OPC UA für die Feldebene

Der Status Quo

Drei Jahre nach ihrem Start hat die FLC-Initiative (Field Level Communications) der OPC Foundation den zweiten Release Candidate der OPC-UA-Spezifikationserweiterungen für die Feldebene fertiggestellt und für diesen den Review- und Freigabeprozess gestartet. Die Fortschritte der Initiative werden auch auf der diesjährigen SPS in Nürnberg der Öffentlichkeit präsentiert - unter anderem in Form einer Multi-Vendor-Demo.
 Die FLC-Initiative entwickelt Erweiterungen des OPC-UA-Frameworks für die Feldebene.
Die FLC-Initiative entwickelt Erweiterungen des OPC-UA-Frameworks für die Feldebene.Bild: OPC Foundation

Insgesamt über 320 Experten aus mehr als 65 Unternehmen waren an der Entwicklung der Spezifikationen beteiligt, die unter dem Begriff OPC UA FX (Field eXchange) geführt werden. Jetzt präsentiert die OPC Foundation auf ihrem Messestand die Fortschritte bei FLC und erstmalig eine Multi-Vendor-Demo. Sie kombiniert Automatisierungs- und Netzwerkkomponenten von über 20 Herstellern und ermöglicht einen herstellerübergreifenden Datenaustausch über OPC UA und die OPC-UA-FX-Erweiterungen.

 Erste Spezifikationen für OPC UA FX (Field eXchange)
Erste Spezifikationen für OPC UA FX (Field eXchange)Bild: OPC Foundation

Erweiterung von OPC UA für die Feldebene

Die von der FLC-Initiative spezifizierten Felderweiterungen basieren auf dem OPC-UA-Framework (IEC62541), das einen sicheren und zuverlässigen, hersteller- und plattformunabhängigen Informationsaustausch ermöglicht. Steuerungen und Feldgeräte unterstützen sowohl das verbindungsorientierte Client/Server-Kommunikationsmodell, als auch die Publish/Subscribe-Erweiterungen, die aufgrund der entsprechenden Anforderungen an Flexibilität, Effizienz und Determinismus für die Kommunikation in der Feldebene unabdingbar sind. Darüber hinaus kommen die in OPC UA spezifizierten Sicherheitsmechanismen zum Einsatz. Sie unterstützen u. a. Authentifizierung, Signierung und Verschlüsselung der zu transportierenden Daten und können sowohl für Client/Server- als auch für Publish/Subscribe-Kommunikationsbeziehungen genutzt werden. Das OPC-UA-Framework mit den von der FLC-Initiative spezifizierten Erweiterungen für den Austausch mit und in der Feldebene (OPC UA FX) bietet in Kombination mit unterlagerten Kommunikationsstandards wie APL, TSN und 5G eine vollständige, offene, standardisierte und interoperable Lösung, die nicht nur die Anforderungen der industriellen Kommunikation erfüllt, sondern gleichzeitig Konsistenz und semantische Interoperabilität von der Feldebene bis zur Cloud und umgekehrt ermöglicht. Das gesetzte Ziel ist eine einzige harmonisierte OPC-UA-Lösung für alle diese Anforderungen. Der größte Vorteil einer durchgängigen OPC-UA-basierten Lösung vom Feld bis in die Cloud (und auch in umgekehrter Richtung) besteht darin, dass keine Protokoll- oder Datenkonvertierungen erforderlich sind, um auf prozess- und produktionsrelevante Informationen zuzugreifen, die zur Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten benötigt werden. Stattdessen kann über einen einheitlichen Kommunikationsstandard direkt auf die modellierten Informationen in den entsprechenden Geräten (z.B. wie Steuerungen oder Feldgeräte) zugegriffen werden – und das sicher sowie herstellerübergreifend.

Aktueller Status von OPC UA FX

Der zweite Release Candidate der OPC-UA-Erweiterungen für die Feldebene wurde zwischenzeitlich fertiggestellt. In diesen sind Verbesserungen aus der Implementierung von Prototypen und der Durchführung von Interoperabilitätstests eingeflossen. Der Release Candidate besteht aus vier Spezifikationsteilen (OPC UA Parts 80-83). Die Spezifikationen fokussieren auf die Kommunikation zwischen Automatisierungskomponenten zum Austausch von Prozess- und Konfigurationsdaten mittels Peer-to-Peer-Verbindungen und einer Basisdiagnose.

