VDMA-Forum - Podiumsdiskussion

Energie- und Ressourceneffizienz in der Automatisierung

Auf dem Forum des VDMA während der SPS IPC Drives diskutierten ausgewiesene Experten zu dem Thema Energie- und Ressourceneffizienz in der Automatisierung. Dabei standen praktische Maßnahmen, die Unterstützung durch die Automatisierungstechnik sowie die ISO50001 auf der Diskussionsagenda.

Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 bis 2020 um 20% zu reduzieren, bis 2050 gar um 50%. Ohne einen massiven Schub bei der Steigerung der Energieeffizienz wird dieses Ziel nicht erreichbar sein. Vor diesem Hintergrund ging die Podiumsdiskussion der Frage nach, wie die Automatisierung helfen kann, diese Verbindung von wirtschaftlicher Vernunft und ökologischer Verantwortung herzustellen. Dabei stand die ISO50001 als zentraler Standard für Energiemanagement-Systeme und das Angebot der Automatisierungstechnik, energie- und ressourcensparende Produktion und Prozesse zu realisieren, im Mittelpunkt der Debatte. Auf dem Forum des VDMA während der SPS IPC Drives diskutierten ausgewiesene Experten zu dem Thema Energie- und Ressourceneffizienz in der Automatisierung. Auf dem Podium saßen Michael Matthesius von der Firma Weidmüller Interface, Leiter Global Industry Management Maschinenbau, Katrin Koslowski von der Firma GTI Control, sie leitet dort das Energiemanagement, Naemi Denz, sie leitet u.a. die VDMA-Abteilung Technik und Umwelt, Martin Lack von der Firma Lütze, er ist Manager im Bereich Verdrahtungssysteme und Herr Robert Torscht, er ist bei der Firma Insys icom im Bereich Applikationen und Services tätig.

Bewusstsein ist vorhanden

Mit einer guten Nachricht bezüglich der Akzeptanz von energie- und ressourceneffizienten Maßnahmen begann die Expertenrunde: Katrin Koslowski legte dar, dass die Akzeptanz und das Bewusstsein für einen ressourcenschonenden Umgang mit Energie und Rohstoffen bei den Unternehmen mittlerweile vorhanden ist. \“Es werden dafür auch schon Kapazitäten bereit gestellt, die Spanne ist aber von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich.\“ Ein Beleg dafür: Die Anzahl der ISO50001-Zertifizierungen ist in der letzten Zeit erheblich angestiegen. Dementsprechend entwickele sich auch ein Markt für Energieeffiziente Maschinen, berichtete Naemi Denz: \“Etwa ein Viertel der Kunden fragt nicht nach der effizienteren Maschine, Tendenz steigend.\“

ISO50001 wird 2015 Pflicht

Im Zusammenhang mit Energieeffizienz spielt die ISO50001 eine zentrale Rolle, darauf wies auch Naemi Denz hin: \“Die 50001 wird auch für den Maschinenbau in diesem Jahr eine höhere Relevanz erlangen. Warum? Weil bis zum 5.12.2015 alle Unternehmen, die über 500 Mitarbeiter haben, zwingend ein zertifiziertes Energiemanagement-System implementiert haben müssen, was auch tatsächlich alle vier Jahre durch einen externen Dritten überprüft werden muss.\“ Michael Matthesius von Weidmüller erläuterte die guten Erfahrungen seines Unternehmens mit einem Energiemanagementsystem: \“Weidmüller war eines der ersten Unternehmen, die zertifiziert wurden.\“ Allein durch die Umstellung der Hallenbeleuchtungen auf LED-Technologie konnte eine erhebliche Einsparung von Energie erzielt werden, so Matthesius. \“Das zweite ist, dass wir in unserer Lackiererei durch die Verwendung eines Niedrigemissionslack 100.000kWh pro Jahr einsparen konnten.\“

