Ohne moderne Steuerungstechnik geht auf Feuerwehrfahrzeugen nichts mehr. Sie muss auch unter extremen Bedingungen wie Hitze oder Wasser einwandfrei funktionieren. Im deutschen Werk von Iturri werden jährlich rund 80 bis 100 Fahrzeuge hergestellt. Zum Portfolio zählen neben Löschfahrzeugen auch Gerätewagen, Umweltschutzfahrzeuge, Einsatzleitwagen oder Fahrzeuge für die Einsatzstellenhygiene.
Ein besonderer Fokus liegt derzeit auf dem von Iturri entwickelten Waldbrandlöschfahrzeug. Dabei handelt es sich um ein geländegängiges Allradfahrzeug, das extreme Böschungswinkel und Steigungen ebenso meistert wie Querneigungen von über 30°. In diesem Fahrzeug ist alles an Knowhow vereint, was das spanisch-stämmige Unternehmen im waldbrandgeplagten Südeuropa über Jahrzehnte hinweg sammeln konnte. So ist das Fahrzeug etwa mit einem speziellen Lack überzogen, der brandresistent ist und durch die besondere Isolation die Fahrzeuginsassen vor extremen Temperaturen schützt. Brems- und Elektroleitungen sind mit hitzebeständigem Material ummantelt und gegen mechanische Beschädigungen geschützt. Eine Besonderheit des Fahrzeugs ist die Selbstschutzanlage: Über außen am Fahrzeug angebrachte Wasserdüsen werden Scheiben und Reifen des Fahrzeugs bei Bedarf von einem Wassersprühnebel umgeben. Das erlaubt dem Fahrzeug im Notfall durch Feuerwände hindurch zu fahren. Für den Selbstschutz verfügt das Fahrzeug über einen separaten 500l-Wassertank sowie ein eigenes Pumpensystem.
Zentrale Steuerungsfunktionen
Die Steuerungstechnik in modernen Feuerwehrfahrzeuge umfasst eine zentrale SPS, unterstützt von zahlreichen Sensoren. So wird z.B. das Löschmittel mit Hilfe von Durchflusssensoren exakt auf den akuten Brandfall hin dosiert. Die dazu erforderliche Zumischpumpe wird mittels CAN-Signal von der SPS gesteuert. Die individuell abgestimmte Dosierung kann der Feuerwehrmann über ein Bedienfeld mit Display einstellen und ablesen. Drucksensoren erfassen den Wasserdruck am Strahlrohr und steuern die Pumpe für den gewünschten Volumenstrom und Druck. Diese Pumpe wird über den Nebenantrieb des Fahrzeugmotors angetrieben. Die Steuerung reguliert die Drehzahl des Dieselmotors so, dass der Wasserdruck den eingestellten Wert konstant beibehält. Dafür wird die CAN-Schnittstelle mit J1939-Protokoll zum Fahrzeugmotor genutzt.
Zusätzliche Einrichtungen wie die Blaulicht und Martinshorn oder Signalleuchten und Beleuchtungen zur Sicherung am Einsatzort werden über einen Monitor visualisiert, bedient und von der zentralen SPS gesteuert. Induktive Sensoren überwachen Türen oder Rollladen, denn nur wenn diese geschlossen sind, darf das Fahrzeug losfahren. Auch logische Verknüpfungen sind in der Steuerung hinterlegt. Ein Beispiel: Wenn das Martinshorn aktiviert wird, muss automatisch das Blaulicht hinzu geschaltet werden. Im umgekehrten Fall darf das Blaulicht aber auch ohne Martinshorn leuchten. Die Heckwarneinrichtung darf nur bei langsamer Fahrt benutzt werden muss ab einer bestimmten Geschwindigkeit automatisch abgeschaltet werden. Den Geschwindigkeitswert bekommt die Steuerung per CAN-Bus direkt von der Steuerung des Fahrzeugs.
Drucksensoren überwachen mittels hydrostatischem Messprinzip den Füllstand der im Fahrzeug befindlichen Wasser- und Löschmitteltanks und visualisieren sie auf den verschiedenen Displays im Cockpit und am Heck des Fahrzeugs. Ein Neigungssensor am Fahrzeugchassis ermittelt den Kippwinkel in Längs- und Querrichtung des Fahrzeugs. Abhängig vom Füllstand der Löschmitteltanks und der Fahrzeuggeschwindigkeit ermittelt die Steuerung kritische Neigungswinkel und warnt den Fahrer rechtzeitig – durch optische wie akustische Signale samt Sprachausgabe.