  • Part 80 (OPC UA FX 10000-80) enthält eine Einführung und gibt einen Überblick über die grundlegenden Konzepte zur Erweiterung von OPC UA für die Kommunikation mit und in der Feldebene.
  • Part 81 (OPC UA FX 10000-81) spezifiziert das grundlegende Informationsmodell für Steuerungen und Feldgeräte und die Kommunikationskonzepte, um die verschiedenen Anwendungsfälle und Anforderungen der Fabrik- und Prozessautomatisierung zu erfüllen.
  • Part 82 (OPC UA FX 10000-82) beschreibt Netzwerkdienste wie z. B. Topologieerkennung und Zeitsynchronisation.
  • Part 83 (OPC UA FX 10000-83) beschreibt die Datenstrukturen für den Austausch von Informationen, die für das Offline-Engineering benötigt werden, anhand von sogenannten Deskriptoren (Beschreibungsdateien) und Deskriptor-Paketen.

Zwei weitere Arbeitsgruppen der FLC-Initiative, die wichtige Spezifikationen für eine Standardisierung von Motion und Functional Safety erarbeiten, haben ebenfalls Fortschritte erzielt:

  • Die Safety-Arbeitsgruppe, die aus einer Zusammenarbeit mit der Profibus-Nutzerorganisation entstanden ist, wird in Kürze die Version 2.0 der OPC-UA-Safety-Spezifikation (OPC 10000-15) veröffentlichen, die Erweiterungen für OPC UA PubSub enthält.
  • Die Motion-Arbeitsgruppe hat im Mai 2020 – auf Basis einer Kooperation mit ODVA und Sercos International – begonnen, eine Architektur und ein Informationsmodells für Geräte zur Bewegungssteuerung und -regelung zu entwickeln.

Multi-Vendor-Demo zur SPS 2021

Zur diesjährigen SPS in Nürnberg wird erstmals eine Multi-Vendor-Interoperabilitätsdemo gezeigt, in der Komponenten von insgesamt über 20 Herstellern kombiniert werden, um einen herstellerübergreifenden Datenaustausch über OPC UA und den Erweiterungen für die Feldebene zu ermöglichen. Für OPC UA FX werden zwei Kommunikationsprofile zum Austausch von Echtzeit- und Prozessdaten genutzt. Das eine ist die Abbildung des OPC-UA-Protokolls (UADP) auf UDP/IP. Das andere ist ein direktes Mapping von UADP auf Layer 2 Ethernet bzw. Ethernet TSN. Letztere Option wird genutzt, um den Protokoll-Overhead zu reduzieren und die Protokolleffizienz für anspruchsvolle Anwendungen, z.B. Motion Control oder Highspeed I/Os, zu erhöhen. Durch die Verwendung eines Quality-of-Service-Modellierungskonzepts (QoS), das Echtzeit-Kommunikation mit garantierter Bandbreite und geringen Latenzen bietet, können Informationen und Dienste einfach auf verschiedene zugrunde liegende Transportprotokolle und physikalische Medien mit ihren jeweiligen QoS-Mechanismen abgebildet werden. OPC-UA-Anwendungen, die eine deterministische Kommunikation nutzen, werden jedoch nicht nur an Ethernet TSN gebunden sein. Drahtlose Kommunikationsstandards, wie 5G oder Wi-Fi 6, unterstützen ähnliche QoS-Garantien und werden daher in Zukunft ebenfalls unterstützt werden. Damit unterschiedliche Protokolle eine einheitliche Netzwerkinfrastruktur nutzen können, gibt es ein klares Bekenntnis der OPC Foundation zum IEC/IEEE60802-Profil. Es ist nicht nur im Hinblick auf die Konvergenz von IT und OT wichtig, sondern auch um die Koexistenz der verschiedenen industriellen Kommunikationsprotokolle in einer gemeinsamen Netzwerkinfrastruktur zu ermöglichen und die Migration traditioneller Feldbus- und Echtzeit-Ethernet-Protokolle hin zu einer einheitlichen Kommunikationslösung zu unterstützen.

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