Einsparungen am Beispiel

Auf die hohen Einsparpotenziale wies auch Martin Lack von Lütze hin. \“20% der Energie für die Schaltschrankkühlung kann eingespart werden.\“ Das habe ein Forschungsprojekt mit einem Automobilhersteller ergeben. Die Diemensionen der Einsparungen macht er anhand einer Rechnung deutlich: \“Wenn man die verbauten Schaltschränke innerhalb von Deutschland heranzieht, waren das im Jahr 2011 3,5 Millionen Schaltschränke. Von diesen 3,5 Millionen Schaltschränken waren ungefährt 0,9 Millionen Schaltschränke mit einem Klimagerät ausgestattet, was dazu geführt hat, dass man ca. 1GW elektrische Energie gebraucht hat, um die Kühlleistung in den Schaltschränken zu generieren. Ich denke, wenn man an dieser Stelle 20% reduzieren kann, kann man über das eine oder andere Kraftwerk nachdenken. Auch Robert Torscht erläuterte anhand von Praxisbeispielen, wo Anwender ansetzen können, denn häufig sind es auch die Nebenanlagen, die viel Einsparpotenzial bieten: \“Aus einem Studien-Projekt wissen wir: Eine Energie, an die man selten denkt, ist die teuerste, die Sie in der Produktion einsetzen können: Die Druckluft; vor allem, weil es viele undichte Stellen gibt. Ich könnte aber auch den Betrieb dieser Anlage dem Kompressorhersteller überlassen und nur den vereinbarten Preis für den Kubikmeter Druckluft bezahlen. An der Stelle kann man ganz neue Wege gehen und merken, dass es da jemanden gibt, der mir helfen kann.\“

Messen und Transparenz herstellen

Auf die Bedeutung der Transparenz, die ein Energiemanagementsystem bringt, wies Katrin Koslowski hin. Zudem dürften die Material-Verbräuche nicht ignoriert werden: \“In unserem Energiemanagementsystem werden daher Verbrauchswerte zusammen mit Prozessdaten und Produktionsparametern vereint.\“ Messen und Transparenz schaffen, sind also die Grundvoraussetzungen für energie- und ressourceneffizientes Handeln. So beschreibt auch Martin Lack: \“Wir haben sehr viele Messdaten wie Temperaturen, Strömungsdynamik usw. in Schaltschränken erfasst, von denen die Betreiber gedacht hätten, dass alles perfekt ist. Nach der Auswertung hat man jedoch festgestellt, dass die Schaltschränke thermisch total überbelastet waren.\“ Die Erfahrungen aus diesem Projekt sind sehr einfach nutzbar, Lack gibt dafür ein Beispiel: \“Wenn ich meine Komponenten im unteren Bereich des Schaltschrankes platziere, schaffe ich es ohne weiteres, bis zu fünf Kelvin Temperaturunterschied in dem Schaltschrank zu generieren.\“

Stand-by-Verbräuche reduzieren

Auch in der Frage der Stand-by-Verbräuche erwarten die Podiumsteilnehmer Weiterentwicklungen in der nächsten Zeit. Naemi Denz dazu: \“Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinien werden von der EU Vorgaben für verschiedene Produkte gemacht. Ich kann mir vorstellen, dass ein solcher Standard früher oder später auch im Maschinenbau für bestimmte Maschinen eine Rolle spielen wird.\“ Und Robert Torscht ergänzt aus der Praxis: \“Wir können unseren Router in den Tiefschlaf versetzen und verbrauchen dann nur noch 6µW. Das Gerät weckt sich dann nach voreingestellter Zeit wieder auf, macht eine Messung und legt sich dann wieder schlafen. Dies ist insbesondere für energieautarke Anwendungen eine wichtige Eigenschaft.\“

Fazit

Das Thema Energie- und Ressourceneffizienz stieß auf großes Interesse seitens der Messe-Besucher, was man anhand des gut gefüllten Forums ablesen konnte. Mit einem einhelligen Statement aller Diskutanten endete die Podiumsdiskussion. Es hieß: Starten statt warten! \“Es gibt bereits eine Menge Anbieter, die effizienter und besser sind als andere und die Anwender dabei unterstützen können, selber effizienter zu produzieren\“, sagte Naemi Denz. Und Michael Matthesius ergänzte: \“Man kann mit dem Thema Energieeffizienz anfangen, auch mit kleinen Investitionen.\“ Die Zusammenfassung des Moderators war kurz und einprägsam: \“Ein Bewusstsein entwickeln ist der Anfang, Messen und Transparenz schaffen ist das zweite, dabei kreativ denken und vor allem einsteigen in die Thematik.

TeDo Verlag GmbH
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