Das Unternehmen Kübler aus dem schwäbischen Plüderhausen hat sich auf Hightech-Berufsbekleidung spezialisiert. Hier geht es erst in zweiter Linie um Farben und Design. Viel mehr gefragt sind stattdessen konkrete Funktionen der Schutz- und Arbeitskleidung für die jeweilige Berufsgruppe. So gibt es spezielle Gewebe, die Lichtbögen standhalten und als System aus Jacke, Hose und Schuhen Ladungen abführen können. Die Gewebe für diese besondere Kleidung stammen aus eigener Entwicklung und Fertigung. Zubehör wie Knöpfe und Reißverschlüsse werden aber zugekauft. Gerade Reißverschlüsse stehen hier im Fokus. Wenn sie z.B. für Arbeitstätigkeiten im Freien verwendet werden, dann sollten sie auch absolut wasserdicht sein – und zwar für viele Jahre. Schließlich gilt die Markenkleidung als sehr langlebig und Gleiches sollte auch für die Details wie Knöpfe oder Reißverschlüsse gelten.
Prüfvorrichtung in Eigenentwicklung
„Bisher mussten wir uns auf die Angaben unserer Lieferanten verlassen“, erklärt Sascha Hermann, Leiter für Technik bei Kübler. Eine adäquate Prüfvorrichtung gab es nicht. Deshalb musste man darauf vertrauen, dass die Verschlüsse tatsächlich so lange halten, wie versprochen. Herrmann, der gerade ein berufsbegleitendes Mechatronik-Studium absolvierte, nutzte die Gelegenheit: „Im Rahmen meiner Bachelorarbeit habe ich genau das entworfen, was wir hier brauchen“ erklärt er. Bisher gab es keine verbindliche Prüfnorm für Reißverschlüsse. Das kann sich durch seine Entwicklung nun ändern. In der von ihm entwickelten Prüfeinrichtung können Reißverschlüsse unterschiedlicher Länge flexibel gelagert eingespannt werden, was der späteren Anwendung an Textilien besonders nahe kommt. Anschließend wird der Nullpunkt festgelegt und dann fährt über einen Servoantrieb der Messarm mit definierten Geschwindigkeiten hin und her, um das Öffnen und Schließen zu simulieren. Ein Sensor, bestehend aus einem Dehnungsmessstreifen, nimmt die aufgewendete Kraft in kurzen Intervallen bis zu 1.000 Werten pro Sekunde ab. So entstehen Graphen, die den Verlauf über die Länge des Reißverschlusses abbilden. Die Messwerte für Öffnen und Schließen werden als Kurven hintereinander gelegt, sodass sich nach 2.000 oder 5.000 Vorgängen fundierte Aussagen machen lassen.
Test entlang der Ideallinie
Die ermittelten Kurven verlaufen immer ähnlich: am Anfang ein großer Peak, um den Reißverschluss in Bewegung zu setzen, und dann bei jedem Zacken ein kleiner Peak für die Kraft, um diesen zu öffnen oder zu schließen. So weit die Ideallinie. Weicht eine Messung davon ab, dann stimmt etwas nicht. „Wir können mit dieser Methode genau ermitteln, an welcher Stelle ein Reißverschluss klemmt. Testen wir mehrere Exemplare einer Charge können wir so sogar Rückschlüsse auf Produktionsmängel beim Lieferanten ziehen“, so Herrmann. Realisiert hat er die Gesamtlösung vorwiegend mit Steuerungs- und Antriebskomponenten von Yaskawa und Vipa. „Hier bekam ich alle Komponenten inklusive Support aus einer Hand, hatte einen Ansprechpartner und die Möglichkeit, mit Speed7 Studio alles auf einer Oberfläche zu projektieren.“
Vielfalt der Komponenten
Der technische Leiter kannte die Steuerungstechnik von Vipa schon, und verwendet entsprechende Komponenten bereits an anderer Stelle im Unternehmen. Deshalb setzte er auch bei seiner Neuentwicklung wieder auf die Technik. „Die Vielfalt der Komponenten, die Vipa zusammen mit seiner Mutter Yaskawa aus einer Hand liefernt, ist sehr hoch“, resümiert Hermann. So erfolgt die Linearbewegung des Portalantriebes, der den Messarm hin und her bewegt, über einen Sigma-5-Servoantrieb. Die Erfassung der Zugkraft erfolgt über ein Slio-DMS-Modul und zusätzlich über die Stromaufnahme des Servos. Als Steuerung wird eine Slio-015-CPU eingesetzt. Die Bedienung der Prüfvorrichtung wird über ein 8″-Touchpanel und Movicon durchgeführt. „Die Zusammenarbeit war ausgezeichnet. Bei Fragen konnte man jederzeit anrufen, der Support war immer für mich da“, resümiert Herrmann, der für seine Bachelorarbeit mit der Note 1,1 belohnt wurde und seine Entwicklung zum Patent angemeldet hat.