Hohe Anforderungen
Die Beispiele zeigen, wie umfangreich und komplex die Anforderungen an die zentrale Steuerung sind. Hier setzt Iturri seit Jahren auf Lösungen von IFM. „Früher wurden die Steuerungsfunktionen konventionell verdrahtet. Dann ist man auf CAN umgestiegen“, blickt Jens Schöler, Programmierer bei Iturri, zurück. „Die bis dahin benutzten Steuerungen konnten das nicht. Wir haben dann verschiedene Hersteller getestet und die IFM-Steuerung passte am besten zu unseren Anforderungen.“
Mit der Produktlinie Ecomatmobile bietet IFM Steuerungen, Displays, Bedieneinheiten und I/O-Module für den mobilen Einsatz an, die für die speziellen Anforderungen an Fahrzeugen konzipiert sind. So sind etwa die Gehäuse besonders abgedichtet und können auch außerhalb von Fahrerkabinen montiert werden. Große Hitze oder Eiseskälte beeindrucken sie ebenso wenig wie Stoß- und Vibrationsbelastungen. Zudem sind die Gehäuse EMV-fest. „EMV ist bei unseren Fahrzeugen eine wichtige Anforderung“, erklärt Dr. Klaus Kutzner, Vertreter der Iturri-Geschäftsführung. „Alles was elektrisch in ein Fahrzeug verbaut ist, muss über eine E-Kennzeichnung verfügen, z.B. Funkgeräte, Blaulicht und eben auch die Steuerung. Ifm bietet als einer der wenigen Hersteller Steuerungskomponenten und Sensoren mit eben dieser E-Kennzeichnung an“.
Performante Steuerung
Moderne Fahrzeuge und mobile Arbeitsmaschinen benötigen eine leistungsstarke Steuerungselektronik, um die hohe Anzahl von Ein- und Ausgangssignalen verarbeiten zu können. Genau dafür wurde der EcomatController CR711 der 3. Generation entwickelt. Er besitzt zwei unabhängig voneinander arbeitende SPS-Kerne, wobei einer davon sogar als Safety-Steuerung zertifiziert ist. Die Steuerungselektronik im kompakten Metallgehäuse bietet über die frontseitig montierten, mobiltauglichen und codierten Zentralstecker alle notwendigen Anschlüsse für I/Os, Kommunikation und Programmierung. RGB-Status-LEDs zeigen die wichtigsten Systemmeldungen.
Herzstück der Steuerung ist ein Multicore-32Bit-Prozessor mit 300MHz Taktfrequenz. Der 6MB große Applikationsspeicher beinhaltet ein 1MB großes Dateiablagesystem. Über die CAN-Schnittstellen. erfolgt die Kommunikation mit den Fahrzeug-Aggregaten per J1939-Protokoll. Andere Komponenten wie Signalhörner, Leuchten, Umweltsensoren oder Rückfahrkameras kommunizieren über die zweite CAN-Schnittstelle unter Verwendung des CANopen-Protokolls. Die hier verwendete Steuerung CR711S bietet 60 Ein- bzw. Ausgangs-Ports. Die I/Os können als Digital-, Frequenz- oder Analogeingang mit Diagnosefunktion oder als Eingang für die Widerstandsmessung konfiguriert werden. Die Analogeingänge ermöglichen sowohl Strom- als auch Spannungsmessung. Die Ausgänge lassen sich als diagnosefähige Digital- oder PWM- Ausgänge mit oder ohne Stromregelung konfigurieren. Weitere Ports stehen über CAN-I/O-Module zur Verfügung. Die Programmierung erfolgt per IEC61131-3. Um die Programmerstellung zu erleichtern, bietet IFM kostenlose Funktionsbausteine an, z.B. zum Ansprechen des Dieselmotors über das J1939-Protokoll.
Visualisierung und Bedienung
Das Waldbrandlöschfahrzeug verfügt über drei HMIs von IFM, zwei davon in der Fahrerkabine, eines am Heck des Fahrzeugs. Über die Visualisierung mit eindeutigen Symbolen werden den Feuerwehrleuten die relevanten Fahrzeug- und Löschmittel-Parameter angezeigt. Mit Drucktasten kann der Bediener die Anzeigen umschalten oder Prozesswerte ändern. Die verwendeten HMIs vom Typ CR0452 und CR1082 besitzen ebenfalls eine integrierte SPS samt I/Os und CAN-Schnittstelle. Iturri nutzt sie zur Datenvorverarbeitung. So werden etwa die Messwerte der Umweltsensoren (unter anderem Außentemperatur, Luftqualität, Windrichtung und -geschwindigkeit) in der Steuerung des Displays vorverarbeitet und als fertiger Datensatz an die Hauptsteuerung übertragen. Das vereinfacht dort die Programmerstellung und sorgt für einen schlanken Prozessablauf.