeiden und die eigenen Abteilungen von den aufwendigen und gerade in der Anfangsphase oft kompliziert erscheinenden Verfahren zu entlasten, bietet sich deshalb \’Outsourcing\‘ an, d.h. die Beauftragung eines externen Dienstleisters. Die Sicherheitsingenieure der Firma beta Sensorik in Küps beispielsweise verfügen mittlerweile über langjährige Praxiserfahrung auf diesem Gebiet. Die Spezialis­ten bieten neben der sicherheitstechnischen Beratung auch die Durchführung und lückenlose Dokumentation von CE-konformen Gefahrenanalysen bis hin zur unterschriftsfertigen Konformitätserklärung an. Wer diesen Service nutzt, profitiert gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen spart er sich zeitliche und personelle Kapazitäten. Zum anderen muss keiner das Rad zum zweiten Mal erfinden, sondern kann sich stattdessen auf die in den unterschiedlichsten Branchen bewährten Vorgehensweisen der Sicherheitsspezialisten verlassen. Wie das in der Praxis aussehen kann, darüber vermitteln die beiden im Folgenden kurz beschriebenen Anwendungen aus unterschiedlichen Bereichen einen Eindruck. In einem Fall geht es um die Gefahrenanalyse bei einer Magnesiumrecycling-Anlage der Firma Magrec in Sonneberg (Bild 2), also um das Handling explosiver Materialien. Das andere Anwendungsbeispiel beschreibt eine Produktionsanlage für Laminat, also für glasfaserverstärkte Polyesterplatten z.B. für Sandwichelemente, die im Wohnwagenbau verwendet werden. Auch hier geht es um die Bereiche Explosionsschutz, Arbeitssicherheit und Personenschutz. Gefahrenanalyse für eine Magnesiumrecycling-Anlage Späne aus Magnesium oder Mag­nesiumlegierungen fallen in der Metall verarbeitende Industrie als Abfälle an. In der Magnesiumrecycling-Anlage in Sonneberg wird zunächst das an ihnen haftende Öl oder die ölhaltige Emulsion abgeschleudert. Anschließend werden die Späne bei bestimmten Temperaturen und unter hohem Druck so aufbereitet, dass die entstandenen Briketts wieder zur Herstellung von Magnesiumlegierungen eingeschmolzen werden können. Das klingt einfach, ist in der Praxis jedoch recht kompliziert und vor allem nicht ungefährlich. Bei falschem Handling bzw. Fehlern im Produktionsablauf wird Magnesium zur Brandbombe. Magnesiumspäne sind leicht entzündlich; Magnesiumstäube im Gemisch mit Luft sind explosionsfähig. Einen wesentlichen Teil der Gefahrenanalyse machte bei dieser Produktionsanlage daher die Beurteilung der Brand- und Explosionsgefahr aus. Wichtige Grundlagen dafür lieferten unter anderem auch die \’Regeln für das Vermeiden der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre\‘ BGR104 (Ex-RL) und BGR 204 \’Umgang mit Magnesium\‘ sowie der \’Leitfaden für einen sicheren Umgang mit Aluminium und Magnesium\‘. Ausgehend von den gefährlichen Stoffen Magnesium, öligem Kühlschmiermittel und Wasserstoff, der durch die Reaktion der Späne mit eventuell anhaftendem Wasser entsteht, war zudem eine Gefährdungsbeurteilung der Lagerhalle und der Maschinen in der Produktionsanlage notwendig. Was es dadurch alles für eine umfassende Gefahrenanalyse zu berücksichtigen gab, ist beachtlich. Explosionsschutzbericht im Rahmen der Gefahrenanalyse Die Palette reicht von einer detaillierten Beschreibung der Anlage, die Identifizierung möglicher Gefährdungen und die anzuwendenden Normen und Richtlinien über die Risikoeinstufung (Bild 3) und die Maßnahmenplanung bis hin zu der Rahmen- und Detailgefahrenanalyse mit Checkliste sowie einer umfangreichen Prüfliste für die Maschinen und die elektrische Ausrüstung. Mit der daraus resultierenden, übersichtlich gegliederten Nachweisdokumentation einschließlich des für diese Anlagen notwendigen Explosionsschutzdokuments mit der detaillierten Beschreibung des Gefahrenpotenzials und dem Maßnahmenkatalog zu dessen Vermeidung ist der Anlagenbetreiber heute auf der sicheren Seite. Alle rechtlich verbindlichen Forderungen wurden nicht nur vorbildlich in der Praxis umgesetzt, sondern sind auch jederzeit nachvollziehbar dokumentiert. Komplexe Thematik verlangt nach Know-how Gleiches gilt auch für das zweite Praxisbeispiel. Bild 4 zeigt, wie eine entsprechende Detail-Gefahrenanalyse aussieht. Gefahrenstelle, Art der Gefährdung, die zu beachtenden Normen, die Risikoeinstufung und die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung der jeweiligen Gefährdung sind übersichtlich dargestellt. Auch auf die in der Bedienungsanleitung und bei der Personaleinweisung anzusprechenden Sachverhalte wird in diesem Zusammenhang hingewiesen. Dabei wird deutlich, wie komplex die Thematik \’Gefahrenanalyse\‘ bereits bei einer einzigen Maschine sein kann. Wer die entsprechenden Arbeiten nicht komplett auslagern will, sollte deshalb zumindest fachlichen Rat einholen oder entsprechende Schulungsangebote nutzen. Denn auch auf dem Gebiet der Gefahrenanalyse gilt der Grundsatz: \’Unkenntnis schützt vor Strafe nicht\‘. Die Sicherheitsexperten aus Küps bieten deshalb auch ein breit gefächertes Schulungsprogramm an. Fazit Die Sicherheitsingenieure der Firma beta Sensorik verfügen über langjährige Praxiserfahrung im weiten Bereich der Sicherheitstechnik. Dazu gehören aber nicht nur Dienstleistungen, sondern auch die entsprechenden Komponenten, wie Sicherheitslichtgitter, Sensoren usw. Eine breite Produktpalette sorgt dafür, dass sich für jede Applikation eine passende Lösung realisieren lässt. Ein typisches Beispiel dafür liefern die von beta Sensorik angebotenen Sicherheits-Lichtvorhänge SAFEasy. Dank kompakter Abmessungen und der einfachen Installationstechnik konnten damit in der im Artikel beschriebenen Laminat-Produktion die Gefahrenbereiche, bei denen aktiv in den Produktionsprozess eingegriffen werden muss, effektiv und kostengünstig abgesichert werden.

beta SENSORIK GmbH
http://www.betasensorik.de

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