Wer bei Sandkästen nur an Spielplätze und Kinder denkt, wird sich wundern, wozu Sand noch genutzt wird. Riesige Sandformanlagen zeigen nämlich, was Ingenieurkunst zustande bringt. Voraussetzung dabei ist die richtige Technik. Eine Anlage, die in das spanische Werk eines Automobilherstellers geliefert wurde, ist nun erstmals komplett mit Profinet-Kommunikation ausgestattet worden. Fazit der Verantwortlichen: \“Das ist High-Performance in Vollendung.\“ \“Die Gießereibranche ist im Grunde genommen sehr konservativ\“, erklärt Andreas Klein, Leiter Konstruktion Elektrik/Elektronik bei der Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH in Bad Laasphe bei Siegen. Dennoch spürt auch diese Branche die Vorteile, die mit moderner Steuerungstechnik verbunden sind. Deshalb lautete die klare Vorgabe eines Automobilherstellers für sein Werk in Spanien, dass das Profinet den bis dahin verwendeten Profibus ersetzen soll. Im Herbst 2012 ging dort die Anlage aus Bad Laasphe zur Herstellung von Passgussformen für Motorblöcke und Zylinderköpfe in den Produktionsbetrieb. Mit einer räumlichen Ausdehnung von ca. 100x50m stellt die Anlage im sogenannten Seiatsu-Verfahren aus Grünsand Gussformen für Grauguss und Sphäroguss her. Im Rahmen des in Japan entwickelten zweistufigen Seiutsu-Formverfahrens wird ein speziell aufbereiteter Sand mit einem Druck von bis zu 120N/cm2 in Form gebracht, um anschließend mit 1.400°C heißem Metall ausgegossen zu werden. Pro Stunde werden rund 150 Formen hergestellt. Der Formkasten mit einer Größe von 1.400×1.000mm nimmt dabei zwischen zwei und sechs Motorblöcke auf – je nachdem, ob es sich um einen Sechszylinder- oder den neuen Euro-Motor mit drei Zylindern und 1,2l Hubraum handelt.
Einfacher Aufbau der Kommunikation mit hoher Performance
\“Neben dem reinen Maschinenbau ist natürlich vor allem die Elektrotechnik bei solch enormen Anlagen eine große technische und wirtschaftliche Herausforderung\“, berichtet Andreas Klein. Was er damit meint, machen Zahlen deutlich: 1.900 Digital-Eingänge, 1.100 Digital-Ausgänge, 100 Analog-Ausgänge sowie 20 Analog-Eingänge. Hinzu kommen noch 17 lineare Wegmesssysteme, 78 dezentrale Peripheriestationen sowie 127 Servoantriebe. Bei HWS gab man erstmals Profinet gegenüber dem bisher verwendeten Profibus den Vorzug. Die damit gemachten Erfahrungen sind äußerst positiv. So lobt der Chef der Elektrotechnik unter anderem die schnelle Inbetriebnahme: \“Früher dauerte es bei solchen Anlagen etwa zwei Tage, bis die Bustechnik funktionsfähig war, diesmal waren wir in einem Tag fertig.\“ Dabei hat die Kommunikation hier einem sternförmigen Aufbau – ausgehend von den Steuerungen. Dies geschieht über 22 Switches vom Typ Scalance von Siemens. Diese haben zwischen fünf und 24 Ports, wodurch die sternförmige Weiterverzweigung einfach zu realisieren war. Die neue Möglichkeit bei den von Profinet gebotenen Topologien hilft erheblich, den Verkabelungsaufwand zu reduzieren. Die Verbindungen zu den Geräten sind mit Profinet-Steckern in metallischer Ausführung mit FastConnect-Technik schnell und sicher konfektionierbar. Gleichzeitig bietet die Steckertechnik optimal die EMV-Eigenschaften, die in der rauen Industrieumgebung erforderlich sind. Das Ergebnis ist Automatisierungstechnik mit hoher Performance: Durch Verkürzung der Kommunikationszeiten wurde eine Steigerung der Taktzyklen der Anlage erzielt.
Dezentrale Stationen lassen sich leicht einbinden
In der Zwillingsformanlage ZFA-SD6 78 gibt es beispielsweise dezentrale Schaltkästen für die unterschiedlichen Anlagenbereiche. Diese sind mit einem Operator Panel KTP 1000 bzw. TP 1500, einer dezentralen Peripherie ET 200 sowie Switches zur weiteren Verzweigung des Profinet-Netzwerks ausgestattet – alles von Siemens. Durch diese homogene, leistungsfähige Kommunikationsplattform ergeben sich auch im laufenden Betrieb große Vorteile, wie Andreas Klein betont: \“Die Diagnosemöglichkeiten sind hier wesentlich umfangreicher als dies bei Profibus der Fall ist.\“ In der Praxis bedeutet dies, dass der Maschinenbediener sofort am Display erkennt, wo die Ursache für eine Störung liegt. Bereits bei der Inbetriebnahme ist dies spürbar. Treten Fehler in der Verdrahtung auf, so kann mithilfe der integrierten Diagnosefunktionen auf einfache und schnelle Weise direkt Abhilfe geschaffen werden. Dadurch reduziert sich die Inbetriebnahmezeit erheblich.
Sicherheitstechnik als Add-on
Im Zuge der Umstellung auf Profinet wurde auch die Sicherheitstechnik modernisiert. Realisiert wurde dies mit einer fehlersicheren Steuerung Simatic S7-416 F PN von Siemens. Den Grund dafür nennt Andreas Klein: \“Die neue Maschinenrichtlinie hat die Fehlersicherheit noch komplexer gemacht. Durch die fehlersichere Steuerung von Siemens lässt sich diese Komplexität komfortabel abbilden.\“ Der Grund: Früher waren Hydraulik und Elektrik getrennt voneinander abgesichert. Während die Hydraulik über einfache Not-Halt-Routinen durch Schütze einfach weggeschaltet wurde, mussten die elektrischen Antriebe funktionsbezogen bestimmten Abschaltroutinen folgen. Da jedoch in solchen Anlagen teilweise sehr hohe Temperaturen herrschen, ersetzen immer häufiger elektrische Antriebe aus Feuerschutzgründen hydraulische Lösungen. Profisafe macht dies möglich: Durch einfache Programmierung von Bereichsabschaltungen konnten trotz Zunahme von Einzelantrieben die Anzahl der Überwachungen für Zugangstüren minimiert werden. Herr Klein betont: \“Der Aufbau der Sicherheitstechnik, die Programmierung und die Signalrückführung der Abschaltkreise sind mit einer fehlersicheren Steuerung vergleichsweise einfach – das war der richtige Schritt zur richtigen Zeit.\“