Druckmessung in Pharmaprozessen zur Einhaltung der Sterilgrenze

Kontaminationsversicherung

Sie steuern den Prozessdruck, dienen zur Detektion von Leckagen, zur Kontrolle von Pumpen, Filtern und Reinigungsvorgängen sowie zur Überwachung von Füllständen: Druckmessgeräte haben in Pharmaprozessen die unterschiedlichsten Aufgaben zu erfüllen. Zugleich unterliegen sie, wie jede andere Instrumentierung, dem obersten Sicherheitskriterium: Von den Messgeräten und -anordnungen darf zum Schutz des Verbrauchers keine Gefahr für das Endprodukt ausgehen. Demzufolge muss die Sterilgrenze in jeder Prozessphase eingehalten werden.

Der Risikofaktor Mensch wird in den sensiblen Verfahren der Pharmaindustrie auf ein Minimum reduziert. Die Anlagen fahren weitestgehend vollautomatisch, die Steuerung der Prozesse beruht auf elektronischen Geräten und Systemen. Im Fall der Druckmessung handelt es sich um Messumformer, programmierbare Transmitter und Schalter. Neben der zuverlässigen Messwerterfassung und -weiterverarbeitung sollten die eingesetzten Messinstrumente robust, wartungsarm und leicht bedienbar sein. Untersuchungen zufolge ist die Mehrzahl der Geräteschäden, die eine Produktkontamination nach sich ziehen können, auf falsche Handhabung zurückzuführen. Erst in zweiter Linie treten Schäden auf, die durch Korrosion oder unvorhersehbare Ereignisse wie ein überhöhter Druckstoß verursacht werden. Für Anwendungen in der Pharmaindustrie kommen in mehrfacher Hinsicht Druckmittler-Lösungen in Betracht. Das System besteht aus dem Druckmittler mit eingebauter Membran aus CrNi-Stahl oder einem Sonderwerkstoff, dem eigentlichen Messgerät und der Übertragungsflüssigkeit, einem gemäß der GMP-Richtlinien nachweislich prozesskonformen Glyzerin oder Paraffinöl. Die Membran nimmt den Druck auf und überträgt ihn hydraulisch auf den Messumformer, programmierbaren Transmitter oder Schalter. Somit ist das Messgerät dauerhaft vom Prozess getrennt und liefert -vor Einwirkungen geschützt- ein Messergebnis mit der erforderlichen Genauigkeit. Druckmittler bieten eine hohe Einsatzflexibilität. Nahezu alle Druckmessgeräte können mit ihnen hygienegerecht an einen Prozess angeschlossen werden. Die Instrumentierung wird somit für die jeweilige Aufgabe passgenau dimensioniert. Das ist ein Vorteil gegenüber Messgeräten mit Keramiksensor, die z.B. oft nur mit hochwertigen und daher nicht für alle Anwendungen notwendigen Transmittern lieferbar sind.

Keramiksensoren

Keramiksensoren werden in erster Linie wegen ihrer hohen Genauigkeit in der sterilen Verfahrenstechnik eingesetzt. Die Druckmessung erfolgt direkt mit einem frontbündigen kapazitiven Sensor ohne Übertragungsflüssigkeit, die in einem Schadensfall in den Prozess eindringen könnte. Keramiksensoren gelten im Vergleich zur metallischen Druckmittlermembran als langfristig widerstandsfähiger gegenüber Scherkräften oder Korrosion. Ein Sensorschaden würde dem Anwender außerdem durch den Ausfall des Signals unmittelbar mitgeteilt werden, während ein Druckmittlersystem -im Fall einer beschädigten Membran- den Messvorgang zunächst fortsetzt. Aber auch ein Keramiksensor ist vor Schäden nicht gefeit. Diese können durch harte Wasser- und Dampfschläge im Prozess oder bei einer abrupten Hitze-Kälte-Folge, wie bei einem Sterilisationsvorgang, auftreten. Zerspringt die Keramik, können über die Sensorbelüftung Luft und Fremdkörper von außen in den Prozess gelangen und ihn kontaminieren. Beim Einsatz von Druckmittlern bleibt der Prozess auch bei einer angegriffenen Membran stets geschlossen, die Sterilgrenze wird somit eingehalten. Es kann aber passieren, dass Produkte bei geschlossenem Prozess kontaminiert werden. Aufgrund der Messgenauigkeit ist die Stärke der Druckmittlermembran begrenzt. Daher kann es bei Überbeanspruchungen im Prozess langfristig zu Verformungen und damit zu Toträumen kommen. An diesen Stellen können sich Produktpartikel absetzen und in Folge Mikroben bilden. Ähnliche Einflüsse lassen sich auch bei Keramiksensoren nicht ausschließen. Der Schwachpunkt hier ist die Dichtung zwischen Sensor und metallischem Prozessanschluss: Zum einen können Stoffe in die Dichtung eindiffundieren, die beim nächsten Prozessschritt wieder freigesetzt werden. Zum anderen kann die Dichtung bei hoher Temperatur-Dynamik überstrapaziert werden und sich dadurch ein Spalt am Prozessanschluss öffnen, ein Ort für potentielle Ablagerungen.

Druckmittlersystem mit Membranüberwachung

Daher sind Pharmaunternehmen bestrebt, solche Schäden zu verhindern. In hochsensiblen Prozessen werden Druckmessgeräte z.B. nach jedem Batch ausgebaut und auf Beschädigungen untersucht. Dieser Aufwand und dadurch hervorgerufene Unsicherheitsfaktoren lassen sich mit einer neu entwickelten Lösung vermeiden: Ein Druckmittlersystem mit Doppelmembran und Membranüberwachung schaltet Risiken und Folgeschäden -wie oben beschrieben- aus. Bei dem patentierten System wird der Raum zwischen den beiden Membranen evakuiert und das Vakuum mit einem Messgerät kontrolliert. Die Form der Überwachung lässt sich, je nach Sensibilität des Prozesses, individuell festlegen. Bei regelmäßiger Vor-Ort-Aufsicht reicht zur Kontrolle z.B. ein Manometer mit Grün-Rot-Anzeige, in anderen Fällen ein optisches oder akustisches Warnsignal im Leitstand. Bei Medien mit hohem Gefährdungspotenzial können Betreiber einen Druckschalter einsetzen, der im Schadensfall den Prozess sofort stoppt. Sollte die messstoffberührte Membran in Folge anhaltender Extrembelastung oder durch ein aggressives Medium beschädigt werden, schottet die zweite Membran den Prozess weiterhin zuverlässig ab und setzt die Drucküberwachung bis zur Behebung des Schadens fort. Da ein Bruch innerhalb des Systems unmittelbar erkannt und gemeldet wird, können sich außerdem keine Mikroben unbemerkt hinter der Membran festsetzen. Darüber hinaus meldet sich der Alarm sofort, falls die Membran während der Wartung oder Kalibrierung beschädigt wurde. Er verhindert somit, dass ein defektes Gerät in den Prozess eingebaut wird. Die Sicherheitsfunktion des selbstüberwachenden Druckmittlersystems optimiert zugleich den Schutz der prozessabgewandten Seite: Im Fall einer beschädigten Membran können keine gefährlichen Substanzen in die Umwelt austreten.

WIKA Alexander Wiegand SE & Co. KG
http://www.wika.de

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