Sicherheitssysteme für die U-Bahn der asiatischen Megacity

‚Mind the gap‘ – unterwegs in Hongkong

In der Megacity Hongkong sind täglich Millionen von Menschen mit der U-Bahn unterwegs, die zu den betriebsamsten und modernsten der Welt zählt. Für die Betreibergesellschaft MTR (Mass Transit Railway) gehört die Sicherheit der Fahrgäste zum obersten Gebot. Das Verkehrsunternehmen hat die Schmersal Gruppe damit beauftragt, einige der Bahnsteige in den U-Bahnstationen mit Sicherheitssystemen auszurüsten.

Hongkong ist eine Stadt der Superlative: Über sieben Millionen Einwohner leben auf etwas über 1.000km² in einer hektischen Metropole, in der die Zeit immer knapp und Effizienz ein Muss ist. Die meisten von ihnen bevorzugen die U-Bahn als schnellstes und sicherstes Verkehrsmittel im dichtbesiedelten Stadtgebiet. Rund fünf Millionen Fahrgäste befördert der MTR – pro Tag. Zu Stoßzeiten fahren die Bahnen im Zwei- bis Vier-Minuten-Takt. Insgesamt zehn U-Bahnlinien mit einem Streckennetz von rund 200km bilden die Lebensadern der Megacity Hongkong. In Sachen Sicherheit überlässt man in Hongkong nichts dem Zufall: Eine mehrseitige MTR-Broschüre informiert die Fahrgäste über alle Sicherheitsaspekte beim U-Bahnfahren – von der sicheren Benutzung der Rolltreppe bis zum Verhalten im Brandfall. ‚Mind the gap‘ ertönt eine Lautsprecherstimme bei Einfahrt des Zuges, und gelbe Markierungen an der Bahnsteigkante erinnern die Fahrgäste ebenfalls daran, auf den Spalt zwischen Zug und Bahnsteig zu achten. Für den Fall aber, dass es manchen von ihnen an Aufmerksamkeit mangelt, hat die MTR die Schmersal Gruppe mit der Entwicklung einer Sicherheitslösung beauftragt. „Die Abstände zwischen dem Zug und den Bahnsteigkanten variieren beträchtlich, da einige Strecken kurvenförmig in den Bahnhof einbiegen“, erklärt Schmersal-Geschäftsführer Michael Mandel. Das ist beispielsweise an der U-Bahnstation ‚Universität‘ der Fall, einer Haltestelle der East Rail Line, die nach Norden zu den New Territories an der Grenze zu Shenzhen, China, führt. Hier werden nun – wie auch an einigen anderen Stationen – Sicherheitsschaltmatten von Schmersal im Gleisbett verlegt.

Eine robuste Sicherheitslösung

Eine Sicherheitsschaltmatte besteht aus zwei voneinander getrennten, stromführenden Metallplatten, die durch isolierende Trennstreifen auf Abstand gehalten werden. Tritt eine Person auf die Schaltmatte, wird zwischen den Metallplatten ein elektrischer Querschluss hergestellt. Der angeschlossene Sicherheitsrelaisbaustein SRB wertet dieses Signal aus und leitet es weiter an die Sicherheitssteuerung Protect PSC, die es wiederum an den Leitrechner sendet. Im Leitstand werden Signalleuchten aktiviert und eine Bewegung des Zuges gestoppt. „MTR hat sich für die Schaltmatten als Sicherheitslösung entschieden, da es sich um eine sehr robuste und widerstandsfähige Sicherheitslösung handelt“, so Mandel. Die Baureihen SMS 4/5 von Schmersal verfügen über die Schutzart IP65 und zeichnen sich durch eine hohe Beständigkeit gegenüber Säuren, Laugen, Öl und Benzin aus. Gleichzeitig sind sie Widerstandsfähig gegen Funkenflug, der in der Hongkonger U-Bahn durch die Schleifwagen ausgelöst wird, die regelmäßig zur Wartung der Schienen eingesetzt werden.

Zuverlässige Signalauswertung – auch bei subtropischen Temperaturen

Als Sicherheitsrelaisbaustein kommt der SRB 301HC/T zum Einsatz, der im Werk Wettenberg von Schmersal in Deutschland produziert wird. Zu den technischen Merkmalen des SRB 301HC/T zählen eine STOP-0-Funktion sowie eine 2-kanalige Ansteuerung. Das Gehäuse mit 45mm Baubreite verfügt über steckbare Anschlussklemmen, so dass mit vorkonfektionierten Kabelbäumen gearbeitet werden kann und auch der Servicefall schneller beherrscht wird. Dank der Lüftungsschlitze in den Gehäusen können die SRB auch bei höheren Umgebungstemperaturen – die Bandbreite reicht von -25 bis +60°C – eingesetzt werden. Ein Vorteil im subtropischen Klima Hongkongs: In den Schaltschränken werden tagsüber Temperaturen von bis zu +50°C erreicht.

Nachts schlägt die Stunde der Sicherheitsexperten

Die programmierbare modulare Sicherheitssteuerung Protect PSC kann kostengünstig an die jeweilige Aufgabe angepasst bzw. skaliert werden – von acht Eingängen und sechs Ausgängen in der einfachsten Version bis zu über 250 Ein- und Ausgängen in der maximalen Ausbaustufe. Eine Besonderheit der Protect PSC ist die Fähigkeit, Standard-SPS-Funktionen zu integrieren. Für diese Aufgabe stehen Systemmodule mit betriebsmäßigen Ein- und Ausgängen zur Verfügung, die über die Programmierung frei zugewiesen werden können. Das schafft die Voraussetzung dafür, Teilaufgaben gleich vor Ort realisieren oder sogar ganz auf eine konventionelle SPS ganz verzichten zu können. Insgesamt hat sich die Sicherheitslösung in der Hongkonger U-Bahn bereits bewährt. Denn schon 2014 und 2015 sind einige Bahnsteige mit dem Schmersal-Sicherheitssystem ausgestattet worden. In Zusammenarbeit mit dem Systemintegrator Pilot Electronics & Engineering Limited aus Hongkong rüstet Schmersal in diesem Jahr insgesamt sechs Bahnsteige mit rund 3.600 Schaltmatten, 720 Relaisbausteinen und sechs Sicherheitssteuerungen Protect PSC aus. Der Service vor Ort wird wie bisher überwiegend von der Schmersal Industrial Switchgear mit Sitz in Schanghai geleistet. Aufgrund der Größe des Projekts hat Schmersal jedoch ein erweitertes Projektteam zusammengestellt, sodass zur Unterstützung nun auch die Abteilung Application Engineering in der Hauptverwaltung in Wuppertal direkt eingebunden ist. Ein Herausforderung sind allerdings die begrenzten Arbeitszeiten: Messungen und Montagearbeiten können praktisch ausschließlich nachts zwischen 1 Uhr und 4:30 Uhr morgens durchgeführt werden. Denn nur dann stehen die Räder der U-Bahn in Hongkong still – in der Stadt, die niemals schläft.

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K.A. Schmersal Holding
http://www.schmersal.com

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