Produktionsweite Konnektivität

Analyse und Optimierung automatisierter Prozesse - Teil 2/5
Unsere Beitragsreihe beschreibt, wie komplexe Prozesse in heterogenen Automatisierungslösungen mit Anlagenkomponenten unterschiedlicher Hersteller und Gerätegenerationen erfasst, analysiert und optimiert werden können. Der zweite Teil erläutert, welche Anforderungen gängige Prozessumgebungen an eine übergreifende Datenerfassung und -aufzeichnung stellen und wie diesen entsprochen werden kann. Der Fokus liegt dabei auf dem Umgang mit der Vielzahl an unterschiedlichen Schnittstellen, die jede schrittweise ausgebaute bzw. modernisierte Automatisierungslösung mit sich bringt.

Eine typisches Einsatzgebiet für Automatisierungstechnik sind komplexe, schnelle und aus mehreren Aggregaten und Modulen bestehende Fertigungsprozesse. Ein Beispiel hierfür ist der Walzprozess zur Erzeugung von Blechen in der metallerzeugenden Industrie. Diese Prozessumgebung birgt bezüglich der Datenerfassung und Datenaufzeichnung Herausforderungen, die auf viele andere automatisierte technische Prozesse – wie z.B. die Fertigung von Teilen für die Automotive-Industrie, die Herstellung von Verpackungsmaterialien in der Verpackungsindustrie oder Fertigungsprozesse in Papieranlagen – übertragbar sind. Die Eigenschaften dieser typischen Prozessumgebung und die damit verbundenen Anforderungen an die Datenerfassung und Datenaufzeichnung resultieren aus heterogenen Automatisierungskomponenten, die einen Anschluss des Messsystems an die Steuerungen unterschiedlicher Hersteller erfordern. Unterschiedliche Gerätegenerationen ziehen wiederum eine Verbindung unterschiedlicher Betriebssysteme und Firmware nach sich. Erst wenn die Anforderungen, die ein komplexer Automatisierungsprozess an die Datenerfassung und Datenaufzeichnung stellt, klar sind, wird verständlich, warum beim Design eines Messwerterfassungssystems ein besonderes Augenmerk auf Konnektivität, isochrone Aufzeichnung, schnelle Datenerfassung, Modularität und Skalierbarkeit sowie andere wichtige Merkmale gelegt werden muss.

Heterogene Automatisierungskomponenten

Moderne Fertigungsprozesse sind im Allgemeinen mit Steuerungen unterschiedlicher Hersteller ausgerüstet. Auch wenn bei der Erstellung einer neuen Anlage bereits bei der Ausschreibung darauf geachtet wird, nur einen Steuerungshersteller zuzulassen, ist dies nur selten möglich und durchzusetzen, da die Hersteller verschiedener Anlagenkomponenten, Sensoren oder Messanlagen im Allgemeinen verschiedene Steuerungssysteme einsetzen. Diese können nicht ausgetauscht werden, da steuerungsspezifische Eigenschaften wie Echtzeitbetriebssystem, Programmierumgebung, I/O-Module etc. genutzt werden. Bei schrittweise modernisierten Fertigungsprozessen ist diese Heterogenität nicht vermeidbar und gängige Praxis. Hier kommt noch eine weitere Erschwernis bei der Datenerfassung hinzu, nämlich die gleichzeitige Verwendung unterschiedlicher Gerätegenerationen. Die Datenerfassung muss also hersteller- und generationsübergreifend möglich sein und darf nicht auf einen Steuerungshersteller begrenzt sein.

Diverse Gerätegenerationen

In Anlagen, die über Generationen hinweg modernisiert und erweitert worden sind, entstehen üblicherweise Automatisierungslösungen mit unterschiedlicher Technologie und Gerätegenerationen. Aus Budget-Gründen ist es im Allgemeinen nicht möglich, die komplette Elektronik und Sensorik eines automatisierten Fertigungsprozesses gleichzeitig zu modernisieren. Es entstehen Insellösungen verschiedener Gerätegenerationen, die miteinander interagieren und kommunizieren. Dadurch entstehen neue Anforderungen an die Datenerfassung, nämlich die internen Daten von Steuerungen und Bussystemen mit verschiedenen Betriebssystemversionen und Firmware-Ständen zu erfassen. Da in Großanlagen bei Modernisierungen meist schrittweise vorgegangen wird und nur Teilsysteme modernisiert werden, kommt es in der Praxis zum generationsübergreifenden Einsatz von Steuerungen. Da die verschiedenen Gerätegenerationen bzgl. Datenerfassung in der Regel nicht kompatibel sind, muss dies bei der Konnektivität berücksichtigt werden.

Erfassungsmethoden und Abtastfrequenzen

Moderne Automatisierungstechnik basiert auf digitalen Verarbeitungsgeräten, Kommunikation zu Feldgeräten über digitale Bussysteme sowie Kommunikationstelegrammen von Leitrechnern. Daher liegen die meisten interessierenden Signale bereits in digitaler Form vor, jedoch befinden sich diese in ganz unterschiedlichen Quellen und müssen unterschiedlich erfasst werden. Für signifikante Signale, bei denen Verfälschungen durch die Verarbeitung in der Automatisierung ausgeschlossen werden sollen, sind darüber hinaus hochwertige analoge Einkopplungen notwendig. Dies betrifft vor allem Vibrations- und Schwingungssignale sowie elektrische Größen, bei denen Qualitätskennwerte im Zeit- und Frequenzbereich beobachtet werden. Die Erfassung der Daten erfolgt hier nach dem Abtastprinzip. Dabei wird das zu messende analoge Signal zeitdiskret abgetastet und der Wert zum Zeitpunkt der Abtastung quantisiert, also in ein digitales Signal umgewandelt. Die beiden wesentlichen Größen bei der Digitalisierung von Signalen sind die Abtastfrequenz und die digitale Auflösung: Nach dem Nyquist-Theorem muss die Abtastfrequenz mindestens doppelt so hoch sein wie die maximal im analogen Signal vorkommende Frequenz, um das analoge Signal eindeutig zu beschreiben und rekonstruieren zu können. In der Praxis wählt man meistens mindestens die 2,5- bis 2,7-fache Frequenz. Wird das Nyquist-Theorem verletzt, so treten im abgetasteten Signal Artefakte auf. Es handelt sich hierbei um das Phänomen, das als Aliasing bekannt ist. In der industriellen Automatisierung haben sich Abtastfrequenzen von 1kHz als sinnvoll erwiesen, um auch schnelle Regelvorgänge messen zu können. Für Vibrationsanalysen an Maschinen werden entsprechend den auftretenden Maschinenschwingungen meist 10kHz bis 20kHz benötigt; für Schallmessungen sogar bis 100kHz. Auch bei Transientenrecordern in der elektrischen Energiemesstechnik werden hohe Abtastfrequenzen bis einige 10kHz benötigt. Sollen also die Abläufe in modernen automatisierten Fertigungsprozessen erfasst werden, so müssen verschiedene Erfassungsmethoden zur Verfügung gestellt werden, damit die benötigten Informationen an ganz unterschiedlichen Stellen sowohl innerhalb des Automatisierungssystems als auch im Prozess von z.B. Sensoren, Messgeräten, Steuerungen und Bussystemen erfasst werden können.

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