Simulation von Flüssigkeiten

Sirup in Echtzeit modellieren

Flüssigkeiten zu simulieren ist immer noch eine große Herausforderung. Aber da sie oftmals wichtige Elemente von Materialflüssen sind, hat sich Machineering dazu entschieden, gemeinsam mit der TU München am Standort Weihenstephan im Rahmen eines Forschungsprojekts genau diese Entwicklung voranzutreiben.

Bei der physikbasierten virtuellen Inbetriebnahme werden Flüssigkeiten oft ausgeblendet, was immer wieder Ungenauigkeiten bei der Simulation zu Folge hat. Die Dozenten am Lehrstuhl für Brau- und Getränkeindustrie haben sich im Rahmen eines Praktikums für die Studierenden im Bereich Prozessautomation dazu entschieden, sich anhand einer Cocktail-Mischanlage genau dieser Herausforderung zu stellen. Alle in der Mischanlage verwendeten flüssigen Komponenten sollten simulativ abgebildet werden können. Eine der großen Herausforderungen war dabei die Viskosität der einzelnen Flüssigkeiten: Jede hat ein anderes Fließverhalten, Fließgeschwindigkeit oder auch Temperatur. All das musste bei der Berechnung der Simulation berücksichtigt werden.

„Wir gingen im ersten Schritt von einem globalen Modell aus. Anlagen sind dabei als Ansammlungen von Komponenten zu betrachten. Zum einen entwickeln wir dabei einen Solver, der die gesamte Anlage in einem Netzwerkmodell abbildet. Zusätzlich schaffen wir Methoden, um die Flüssigkeiten in einzelnen Komponenten auch in 3D zu simulieren. Für das globale Netzwerkmodell ist Echtzeitfähigkeit nicht das Problem, wohl aber für die 3D-Simulation“, erklärt Nikolai Striffler, wissenschaftlicher Mitarbeiter für AG Intelligente Produktionssysteme. „Das war allerdings anfangs sehr schwierig, da dies sehr komplex und berechnungsaufwendig war.“ Es gab eine Diskrepanz zwischen Genauigkeit und der Echtzeitfähig der jeweiligen Simulationen. Sobald die gewünschte Genauigkeit erreicht war, litt die Echtzeitfähigkeit. Dennoch war das globale Modell gut umsetzbar. Machineering als Experte für Simulationssoftware übernahm dabei die Abwicklung der Software-Seite, die TU München die verfahrenstechnischen Komponenten. Zunächst wurde eine Physik-Engine für die Simulation der Flüssigkeiten ins Auge gefasst. Doch die Einstellung der Parameter war zeitlich sehr aufwendig, da das zugrundliegende Physikmodell keine gute Ausgangslage bot. „Daher haben wir uns entschieden, eine Fluidsimulationsmethode mit einem besseren Physikmodell zu nutzen: die Lattice-Boltzmann-Methode“, so Striffler. Mit dieser Methode lässt sich die Berechnung der Flüssigkeitszustände parallelisieren. Dadurch ist sie viel schneller und die Echtzeitfähigkeit kann aufrechterhalten werden.

In der Zusammenarbeit mit Machineering und der TU München konnten beide Parteien die jeweiligen Kompetenzen voll ausschöpfen. Machineering hat die langjährige Erfahrung im Bereich Simulationssoftware genutzt, und die Universität hat ihre Kompetenzen im Bereich Simulation einfließen lassen. Im Rahmen einer Masterarbeit hat sich ein Student ausführlich mit dem Temperaturmodell befasst. Gerade die virtuelle Inbetriebnahme in der Praxis nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. In den nächsten Monaten wird die entsprechende Physik-Engine fertig gestellt werden und ab 2022 als Feature von iPhysics verfügbar sein. „Für uns und unsere Kunden ist dieses Projekt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagt Dr. Georg Wünsch, Gründer und CTO von Machineering. „Es wird gerade für die Getränkeindustrie, aber auch für andere Branchen einen großen Mehrwert schaffen.“

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Produktion und Automation für Perfektion

Seit mehr als drei Jahrzehnten nimmt das Themenspektrum beim SPS-MAGAZIN zu – und so gibt es mit wachsendem Maße informative Überschneidungen zu weiteren Fachmedien innerhalb des TeDo Verlags, regelmäßig dargestellt in unserem ‚Brückenschlag‘. Diesesmal geht es um die dima, die seit rund 75 Jahren über effizientere Produktionsabläufe in Unternehmen berichtet. Spanende Fertigungsverfahren wie Drehen, Fräsen, Bohren oder Schleifen, etwa bei der modernen Metallbearbeitung, stehen im Fokus sowie auch deren Automation und Vernetzung mit digitalen Systemen: die digitale maschinelle Fertigung.

mehr lesen
Bild: ©?lumerb/stock.adobe.com
Bild: ©?lumerb/stock.adobe.com
Wie Distributoren die Industrie nachhaltiger gestalten

Wie Distributoren die Industrie nachhaltiger gestalten

Nachhaltigkeit in der Industrie gewinnt zunehmend an Bedeutung, da Unternehmen ihre Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft erkennen. Distributoren spielen hierbei eine wichtige Rolle, indem sie nachhaltige Lieferketten fördern, Energieeffizienz vorantreiben und den Einsatz umweltfreundlicher Materialien unterstützen. Wie sie durch ihre strategische Position dazu beitragen können, dass nachhaltige Lösungen in der Industrie effektiv implementiert werden, das haben wir bei sechs Distributoren nachgefragt.

mehr lesen
Bild: EFCO Electronics GmbH
Bild: EFCO Electronics GmbH
Unzulängliche Hardware- und Schnittstellenqualität

Unzulängliche Hardware- und Schnittstellenqualität

Moderne Apotheken nutzen automatisierte Lager, um das vom Kunden am Tresen bestellte Medikament zu finden und zum Mitarbeiter zu bringen. Was aber tun, wenn die Anlage in die Jahre kommt? In Teil 1 der zweiteiligen Miniserie
erläutert Helmut Artmeier, Geschäftsführer von Efco Electronics in Deggendorf, warum es nicht selten zu Störungen oder gar Ausfällen an Maschinen kommt, die nahezu rund um die Uhr im Einsatz sind. Teil 2 hingegen wird einfache Maßnahmen beschreiben, die es ermöglichen, die Lebensdauer eines solchen komplexen Systems zu verlängern.

mehr lesen